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dem zum Glück der Vater selbst nichts erfuhr, trat dazu.

      Eine fremde vornehme Dame, die mit ihrem Hund hergekommen war, verlangte, daß man das Tier wie einen Gast bediene. Thöni, der Thor, der sich in das Gesicht der Dame vergaffte, gab es zu, allerdings nur in einem besonderen Zimmer. Die Mägde hatten zu dem Hund »Guten Tag, Herr Walo!« zu sagen, wenn er auf den Stuhl sprang, ihm ein weißes Tuch vorzubinden und dann je auf besonderem Teller fünf Gerichte vorzulegen, zuletzt wie zu einem Gast zu sprechen: »Wünschen wohl gespeist zu haben, Herr Walo!« und die Dame überwachte die Bedienung ihres Viehes.

      Mit flammendem Gesicht schaffte Binia Ordnung, aber die Mägde schwatzten, und nun lief die Geschichte im Dorf.

      »Jetzt, wo wir und unser Vieh Mangel leiden,« staunten die Leute entsetzt.

      Kaplan Johannes trug die Erzählung von Haus zu Haus: »Merkt ihr,« fragte er, »aus dem Wetter nichts? Geht nach Hospel, dort sind sie froh über den Regen, der dann und wann fällt. Merkt ihr nichts?«

      »Wohl, wohl!« erwiderten die Dörfler, »die armen Seelen wollen die todsündige Völlerei im Bären nicht, sie wollen den Neubau nicht, die Zwingburg, die uns hudlig machen soll. In den fürchterlichen Wettern geben sie uns ihre Zeichen.«

      »Wir sind ja schon hudlig,« antworteten andere ingrimmig: »die drei Kleinsten Bälzis stehen am Weg und strecken den Fremden die Hände um Almosen hin. Die Haushaltung hat nichts zu beißen und zu brechen. Und noch viele müssen vor Elend auch zu betteln anfangen. Das ist das Werk des Presi.«

      Der Garde mahnte zur Ruhe, der Pfarrer predigte gegen den Aberglauben und wies seiner Herde in Chroniken nach, daß es auch früher schon so schlimme Jahre gegeben habe.

      Die Dörfler aber schrieen ihm zu: »Pfarrer, Ihr hütet die heilige Religion nicht. Wißt ihr es nicht? Der Presi will in dem Neubau heimlich eine Kapelle für die Ungläubigen einrichten, wie eine zu Grenseln steht, und wenn Ihr nicht helft, müssen wir selbst Ordnung schaffen. Wir sind nicht gewaltthätig und den Fremden wollen wir nichts thun, aber wenigstens den Neubau dulden wir nicht.«

      »Man muß mit dem Presi in Güte reden!« meinten einige Ruhige, wie der Fenken- und der Bockjeälpler.

      »Wenn wir das thun,« erwiderten aber die anderen, »sind wir verloren. – Er ist ein alter Fuchs, er weiß schon, wie er zu sprechen hat, daß keiner von uns mehr etwas sagen kann.«

      Der Glottermüller hatte mit seinem Wirtschäftchen gute Zeiten, aber auch in den eigenen Stuben sammelten sich da und dort die Dörfler.

      »Wir müssen es hinter den Garden stecken,« meinten sie, »er kommt dem Presi am ehesten bei. Der Glottermüller muß mit ihm gehen. Der Kaplan Johannes auch.«

      Der Garde seufzte, als Bauer um Bauer in seine Wohnung kam und ihm zuredete, daß er Vermittler zwischen der Gemeinde und dem Presi werde. »Ich bin nicht mehr sein Freund!« erklärte er. – »Aber Ihr seid der Garde!« drangen sie in ihn. – »Dann gehe ich allein,« sagte er. – »Nein, wenigstens einer muß mit,« erwiderten sie, »damit der Presi spürt, daß es Ernst gilt.«

      Nach gewaltigem Sträuben fügte sich der Garde in den sauren Gang und darein, daß der Glottermüller ihn begleite.

