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hinzu, Knarren von Tauwerk, Kommandos, die über Deck schallten. Und dann glitt plötzlich ein kaum wahrnehmbarer Schemen an ihm vorbei.

      Unwillkürlich krampften sich die Finger von Gary Andrew fester um den Felsklotz, auf dem er kauerte. Die Kerle, die da eben an ihm vorbeisegelten, mußten sich hier verdammt gut auskennen, wenn sie es wagten, bei diesem Nebel unter Segeln in die Bucht einzulaufen. Ihr übriges Verhalten deutete ebenfalls darauf hin, daß sie keine Ahnung hatten, wer in der Bucht auf sie lauerte.

      Gary Andrew erhob sich. Die Geräusche verklangen. Die Karavelle entfernte sich demnach ziemlich rasch. Er wußte, daß gerade die flach gebauten Karavellen vorzügliche Flautenläufer waren.

      Gary Andrew lief los. Er gehörte jetzt auf sein Schiff. Er wußte, daß auch die beiden Männer auf der anderen Seite der Bucht, die sich genau wie er mucksmäuschenstill verhalten hatten, jetzt ihren Beobachtungsposten verlassen und zur „Isabella“ zurückkehren würden.

      Während er lief, horchte er unwillkürlich auf die donnernde Salve der Steuerbordgeschütze, die seiner Meinung nach jeden Augenblick über die einlaufende Karavelle hereinbrechen mußte. Aber es geschah nichts, auch nicht, als er auf dem Felsen stand, von dem Dan schon vor ihm ins Wasser gesprungen war. Es war, als hätten Dunkelheit und Nebel alles Leben in dieser Bucht verschluckt.

      Der Fockmastgast der „Isabella“ blieb stehen. Einmal glaubte er Stimmen zu hören, das brandende Geräusch einer entfernten Bugwelle, dann war es wieder still um ihn herum.

      Er kletterte die Felsen bis zum Wasser hinunter. Genau wie Dan wußte er, wo der Liegeplatz der „Isabella“ war. Mit kräftigen Schwimmstößen glitt er durch das nachtschwarze Wasser, und immer noch hoffte er, daß die Geschütze der „Isabella“ die Stille der Nacht zerreißen würden.

      Unterdessen stand Hasard auf dem Achterkastell. Seine scharfen Ohren vernahmen die schwachen Geräusche der sich nähernden Karavelle. lange bevor sie seine Galeone passierte. Seine Gedanken arbeiteten fieberhaft. An den lauten Kommandos, die jetzt an Bord des feindlichen Schiffes erschallten, erkannte er, daß die Karavelle zum Ankern vorbereitet wurde. Außerdem bewies ihm die Sorglosigkeit der Bretonen, daß sie sich in der Bucht allein wähnten.

      Wenn Hasard noch vor wenigen Stunden den Nebel verwünscht hatte, jetzt hoffte er inständig, daß kein Wind aufkommen möge, der ihn wieder vertrieb.

      Die Karavelle lief noch einige hundert Yards weiter, dann erschallten abermals laute Kommandos an Deck, die Hasard sofort als die Kommandos zum Segelbergen erkannte. Wenig später klatschte der Anker ins Wasser, und die Männer an Bord der „Isabella“ hörten deutlich, wie das schwere Tau durch die Ankerklüse lief.

      Dan, der in diesem Moment etwas sagen wollte, spürte die harte Hand Hasards auf seinen Lippen. Hasard hiel ihm wütend den Mund zu, denn das Geräusch der auslaufenden Ankertrosse war für Hasard die einzige Möglichkeit, noch rasch abzuschätzen, wo die Karavelle in der Bucht lag und wie weit sie von ihrem Schiff entfernt war.

      Er wußte, daß die Männer unten auf dem Hauptdeck genauso angestrengt lauschten wie er. Nach und nach verstummten die Geräusche, noch ein paar Kommandos erschollen, dann herrschte in der Bucht wieder Stille.

      „Bleib hier auf dem Achterkastell, Dan“, flüsterte Hasard, nachdem er den Jungen aus seinem harten Griff gelassen hatte. „Du paßt genau auf, ob sich da drüben bei den Bretonen noch irgend etwas tut. Ich werde jetzt mit Ferris und Ben alles vorbereiten. Wir müssen uns höllisch beeilen, die Karavelle da drüben auszuschalten. Sie ist nicht ohne Grund hier eingelaufen. Ich vermute, daß die andere und die von unseren Geschützen zusammengeschossene Karavelle ebenfalls hier einlaufen werden. Und dann wird es kritisch für uns. Bevor diese beiden Schiffe hier sind, müssen wir verschwunden sein.“

      „Und das Ruder? Ferris ist noch nicht fertig, wir können gar nicht weg.“

      Hasard klopfte Dan auf die Schulter.

