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de mir gut?“

      „Jå.“

      „Ganz?“

      „Jå.“

      „Heilig wie der Mondschein is?“

      „Jå.“

      „Wie silbernes, süßes, reines Wasser?“

      „Jå.“

      „Wie Glocken klingen . . . wie die blaue Himmelwelt über den Bergen . . . wie tiefes Rot in den Abendwolken . . . Jahre . . . eine Ewigkeit? . . .“

      Sie hatte auf Antworten nicht mehr gehört. Die Glut ihrer Lebenssehnsucht, die Inbrunst ihrer Lebensliebe umfaßte sie, breitete eine Verzückung über ihre Seele. Ihre Worte, die, wie Verse eines Liedes, visionär von ihren Lippen flossen, weit ausklingend wie wehendes Geläut, brachten einen unendlich tiefen Rausch der Gewißheit über sie. In regungsloser Wonne hörte sie dann dem Verklingen ihrer Stimme nach und merkte nicht, daß Griebel sich schon wieder gelegt hatte. Der verhielt den Atem, dachte belustigt: ‚Nach, ich will bloß sehn, wie lange sie noch papert!‘ und blieb still, während Leonore immer noch wie versteinert neben ihm kniete. —

      Endlich konnte er den Atem nicht mehr halten und mit krachendem Gelächter ließ er ihn aus: „Haha! — Schockschwerebrett! — Wie ein Sengmädl, lang und huch — huuuch !“ äffte er ihr nach, „hehehe!“

      Leer, plump lachte er sie aus. — — —

      Ein feiner, unendlich weher Ton ward klagend laut und verlor sich ersterbend — — — als reiße eine goldene Saite entzwei, und starre Luft trank ihren Tod.

      Zugleich fühlte er den Unterschenkel Leonores, der an seiner Brust lag, immer stärker zittern.

      Es wurde ein Schlottern.

      Erschreckt langte er hinauf.

      Sein Weib war zusammengebrochen und hatte ihren Kopf in das Kissen gewühlt. Sie murmelte irgend etwas und griff wie eine Versinkende immer von neuem in Zuckungen in die Betten.

      ‚Ich hå doch bloß een’ Spaß gemacht,‘ dachte Griebel und fühlte dumpf eine große Schuld. Darum wagte er nicht zu sprechen.

      Jetzt richtete sich Leonore auf, und er fühlte ihre Hand schwer auf seine Brust fallen. Sie war zur Faust geballt, kalt und hart wie ein Stein. Ganz fein zuckte es in ihr. Lange lag sie starr. Dann begann sie mehr und mehr zu drücken. Als darauf ihr Gelenk überknackte, ließ eine Weile der Druck nach. Plötzlich setzte sich die andere Hand daneben, auch zur Faust geballt, kalt und hart wie Stein.

      Nun trieben sich die Fäuste in das Fett seiner Brust, als seien ihre Knöchel schonungslose Zähne.

      Schon fühlte Griebel einen brennenden Schmerz auf der Stelle. Eine blinde Furcht gebot ihm, sich nicht zu rühren, um ihren Zorn nicht zu reizen.

      Endlich hielt er es nicht mehr aus.

      Leise begann er unter dem Druck der starren Fäuste fortzugleiten.

      Sobald aber die erste Bewegung in seinen Leib kam, brach ihre Wut los.

      Sie stürzte sich auf ihn, würgte ihn, schlug sein Gesicht mit Fäusten und riß ihn an den Haaren. Dabei schrie sie unförmlich:

      „Hund! . . . Hund!! — ha! . . . reiß mir den Leib. auf! — du mußt, du mußt! Ich hab meine Schande geschluckt — — du hast mich zum zweiten Male zum Mensche gemacht!“

      Aus dem Röcheln unheilbarer Wunden stiegen diese Schreie.

      Noch wehrte sich Griebel nur schwach, obwohl er es schon heiß über sein Gesicht laufen fühlte, denn er meinte, daß er das verdient habe.

      Plötzlich überfiel Leonore die Angst des zu Tode getroffenen Wildes, sie fühlte sich rettungslos verloren. Knirschend stürzte sie sich wieder auf ihn und grub ihre Finger klammernd um seine Kehle:

      „So stirb du auch!“

      Griebel war am Ersticken. Das letzte buntfarbige Rad vor seinen Augen tanzte in Nacht, und Musik hob in seinen Ohren an. Die Wollust des Todes bildete sich in seinem Unterleibe . . .

