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Grinsen zierte ihr Gesicht. »Das hinterhältige, populäre Mädchen, das sich den gutaussehenden Sportler schnappt, nur um ihn am Ende an das nette Mädchen von nebenan zu verlieren.«

      »Nur hat der Teenie-Film meistens ein Happy End.« Im wahren Leben gab es das nur selten. Ich war das beste Beispiel dafür.

      »Wie war es?«

      Verständnislos sah ich sie an. »Was meinst du?«

      »Wie war es, mit Josh zusammen zu sein?«

      Einige Sekunden kramte ich in meinen Erinnerungen an unsere gemeinsame Zeit, bevor ich hilflos den Kopf schüttelte. »Es war ... anders, wenn das irgendeinen Sinn ergibt.«

      »Wenn du nicht darüber reden willst, ist das vollkommen okay.« Annie meinte es ernst. Dass sie die Grenzen anderer Menschen nie übertrat, war eine der Eigenschaften, die ich besonders an ihr mochte. »Aber wenn ich schon kein eigenes Liebesleben habe, partizipiere ich gern an deinem. Wenn du das Bedürfnis hast, mit jemandem darüber zu sprechen.« Dass sie Worte wie partizipieren benutze, gehörte ebenfalls auf die Liste ihrer reizenden Eigenarten.

      »Eines Tages wird dir jemand über den Weg laufen und dich umhauen.« Annie war so großartig, sie würde sicher nicht allein bleiben.

      »Umhauen?« Sie lachte leise in ihren Kaffeebecher. »Ein Taschendieb vermutlich.«

      »Wenn er niedlich ist.« Wenig erwachsen streckte ich ihr die Zunge raus, was sie nur noch mehr kichern ließ.

      »Sollte ich irgendwann so weit sein, dass ich ernsthaft überlege, mit einem Kriminellen auszugehen, hältst du mich bitte davon ab.«

      »Was ist mit James?« Grace und ich hatten mehrmals erfolglos versucht, sie und den netten Typen aus ihrer Lerngruppe zusammenzubringen. Er und Annie wären perfekt füreinander. Beide schüchtern, liebenswert, zurückhaltend.

      Wie jedes Mal, wenn ich seinen Namen erwähnte, schüttelte Annie vehement den Kopf. »Ich will nicht aus Mitleid verkuppelt werden.«

      »Das hat doch nichts mit ...«

      »Doch, es wäre Mitleid. Und eigentlich wolltest du mir von Josh erzählen, oder?«

      Sie hatte recht. Nach der vergangenen Nacht musste ich mit irgendwem reden, sonst würde ich wahnsinnig. »Glaubst du mir, wenn ich sage, dass ich es nicht richtig beschreiben kann?« Beiläufig riss ich kleine Stücke von der Serviette in meiner Hand und verteilte sie wie Konfetti auf dem Tisch. »Er war ganz anders, als ich ihn mir vorgestellt habe. Natürlich hatte ich mir in meiner Verliebtheit ein Bild von ihm zusammengesponnen, aber das hatte so gar nichts mit der Realität zu tun.«

      Nachdenklich sah sie mich an. »Seine Freundin zu sein, war nicht so toll, wie du es gehofft hast?«

      »Nein.« Das war das Verrückteste an der Sache gewesen. »Es war perfekt.« Meine Stimme war nur noch ein Flüstern. »Seit diesem ersten Abend waren wir unzertrennlich. Es hat sich sofort richtig angefühlt.« Manchmal waren Erinnerungen bitter und süß zugleich. Alles, was mit Josh zu tun hatte, war fein säuberlich in Schwarz und Weiß aufgeteilt. Weiß für die Zeit, bevor er mich verlassen hatte. Schwarz für alles, was danach kam. Und mit der letzten Nacht hatte sich diese einfache Ordnung zu einer grauen, undurchsichtigen Masse vermischt.

      »Aber wieso habt ihr euch dann getrennt?«

      »Josh hat mich wohl nicht so gerngehabt wie ich ihn.« Auch nach all den Jahren war da immer noch die Angst, dass ich für ihn nur ein unbedeutender Zeitvertreib gewesen war. »Eines Tages stand er vor meiner Tür und hat mir aus heiterem Himmel erklärt, dass er nicht mehr mit mir zusammen sein will. Und dass ich hätte wissen müssen, dass es nichts Ernstes zwischen uns war.«

      »So ein ... blöder ... dummer ... Schuft.« Mein Papierkonfetti flog in alle Richtungen, als Annie achtlos mit dem Arm über den Tisch fegte.

