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der letzten Jahre waren auf einen Schlag wieder da. Nie wieder würde ich ihm die Macht geben, mir so verdammt wehzutun. »Dachtest du, dass alles vergessen ist?« Was er getan hatte, konnte ich ihm niemals verzeihen. Der alte Zorn war zurück, als wäre es erst gestern gewesen. »Das war eine einmalige Sache. Wenn du gedacht hast, dass ich zu einem der Mädchen werde, mit denen du regelmäßig ins Bett hüpfen kannst, muss ich dich leider enttäuschen.«

      Kaum hatte ich diesen Satz ausgesprochen, war Josh aus dem Bett gesprungen und baute sich vor mir auf. Das wütende Funkeln in seinen Augen war ein untrügliches Zeichen dafür, dass ich ihn mit meinen Worten getroffen hatte. »Glaubst du, dass ich hier bin, weil ich sonst keine gefunden habe, die sich vögeln lässt?«

      Betont gleichgültig zuckte ich mit den Schultern, was nicht leicht war, wenn man von einem riesigen Footballer niedergestarrt wurde, der dabei aussah, als würde er in den Krieg ziehen wollen. »Keine Ahnung, es ist mir aber auch herzlich egal, warum du hier bist.«

      »Du bist unglaublich.« Kopfschüttelnd verschränkte Josh die Hände in seinem Nacken. »Wie kannst du mit mir schlafen und dann so tun, als sei nichts passiert?«

      »Es war Sex, Josh. Nur Sex.« Eine Lüge, die ich ihm, aber noch viel mehr mir selbst, auftischte. Es war nie einfach nur Sex zwischen uns gewesen.

      »Und was bedeutet das jetzt?« Sein Blick bohrte sich in meinen.

      »Du gehst und wir vergessen diese Nacht.«

      »Das ist doch Bullshit.« Er hatte diesen stoischen Gesichtsausdruck, wie er ihn sonst nur auf dem Footballfeld trug. Manchmal, in sehr schwachen Momenten, sah ich mir seine Spiele an. Niemals hatte ich jemandem davon erzählt. Offiziell hasste ich Football inzwischen. Dass Josh der Grund dafür war, wusste außer Grace fast niemand. »Du glaubst nicht ernsthaft, dass wir Sex haben und ich das einfach so vergesse.« Mit hastigen Bewegungen zog er sich seine Schuhe an, ohne überhaupt nach seinen Socken zu suchen.

      »Ich kann es doch auch vergessen.« Um nicht vor Wut oder Traurigkeit – ganz genau konnte ich das Gefühl nicht benennen – in Tränen auszubrechen, biss ich mir auf die Unterlippe.

      »Bullshit.« Josh wiederholte dieses eine Wort wie ein Mantra. »Das ist so ein dämlicher Bullshit.« Er schnürte seine Sneakers und stand auf. »Du weißt so gut wie ich, dass da immer noch etwas zwischen uns ist.«

      Fast hätte ich gelacht. Fast. »Sind es nicht normalweise die Frauen, die nach dem Sex emotional werden?« Ich war gemein, das wusste ich. Dennoch konnte ich meine Worte nicht zurückhalten. »Diese Gefühlsduselei steht dir nicht, Sanders.«

      »Sind wir jetzt wieder beim Nachnamen?« Ein verächtliches, unechtes Grinsen umspielte seine Lippen. »Als du nackt unter mir gelegen hast, klang das noch ganz anders.«

      »Fick dich, Josh.«

      »Das hast du ja bereits erledigt.« Ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen, riss er meine Zimmertür auf, stürmte raus und schlug sie krachend hinter sich ins Schloss. Das wiederholte er ebenso ohrenbetäubend laut mit der Wohnungstür.

      Kraftlos sackte ich vor meinem Schreibtisch zusammen, vergrub den Kopf zwischen meinen Knien und weinte um all das, was Josh und ich früher einmal füreinander hatten sein wollen.

      3. Kapitel

      Völlig übernächtigt schlich ich gegen acht Uhr am nächsten Morgen aus meinem Zimmer und direkt in das kleine Bad, das ich mir mit Grace teilte. So wie ich aussah, fühlte ich mich auch: beschissen. Meine Haare machten den Anschein, als würden Vögel darin nisten. Ich band sie mit wenigen Handgriffen zu einem unordentlichen Dutt. Nach einer Nacht ohne Schlaf hob sich das flammende Rot nicht sehr vorteilhaft von meiner hellen Haut ab. Man sagte, dass die Naturhaarfarbe einem immer am besten stand. Mein Spiegelbild behauptete jedoch etwas ganz anderes. Vielleicht war es mal wieder Zeit für eine pinke Phase. Seufzend wusch ich mir die letzten Reste meines Make-ups aus dem Gesicht, putzte mir die Zähne und fühlte mich danach mehr wie ein Mensch.