      Da schleuderte er sie mit einem furchtbaren Stoße von sich, daß sie aus dem Bette flog und dumpf aufschlug.

      Polternd fiel ein Stuhl um.

      Dann trat Grabesstille ein.

      Die Schatten der Nacht rührten sich nicht.

      Nach einer Weile knackte die Thür des Wohnzimmers.

      Ein vorsichtiges Schlürfen glitt im Flur hin.

      ————

      XIV.

       Inhaltsverzeichnis

      Nun waren die Glocken verklungen, für immer.

      Ein zitternder Ton wohnte am andern Morgen im ganzen Hause.

      Leonore schaffte seit den frühen Morgenstunden emsig in der Küche. Sie war krankhaft hungrig nach Arbeit. Besonders geräuschvolle Thätigkeiten, das Anlegen der Kohle, das plärrende Aufwaschen des Geschirrs, das Knirschen der sich drehenden Kaffeemühle, thaten ihr wohl. Alle Gegenstände ergriff sie hastig und schüttelte sie wie werfend aus der Hand. Plötzlich, mitten in der Küche stehend, fuhr sie zusammen:

      „Seid amål stelle, ihr Mädla! — nä, horcht ‘och!“

      „Je‘es, wie reda S‘n?“

      „Wie dn?“

      „Nu, wie mir . . .“

      „Ach, Anna, dås is ålls, alles eegal. — Åber härt ihrsch nie? — Dr Wend!“

      „Ach nu, ‘s wird ebenste Frihjåhr, Frau; das is Frihjåhrswind; hör‘n Se nie, wie a huch gieht?“ erklärte die Amme sehr überlegen.

      Erschrocken sah Leonore auf sie, senkte aber sofort verwirrt den Blick, schüttelte verneinend den Kopf, murmelte etwas und verließ schnell die Küche. Auf den Zehen schlich sie nach der Kinderstube und lehnte ihr Ohr an die Wand nach dem Schlafzimmer zu. Sie hörte nur sehr undeutlich den Schritt ihres Mannes. Zusammengekauert verharrte sie lange. Die unbequeme Stellung verursachte ihr im Rücken und in den Beinen Schmerzen, die sich fortwährend steigerten. Aber sie stand nicht auf.

      Wenn ihr das Rückgrat bräche, daß sie qualvoll stürbe . . .

      Glücklich lächelte sie darüber und krümmte sich noch mehr zusammen, so wie ein Bündel verbrauchter Kleider am Boden liegt.

      Allein sie mußte sich wieder erheben.

      Langsam, niedergeschlagen ging sie nach der Küche zurück, an der Uhr vorüber, die noch nicht wieder in Gang gesetzt war.

      Leonore erschrak, als sie bemerkte, daß die Zeiger 15 Minuten nach sieben wiesen.

      Aber sie leugnete vor sich, zu wissen, warum sie sich entsetze.

      Vorsichtig, daß niemand es höre, zog sie die Uhr auf und stellte sie. Als der Perpendikel wieder sein ewig gleiches Ticken in gemächlichem Schwunge herausstieß, traten ihr die Thränen in die Augen und gebeugt schlich sie davon.

      In der Küche kam eine leere Aufmerksamkeit über sie. Mit unwissenden Augen sah sie auf alles in der Runde, riß Anna das Taburett mit dem Geschirr für das Frühstück aus den Händen und trug es mit stoßend-steifen Schritten nach dem Wohnzimmer. Das Mädchen öffnete ihr die Thür. Leonore sah erst in den offenen Raum, in dem ein furchtsames Frühlicht wohnte und aus dem der Weindunst ihr entgegenschlug. Es war ihr, als müsse sie alles hinwerfen und fortlaufen. Ein tauber Zwang aber schob sie mit plumper Hand hinein.

      Griebel, der halb angekleidet vor dem Spiegel stand und seinen Hals betrachtete, drehte sich hastig um und eilte mit starken Schritten in das Schlafzimmer.

      Leonores

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