      »Schuft?« Trotz des fürchterlichen Themas zauberte mir Annies kleiner Ausbruch ein Lächeln auf die Lippen. »Wir müssen echt an deinem Schimpfwort-Repertoire arbeiten.«

      Ihre Antwort war ein wenig damenhaftes Schnauben. »Wenn ich Josh das nächste Mal über den Weg laufe, wird mir sicherlich was Besseres einfallen.«

      »Du kennst noch nicht die ganze Geschichte.« Da ich ihr den Anfang erzählt hatte, konnte ich ihr das Ende nicht vorenthalten. »Kurz nach unserer Trennung war er wieder mit Vanessa zusammen und ist mit ihr gemeinsam nach Michigan gezogen und wohl auch dort aufs College gegangen.« Ich kannte diesen Teil nur aus Berichten anderer. Damals wurde viel geredet. Mein letztes Highschool-Jahr war schrecklich gewesen. Immer wieder war ich durch die brodelnde Gerüchteküche an Josh und Vanessa erinnert worden.

      Annie sah mich entgeistert an. »Er hat dich für seine Ex verlassen?«

      »Jap.« Auch wenn sich bei den Erinnerungen mein Magen zusammenkrampfte, versuchte ich, zu lächeln. »Aber das ist noch nicht alles.«

      »Oh Gott.« Annie stützte ihr Kinn auf ihren Händen ab und sah mich aus großen Augen an. »Wenn du mir die ganze Geschichte erzählt hast, werde ich ihn nicht mehr mögen, oder?«

      Damit entlockte sie mir ein leises Lachen. »Keine Ahnung. Ich habe es selbst nie geschafft, ihn wirklich zu verabscheuen.«

      »Okay, dann ...« Sie nickte mir aufmunternd zu. »Ich bin gewappnet.«

      »Er hat es mit Vanessa so ernst gemeint, die beiden haben sogar ein Kind zusammen.« Dies war der Teil, der immer noch am schwierigsten für mich war. Joshs Gefühle für Vanessa waren so stark gewesen, dass er sogar eine Familie mit ihr gegründet hatte.

      »Er hat ein Kind?« Annies Augen wurden riesengroß.

      »Eine Tochter. Lilly.«

      »Und was ist mit Vanessa?«

      Da Noah lange der Mitbewohner von Josh gewesen war, wusste ich durch ihn, dass die Kleine bei Joshs Eltern aufwuchs und ihn oft am Wochenende besuchte. »Josh und Vanessa sind nicht mehr zusammen. Warum sie sich letztlich getrennt haben, weiß ich nicht.« So genau wollte ich das alles auch gar nicht wissen – das redete ich mir jedenfalls an guten Tagen ein. Es war aufwühlend genug, Annie davon zu erzählen. Von einer Geschichte, die ich bis heute nicht verstand.

      »Ich habe mit vielem gerechnet, aber nicht damit.« Annie ließ sich auf ihrem Stuhl nach hinten sinken und musterte mich eingehend. »Du liebst ihn immer noch.«

      Lange hatte ich nicht mehr darüber nachgedacht, wie sich meine Gefühle für Josh im Laufe der Zeit verändert hatten. Vor vier Jahren war ich unglaublich verliebt gewesen. Später war da nur noch Wut. Dann kam die Sehnsucht und nach ihr das Eingeständnis, dass ein Teil von mir immer an ihm festhalten würde. Es war pathetisch, aber vielleicht stimmte der alte Spruch, dass man die erste Liebe nie wirklich vergaß. »Ich weiß nicht, ob man das Liebe nennen kann. Vermutlich nicht. Er fehlt mir in der Erinnerung.« Eine Mischung aus Nostalgie und Sehnsucht hatte mich gestern Nacht kurz meinen Verstand vergessen lassen. Den Josh von vor vier Jahren würde ich immer in meinem Herzen tragen. Dem Typen, der mich verlassen hatte, um ein Kind mit einer anderen zu zeugen, würde ich niemals verzeihen können.

      »Gerade finde ich es gar nicht mehr so schlimm, dass ich vermutlich als einsame, alte Jungfer sterben werde, die mit hundert Katzen zusammenlebt.«

      Wie schwarz ihr Humor manchmal sein konnte, war Annie vermutlich nicht bewusst. Lachend stupste ich ihr gegen den Oberarm. »Zwei, das ist das Limit. Jede weitere potenziert nur deine Chancen, als verrückte Katzenfrau zu enden.«

      »Ich mag Katzen.«

      »Ich auch, aber hundert sind vielleicht zu viele.«

      »Fünfzig?«

      »Immer noch zu viele.«

      »Zehn und keine weniger.«

      Kopfschüttelnd stand ich auf und kramte ein paar Geldscheine aus meiner Hosentasche. »Ich hole uns neuen Kaffee und Tee. Ist das okay, Catwoman?«

      »Cappuccino, bitte.«

      »Sollst

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