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sonderlich subtil. Wie er nahelegte, war es ein reiner Wandlerclub. Also war er meist voller verbundener Paare oder voller Wandler, die einen Gefährten suchten. Viele Wandler gingen lieber in gemischte Clubs. Mit Menschen war die Gefahr einer versehentlichen Bindung geringer. Mark hatte wahrscheinlich wenig Chancen, in diesem Club jemanden aufzureißen. Aber andererseits war er sowieso nicht in der Stimmung dafür. Es klang trotzdem ziemlich verlockend, mal ein bisschen rauszukommen und seine Sorgen für eine Weile zu vergessen. Obwohl er wusste, dass es keine gute Idee war, nickte Mark. »Okay, ich komme mit.« Hoffentlich würde Jason nicht allzu sauer auf ihn sein.

      KAPITEL ZWEI

      Alec stand gebeugt vor dem Waschbecken und starrte sein Spiegelbild an. War es wirklich schon zehn Jahre her? Äußerlich hatte die Zeit ihn nicht allzu stark verändert. Für einen Wandler war vierzig nicht alt. Aber innerlich war er nicht mehr der junge Mann, der in jener Nacht darauf gebrannt hatte, mit seiner neuen Einheit auszurücken. Er war so aufgeregt gewesen, hatte sich so darauf gefreut, endlich auch kämpfen zu dürfen … Wie verdammt naiv er gewesen war.

      Alec schloss die Augen, senkte den Kopf und atmete tief durch. Jedes Jahr um diese Zeit suchten ihn die Erinnerungen wieder heim, die Schuldgefühle, der Schmerz … Dinge, die er so gerne vergessen würde. Das Datum selbst war noch einige Tage entfernt. So schrecklich war es normalerweise nur, wenn er in der Nacht hochschreckte, weil er davon träumte. Es war schon so, seit der Krieg geendet hatte. Alec hatte es inzwischen akzeptiert. Mehr als das. Er ertrug es bereitwillig. Schließlich hatte er es verdient. Dieses Jahr hatte es früher begonnen als sonst. Und er musste kein Genie sein, um zu wissen, weshalb.

      Fuck.

      Was er brauchte, war Ablenkung. Er musste einen Weg finden, sich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Er und die anderen Betas mussten in nächster Zeit in Topform sein. Alec konnte Cam und die anderen nicht im Stich lassen. Nicht schon wieder. In Zeiten wie diesen halfen nur Alkohol und Sex. Nicht notwendigerweise in dieser Reihenfolge. Er konnte sich nicht völlig die Kante geben, das stand außer Frage, aber er konnte ein paar Drinks hinunterkippen, um für eine Stunde oder so ein bisschen ruhiger zu werden. Und Sex würde ihm beim Runterkommen helfen. So angespannt, wie er heute war, sollte es lieber mit einem anderen Wandler sein. Er hatte nicht vor, sanft zu sein. Im Gegenteil.

      Alec warf noch einen letzten Blick in den Spiegel, schaltete das Licht im Badezimmer aus und sammelte in seiner Wohnung Geldbeutel, Schlüsselbund und Handy zusammen. Eine ungelesene Nachricht erwartete ihn.

      Beta-Meeting. Morgen 9 Uhr. Konferenzraum.

      Er machte sich nicht die Mühe, zu antworten. Cam würde das auch nicht erwarten. Es war ein Befehl, keine Bitte. Wenn Cam sah, dass er die Nachricht gelesen hatte, reichte das als Antwort aus.

      Alec parkte sein Auto hinter dem Lagerhaus. Drei andere Autos von Mitgliedern seines Rudels standen schon dort, auf den Parkplätzen, die extra für das „Regents Park“-Rudel reserviert waren. Zum Glück. Er hatte nicht die geringste Lust, sich um Falschparker zu kümmern.

      Es gab nicht besonders viele Bars und Clubs, zu denen nur Wandler Zutritt hatten. Deshalb befanden sie sich praktischerweise auch alle in derselben Straße. Alec blieb kurz stehen, ließ die unzähligen Gerüche auf sich einströmen. Londons Innenstadt war neutrales Territorium; Mitglieder aller Rudel konnten sich hier aufhalten. Niemand hatte Anspruch auf dieses Revier. Es war wie ein Schock, die Gerüche so vieler Rudel auf einmal zu riechen. Alec lehnte sich gegen eine Hauswand und wartete kurz, bis er sich daran gewöhnt hatte. Ein paar Wandler spazierten an ihm vorbei, schenkten ihm aber keine Beachtung. Alec knirschte mit den Zähnen, ballte die Hände zu Fäusten, doch nach einem Moment ließ der Drang nach, sich zu wandeln. Nichts anderes hatte er erwartet.

      Er setzte sich in Bewegung, ging die Straße hinunter und betrachtete die Bars. Wohin sollte er gehen? Schließlich stach ihm ein Pub ins Auge. So wie es aussah, war er neu eröffnet worden. Alec ging darauf zu. Als er nach links und dann nach rechts sah, bevor er die Straße überquerte, stieg ein Geruch in seine Nase. Er blieb so abrupt stehen, dass er fast von einem weißen Van niedergemäht wurde. Der Fahrer war viel zu schnell unterwegs. Alec knurrte leise.

