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trag' es, weil ich jetzt fortgehe, Mutter – mit Vroni zusammen suche ich einen Dienst.«

      Die Gardin kannte ihren zahmen Eusebi nicht mehr, seine Augen blitzten nur so. Da nahm sie ein Scheit, drohte dem schnurrbärtigen Sohn und rief zornig: »Auf der Stelle legst du das Sonntaggewändchen ab, du, – du –«

      Eusebi hatte das Scheit, das die Mutter hochhielt, ergriffen, mit einem Ruck warf er es weit weg: »Mutter, so geht es nicht mehr!«

      Da schrie die Gardin in die Stube: »Alter, hörst du nichts. Eusebi will mir nicht mehr folgen. O, der Lümmel – der Lümmel!«

      »Nein, beim Eid folge ich Euch nicht mehr,« trotzte Eusebi, »ich gehe jetzt mit Vroni.«

      »Das ist der Segen und der Sonnenschein, von dem der Alte immer geredet hat. – Einen ungeratenen Buben habe ich jetzt durch sie – Garde – Garde – bist du taub geworden, warum hilfst du mir nicht?« Und sie riß ihm die eine Armstütze vom dicken grauen Haupt hinweg.

      Da merkt sie erst, wie der Garde so stark, daß er es nicht mehr verhalten mochte, vor sich hin lachte.

      »Was ist auch das, du lachst!« Sie war verwirrt und wütend.

      »Ich lache, weil der Eusebi ein Mann geworden ist. Ich kann dir nicht sagen, wie gut er mir jetzt gefällt.« Die großgewachsene Gardin wurde ganz zahm, ernüchtert grollte sie: »O, ihr wüsten Männer!«

      In dem Augenblick kam Vroni sonntäglich gerüstet und schluchzte: »Nur danken möcht' ich euch für alles Liebe und Gute, aber Streit soll es meinet – –« Ihre Stimme erstickte.

      »So lebe wohl, liebes Vroneli,« sagte der Garde, nicht traurig, sondern gemütlich, »Eusebi wird schon recht zu dir schauen.«

      Die Gardin war starr.

      Und Eusebi sagte tief bewegt: »Also lebet wohl, ich habe halt Vroni zu lieb, ich gehe jetzt mit ihr – behüte dich Gott, Vater – behüte dich Gott, Mutter!«

      Als er nun aber Vroni, die, gerüttelt von Leid, die Stube schon verlassen hatte, folgte, da rief die Gardin ihrem Manne zu: »Du Rabenvater, deinen Einzigen lässest du nur so in die Fremde gehen – wenn er jetzt ein armes Knechtlein wird – der Sohn des Garden von St. Peter.«

      Sie weinte aus heißem mütterlichem Herzen und der Garde knurrte: »Man muß ihm halt dann und wann einen Napoleonschicken.«

      Da eilte die Gardin unter die Hausthüre und schrie aus Leibeskräften: »Eusebi – lieber Eusebi – komm zurück.«

      Die beiden Flüchtlinge waren noch nicht weit gegangen, denn Vroni suchte Eusebi durchaus zu bereden, daß er zu den Eltern zurückkehre, sie wolle kein Glück auf einen Streit bauen. Vor dem Disput mit Vroni aber hörte Eusebi die Mutter nicht rufen.

      Nun schritt das junge Paar vorwärts.

      Da schrie die Gardin in ihrer Herzensangst: »Vroni! – liebes Vroneli – kehr um!« und wirr durcheinander: »Vroni – Eusebi – Vroneli – Eusebi, ums Himmels willen – kommt doch wieder!«

      Da stutzten die Flüchtlinge, und jetzt ertönte hinter der Mutter der fröhliche Ruf des Vaters: »Kommt jetzt nur wieder!«

      Eusebi zog sein Mädchen mit einem Juchschrei zurück; halb noch ergrimmt, halb gerührt wischte die Gardin die Thränen ab und grollte dem Garden: »Ich habe nicht gemeint, daß du ernster Mann in deinen alten Tagen noch so ein Erzschalk sein könntest, aber drei sind stärker als eines, ich merke es und will mit euch in Liebe auskommen. Gieb sie nur zusammen.«

      Vroni lag an der Brust des Garden und der neigte sich auf sie und küßte sie. »Du warst immer mein Kind, jetzt bist du's erst recht, du sanfte, stille Wunderthäterin, die meinen Eusebi aus einem Thoren zu einem ganzen Manne gemacht hat.«

      Die Gardin streckte Vroni die Hand hin und schluchzte:

      »In mein Herz kann ich fast niemand einlassen, das ist so herb, aber jetzt, Vroni, bist du drinnen – nenne mich Mutter und eine gute Mutter will ich dir sein!«

      In die Wohnung des Garden flutete das Abendgold. Feierlich bewegt stand der Alte, den funkelnden Zinnteller in der Hand. Er brach einen Bissen Käse wie ein Felsklötzchen und schenkte braungoldenen Hospeler in ein einziges Glas.