      Als ich kurz darauf das Wohnzimmer betrat, bot sich das Bild eines typischen Samstags. Grace saß mit einer Kaffeetasse in der Hand im Schneidersitz auf dem Boden vor der Couch, und auf dem Fernseher lief irgendeine Netflix-Doku. Neben ihr hockte Noah, der dem Programm jedoch keinerlei Aufmerksamkeit schenkte. Er war damit beschäftigt, Grace in seinen Armen zu halten, ihr ab und an einen Schluck ihres Kaffees zu klauen und dabei unglaublich zufrieden auszusehen.

      »Guten Morgen.« Er hatte mich entdeckt, bevor ich etwas sagen konnte.

      »Hey.« Müde ließ ich mich auf die Couch fallen. Immer wenn Noah in Ohio war, übernachtete er bei uns. Anfangs hatte ich den beiden so viel Privatsphäre wie möglich gegeben, bis Grace mich eines Tages zur Rede gestellt hatte. Sie wollte nicht, dass ich mich ausgeschlossen fühlte, es wäre schließlich auch meine Wohnung. Seitdem ließ ich die beiden in Ruhe, wenn sie in Grace’ Schlafzimmer Dinge taten, von denen ich nichts wissen wollte. Der Rest der Wohnung war jedoch keine Sperrzone mehr, und ich bewegte mich einfach so, als wäre Noah nicht da – schwierig, wenn man bedachte, dass der Typ mindestens eins neunzig groß war. Genauso wie Josh. Ein wenig hilfreicher Gedanke, der mich daran erinnerte, warum ich kein Auge zugetan hatte.

      »Soll ich dir einen Tee machen?« Grace sah mich mit einem Blick an, den ich von meiner Mutter kannte. »Wirst du krank?«

      »Ich habe nur schlecht geschlafen.«

      »Da bist du nicht die Einzige.« Noah schnappte sich die Tasse seiner Freundin, bevor er mich mit hochgezogener Augenbraue musterte. »Wie betrunken bist du gewesen? Als du die Türen um drei Uhr morgens zugeknallt hast, dachte ich zuerst an ein Erdbeben.«

      Grace stieß Noah mit dem Ellenbogen unsanft in die Rippen. »Du wolltest nichts sagen.«

      »Nein, du wolltest, dass ich die Klappe halte.«

      Ihre Augen blitzten – Noah war definitiv in Schwierigkeiten. Auch wenn wir uns in den letzten Monaten aneinander gewöhnt hatten, genoss ich es fast zu sehr, wenn Grace ihm die Hölle heiß machte. »Es ist sehr nett von Em, kein Problem damit zu haben, dass du immer wieder hier übernachtest.«

      »Natürlich.« Noah nahm einen großen Schluck von seinem gestohlenen Kaffee. »Aber ist das ein Grund, mitten in der Nacht so einen Lärm zu veranstalten?« Seine nächsten Worte waren wieder an mich gerichtet. »Ich weiß es zu schätzen, dass du mich nicht längst rausgeschmissen hast, Em. Wirklich. Aber ich muss in zwei Stunden zum Flughafen, um zum Training heute Abend zurück zu sein. Ich kann da nicht völlig übermüdet auftauchen.«

      Seit einigen Monaten spielte Noah in der NFL. In der fucking NFL, wie Grace nicht müde wurde, immer wieder stolz zu betonen. Die beiden hatten Glück gehabt. Sein Team waren die Chicago Bears, was nur eine Entfernung von einigen hundert Meilen und nicht einmal eine ganze Stunde Flugzeit bedeutete.

      »Es tut mir leid.« Dass nicht ich es gewesen war, die die Türen geknallt hatte, mussten weder Grace noch Noah wissen. »Nächstes Mal bin ich leiser.« Niemals wieder würde ich so kopflos sein und die Nacht mit Josh verbringen. Der Sex war gut gewesen. Sehr gut. Der ganze emotionale Ballast, den ich mit mir rumschleppte, war es jedoch nicht. Mit jemandem zu schlafen, über den man nie ganz hinweggekommen war, war der Anfang jeder Katastrophe. Um das zu wissen, musste man nicht erst unzählige schlechte Liebesfilme gesehen haben.

      »Bist du jetzt zufrieden?« Grace nahm Noah ihren Kaffee mit einem genervten Schnauben ab.

      Lächelnd zog er sie auf seinen Schoß und schmiegte sich an sie. »Du bist nicht böse auf mich.«

      »Bin ich nicht?«

      »Kannst du gar nicht sein, Baby

      Das Gesicht meiner besten Freundin verzog sich zu einer schiefen Grimasse. »Könnte sich ändern, wenn du mich weiter Baby nennst. Du weißt, wie sehr ich das hasse.«

      »Genau deswegen sage ich es ja.«

      Kopfschüttelnd drehte sich Grace ein wenig, bis sie ihm in die Augen sehen konnte. »Warum genau bin ich noch mal mit dir zusammen?«

      »Weil

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