      „Wir müssen, also können wir auch. Wenn wir mit der Karavelle fertig sind, schleppen wir unser Schiff mit dem Ruderboot aus der Bucht. Das wird eine wüste Schinderei, läßt sich aber nicht ändern. Draußen kann Ferris seine Arbeit beenden, dann sitzen wir wenigstens nicht mehr in der Falle, falls die beiden anderen Karavellen aufkreuzen sollten. Kapiert, Dan?“

      Dan nickte. Aber dann hatte er noch eine Frage an Hasard, die ihm auf den Lippen brannte.

      „Nimmst du mich mit, wenn du diese verdammten Bastarde ...“

      Hasard sah das Bürschchen an. Und trotz der herrschenden Dunkelheit meinte er, die brennenden Augen Dans zu sehen.

      „Du kommst mit, Dan. Du bist einer unserer besten Schwimmer und Taucher, und darum werde ich dich brauchen.“

      „Taucher?“ fragte Dan, aber Hasard winkte ab.

      „Paß jetzt gut auf, Dan, ich muß wissen, ob sich da drüben noch etwas rührt.“

      Damit verschwand er in der Dunkelheit. Geschmeidig turnte er den Niedergang vom Achterkastell aufs Hauptdeck hinunter.

      Ben Brighton, Ferris Tucker, Batuti, Stenmark, Smoky und die anderen Männer erwarteten ihn schon. Noch immer hielten sie die glimmenden Lunten in den Händen.

      „Lunten aus“, sagte Hasard. Gleichzeitig winkte er Ferris Tucker und Ben Brighton zu sich heran. Aus den Augenwinkeln registrierte er die hagere, schmalbrüstige Gestalt des Kutschers, der neben dem Bootsmann gestanden hatte.

      „Ferris, Ben – ich brauche zwei Fässer mit Pulver. Ihr müßt sie in geteertes Segeltuch einnähen, damit sie absolut wasserdicht sind und das Pulver nicht naß werden kann. Wenn das geschehen ist, schwimmt ihr beide und Dan mit mir hinüber zu den Bretonen. Jedes der Fässer erhält eine Zündschnur, die etwa zwei bis drei Minuten brennt, aber nicht länger. Eines der Fässer befestigen wir unter dem Spiegel der Karavelle am Ruder, das andere bringe ich ins Innere des Schiffes. Ich kenn mich auf den Karavellen aus. Los, fangt an. Wir müssen so rasch wie möglich hier weg.“ Hasard erklärte den Männern, was er für Vermutungen bezüglich der beiden anderen Karavellen hegte.

      Daß er gedachte, sich den Kapitän der vor Anker liegenden Karavelle vorzunehmen und ihn nach den ermordeten Seeleuten auf dem am Strand liegenden Wrack zu befragen, davon sagte er nichts.

      Ferris Tucker trat auf den Seewolf zu.

      „Warum nehmen wir nicht das Boot? Wenn wie die Riemen umwickeln, werden sie uns nicht hören. Wir könnten Waffen mitnehmen, wir wären schneller, wir ...“

      „Ferris, wir schwimmen. Jedes Boot verursacht Geräusche, auch wenn man noch so vorsichtig ist. Uns darf bei diesem Unternehmen keine Panne passieren, nicht eine – habt ihr das alle verstanden?“

      Hasard sah sich suchend um.

      „Smoky, für die Zeit unserer Abwesenheit übernimmst du das Kommando. Nur, wenn wirklich etwas schiefläuft, greift ihr ein.“

      Smoky nickte.

      Minuten später begann an Bord der „Isabella“ eine emsige Tätigkeit. Ferris Tucker und ein paar Mann richteten die beiden Fässer her und versahen sie mit Zündschnüren. Hasard und Ben Brighton entkleideten sich und rieben ihre Körper mit Fett ein. Sollte es trotz aller Vorsicht dennoch zum Kampf mit den Bretonen kommen, war eine solide Fettschicht auf ihren Körpern immer noch eine üble Überraschung für ihre Gegner.

      Dann holte Hasard Dan vom Achterdeck, und der Junge wurde auf die gleiche Weise behandelt. Die Fettschicht würde außerdem ihre Körper vor Unterkühlung schützen. Denn niemand von ihnen wußte, wie lange sie im Wasser bleiben mußten, bis sie die beiden Pulverfässer richtig placiert hatten.

      Als alle Vorbereitungen abgeschlossen waren und auch Ferris Tucker seinen hünenhaften Körper eingefettet hatte, ließen sich die drei Männer und der Junge an Steuerbord der Galeone ins Wasser gleiten.

      Vorsichtig, jedes Geräusch vermeidend, fierten Smoky und ein paar Männer das kleine Floß ab, das die beiden Pulverfässer mit den Zündschnüren aufnehmen sollte. Anschließend die beiden Fässer selbst, die Hasard sorgfältig an dafür vorgesehene

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