      »Nehmet, esset und trinket!« Er reichte die Hälfte des Bissens, der ein einziges Stück gewesen war, Eusebi, die andere Hälfte Vroni und bot ihnen das Glas.

      »Eusebius Zuensteinen und Veronika Blatter. Ich verlobe euch nach dem alten Brauch des Thales. Ihr kennt den nicht, der den Käse bereitet, und den nicht, der den Wein gekeltert hat. Väter haben es vor mehr als hundert Jahren gethan und sie haben nicht gewußt, für wen. Also sollt auch ihr thun, damit kein Geschlecht ohne den Segen der vorangegangenen sei. Die Ahnen segnen euch und wünschen euch Glück. Eusebi, Hochzeiter! – Vroni, – Braut!«

      »Amen!« sprach die Gardin, die mit gefalteten Händen hinter den Liebenden stand.

      Kapitel Vierzehn

       »Died in the cholera-hospital at Srinigar!

      « Thöni jubelte das Wort wie Siegesbotschaft durch das Haus. Der Presi sah vergnügt in das Spiel der Schneeflocken, die dicht und schwer herniederwirbelten.

      Da zog es doch plötzlich wie ein Seufzer durch seine Brust: »Ich hätte Josi Blatter in St. Peter zurückhalten sollen!«

      Wie er es wider Willen dachte, schritt vor dem Fenster Kaplan Johannes durch das Schneegestöber und wies ihm eine drohende Grimasse.

      Die plötzliche Erscheinung des Halbverrückten, der seit seiner Vertreibung einen dämonischen Haß auf ihn und Binia warf, peinigte den Presi, ohne daß er wußte warum, wie Schicksalsdrohung. Es giebt aber einen Helfer in der Freude und einen Sorgenbrecher im Leid.

      Die trostlose Binia überraschte den Vater und Thöni, die zusammen vom besten Hospeler zechten. Da stieß der schon lallende Vater sein Glas ins Leere: »Zum Wohl, Seppi Blatter – hörst du, dein Bub' ist gestorben. – Was willst du jetzt noch?« Er lachte hellauf.

      Thöni, der nüchterner war, folgte dem Beispiel: »Josi Blatter, du Laushund. – Ja so, da ist Binia. – Komm, trinke auch eins auf deinen toten Schatz!« »Schändet die Toten nicht.« Mit dem gellenden Ruf sprang sie zu den beiden Männern und wischte die vor ihnen stehenden Flaschen und Gläser mit leichtem Arm vom Tisch.

      »Josi lebt – er lebt!« bebte ihre Stimme. »Ihr könntet ihm sonst nicht zum Wohlsein trinken. Der Blitz vom Himmel würde in den Bären fahren!«

      »Binia, wenn du so wild bist, bist du teufelsschön,« lallte Thöni.

      Der Vater wollte über ihre Keckheit wüten, aber es ging nicht mehr wohl an. Am anderen und in den folgenden Tagen sagte er kein Wort, er war stillverdrießlich, und das war ein Zeichen, daß er sich selbst grollte.

      Seit Binias empörtem Ruf: »Er lebt!« glaubte auch er nicht mehr, daß Josi Blatter tot sei. Nein, der stand ja immer wieder auf, wenn er schon begraben war. Um so stärker jedoch bekräftigte der Presi die Todesnachricht, wenn andere Leute darein Zweifel setzten: »Ta-ta-ta!« sagte er, »es giebt auf der Welt nichts Zuverlässigeres als die englische Post!«

      Unterdessen begann eine seltsame Zeit für Binia. Sie mußte an ein Wort der alten thörichten Susi denken: »Schlaft, schlafe, Schäfchen, wenn du groß und ein schönes Mädchen sein wirst, kommen um dich viele Burschen fragen.«

      Darauf hatte sie erwidert: »Ich liebe aber nur Josi.«

      Nun war beides in Erfüllung gegangen: viele Freier kamen, und sie liebte nur Josi.

      Gegen den Vater hatte sie Gewissensbisse. Sie fühlte sich ihm heiß verpflichtet, daß er sie nicht zwingen wollte, irgend einem jungen Manne, der ihm gerade gefiel, die Hand zu reichen. Das war ein großes Zugeständnis. Für Josi jedoch wollte sie die Liebe aller Freier ausschlagen, darüber würde er kommen. Die Todesnachricht auf dem Brief

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