      Wichser.

      Der Geruch verblasste, wurde aber wieder starker, als er die gegenüberliegende Straßenseite erreichte. Alec schloss für einen Moment die Augen. Er vergaß niemals die Gerüche anderer Wandler. Und diesen hier kannte er definitiv. Vom Meeting heute Morgen. Jemand aus dem „Primrose Hill“-Rudel. Mark Appleton. Alec merkte sich immer gewissenhaft die Namen all jener, die an Meetings mit seinem Alpha teilnahmen. Immerhin war seine Einheit hauptsächlich für Sicherheitsangelegenheiten zuständig. Es war nicht schwer gewesen, an die Informationen zu gelangen, immerhin waren ihre Rudel angeblich verbündet. Oder waren es zumindest gewesen.

      Der Geruch rüttelte die Erinnerungen an heute Morgen wach. Er hatte Mark das Leben gerettet, um Tim zu beschützen, aber der junge Wandler aus dem „Primrose Hill“-Rudel schien tatsächlich keine Ahnung von Newells Taten zu haben. Es musste ein Schock für ihn gewesen sein, herauszufinden, dass sein eigener Alpha sein Leben einfach so aufs Spiel setzte. Alec fragte sich, was Newell wohl zu seiner Rechtfertigung gesagt hatte.

      Er machte ein paar Schritte in die entgegengesetzte Richtung, hielt dann aber inne. Marks Geruch stieg ihm noch immer in die Nase, ein würziger Duft, der sein Interesse weckte. Er sollte lieber gehen. Es war das Beste, alle vom Primrose-Rudel zu meiden. Aber sein innerer Wolf war erwacht und Alec war genau in der richtigen Stimmung, um seine wilde Seite auszuleben. Es konnte doch sicher nicht schaden, zumindest einen kleinen Blick zu riskieren.

      Er folgte dem Geruch. In welchem Lokal war Mark wohl gelandet? Wenig überraschend führte Alecs Nase ihn zu einem Club namens Lycanis. Der Schuppen gehörte dem Primrose-Rudel. Reichte es nicht aus, dass er diese Leute jeden Tag sah? Der Club würde nicht nur voller Primrose-Wandler sein, nein, auch das Personal gehörte zum Primrose-Rudel.

      Doch ehe Alec es sich versah, war er dem Geruch schon nach drinnen gefolgt. Er reichte dem Türsteher einen Zehner. Die Wandler an der Tür musterten ihn misstrauisch. Kein Wunder. Sein Ruf eilte ihm wahrscheinlich voraus. Alec erkannte einen der Männer und nickte ihm zu, als er vorbeiging.

      Lycanis war kein Club, in den Alec oft ging, aber er war schon einmal hier gewesen. Die fünf Bars erstreckten sich über zwei Stockwerke; drei unten und zwei oben. Alec blieb lieber oben, von dort hatte man einen guten Blick auf die Tanzfläche und auf die potenziell interessanten Männer. Hier drinnen war es fast unmöglich, die einzelnen Gerüche voneinander zu unterscheiden. Marks Duftnote war unter Hunderten anderen Gerüchen begraben. Wo er wohl war?

      Alec marschierte die Stufen hinauf und verscheuchte den Gedanken an Mark. Ja, wegen ihm war er in diesem Schuppen gelandet, aber hier liefen viele scharfe Typen herum. Alec fügte sich mit seiner engen schwarzen Jeans und dem dunkelvioletten T-Shirt nahtlos in die Menge ein. Nicht einmal seine Körpergröße ließ ihn hier herausstechen. In einem Club voller Wandler war man mit 1,90 m und breiten Schultern nichts Besonderes. Von seinem Aussichtspunkt erblickte Alec mindestens zwanzig Männer, die so groß waren wie er. Auch eine Handvoll Frauen. Die Anonymität eines Wandler-Clubs war eine willkommene Abwechslung. Draußen an der frischen Luft hätte Alec die Gerüche der einzelnen Wandler herausfiltern können, um sofort zu erkennen, zu welchem Rudel sie gehörten. Aber nicht hier drinnen. Der einzige Minuspunkt war, dass die meisten Wandler hier schon einen Gefährten hatten oder zumindest mit jemandem zusammen waren. Wandler, die gerne Single bleiben wollten, hielten sich normalerweise eher in gemischten Clubs auf. Doch das kümmerte Alec nicht. Er wusste, wie man eine ungewollte Bindung umgehen konnte.

      Er beschloss, sich einen Drink zu genehmigen, bevor er sich nach jemandem umsah, den er aufreißen konnte. Also ging er zu der kleinen Bar in der Ecke, die viel leiser war als die mit Blick auf die Tanzfläche.

      Der blonde Barkeeper musterte ihn eingehend, als er aufsah. Dann grinste er und lehnte sich über die Theke nach vorn, um einem Mann, der dort saß, etwas ins Ohr zu flüstern. Unter den lauten, wummernden Bässen hatte Alec keine Chance, es zu verstehen. Aber er verstand in etwa, worum es ging, als der Mann auf dem Barhocker einen verstohlenen Blick über die Schulter warf. Mark.

      Der

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