      Es war im Herbst und nach vielen Wochen der Verdüsterung stand der Himmel in reinem Blau, nur hingen an der Krone so drohende Wächten, wie man sie niemals zuvor gesehen. Durch das Dorf flog es von Mund zu Mund: »Schaut, seit die Fremden fort sind, ist der Himmel uns wieder wohlgesinnt.«

      Würdig empfing der Presi die beiden Abgesandten von St. Peter, würdevoll wie ein König antwortete er ihnen, sich mit der Hand auf sein Pult stützend: »Ihr Männer von St. Peter. Meint ihr, daß ich die Gemeinde weniger lieb habe als ihr? – Aber in einer thörichten Sache lasse ich mich nicht von euch zwingen. Wir sind alle freie Männer. Wir beugen uns vor nichts als vor den Ueberlieferungen unserer Väter und den Gesetzen des Landes. Ueberlieferung und Gesetz ist aber, daß jeder bei uns frei bauen darf, wie er will. Ich habe kein minderes Recht als ihr, der Bären und die Krone stehen unter dem Schutz des Gesetzes, der das Eigentum heiligt. Wer daran rührt, ist dem Gericht verfallen. Nicht anders ist es mit den Fremden, die ins Thal kommen. Sie sind nicht, wie ihr meint, vogelfrei, sie stehen unter dem Schirm mächtiger Verträge. Wehe dem, der die verletzt! Und also habe ich eine gerechte Sache, wenn ich ein neues Haus aufschließe und Gäste darein führe, und ich will es euch beweisen, daß ich euerm ungerechten Verlangen nicht nachkomme. Thöni – Binia!«

      »Presi, seid barmherzig,« bat der Garde, »sonst gerät die Gemeinde ins Unglück. Was Ihr sagt, ist wohl wahr – aber es ist nicht gut – es ist nicht gut.« Scheu kam Binia geschlichen, sie konnte den Garden fast nicht ansehen, Thöni aber erschien wie ein großer Herr.

      »Thöni Grieg und Binia Waldisch,« wandte sich der Presi stolz und feierlich an die beiden, »vor der Gemeinde St. Peter verlobe ich euch, auf daß ihr in Frieden und Glück das neuerbaute Haus zur Krone führt. Binia, hole mir Bissen und Wein, daß ich sie euch reiche.«

      Sie zitterte. Wie im Verscheiden sagte sie: »Nein – ich kann nicht, Vater.«

      Da wurde er kreideweiß: »Du Elende!« knirschte er mit einem entsetzlichen Blick der Wut, »vor der Gemeinde machst du mich zu Schanden – möge Gott dich dafür schlagen!«

      Der Glottermüller verlor seine Haltung und quiekte mit seiner hohen Weiberstimme: »Das ist ja abscheulich! Ich gehe, lebt wohl!«

      »Ja,« bebte die Stimme des Presi, »sagt es dem Dorfe nur, was für eine Ungeratene ich zum Kinde habe.«

      Da nahm der Garde die Hand des Presi und mit Thränen in den Augen sprach er: »Gewaltthat auf Gewaltthat! – Sünde auf Sünde – Presi! alter Freund – muß ich es wirklich erleben, daß Ihr Euch selbst. Euer Kind, Euer Haus, das ganze Dorf zusammenschlagt!«

      »Was, alter Freund?« erwiderte der Bärenwirt kalt und hohnvoll, »einer, der es mit den Kälbern hält, – ein Tropf seid Ihr, Garde!«

      »Alte Männer schlagen sich nicht. – Ihr schlagt Euch selbst.«

      Der Garde keuchte es, er ging und in einer Ecke lag Binia, das Häuflein Unglück. Am anderen Tag aber flog die Kunde von Mund zu Mund: »Nun hat sich Binia doch mit Thöni Grieg verlobt.« Schreckliche Gerüchte waren im Umlauf. Drei Stunden sei der Presi auf dem Boden gelegen und habe mit Armen und Beinen ausgeschlagen. »Ich kann nicht mehr leben. Mein Kind hat mich vor der Gemeinde zu Schanden gemacht.« Da habe sich Binia auf ihn geworfen und verzweifelt gerufen: »Vater – lebe! – ich will Thöni nehmen!«

      Der Presi hatte den Sieg über sein Kind und die Abgeordneten davongetragen, aber der Bären lag in Acht und Bann, furchtbare Erregung und Empörung gegen ihn herrschte im Dorf.

      So kommt der Winter, ein verkehrter Winter! Es fällt viel Schnee, aber er hält nicht. Die Lawinen donnern Tag um Tag und ihre Luftstöße erschüttern die Hütten. Jetzt tritt endlich bittere Kälte ein. Da geschieht ein schreckliches Wunder. Eine Windsbraut fährt über die Krone, sie wirbelt den Firnenschnee wie Gewitterwolken auf, die Wolken verfinstern das Thal, sie sausen herab, sie drehen sich und prasseln aufs Dorf. – Die Glocken läuten.

      »Wohl denen, die tot sind,« schreien die Leute. »St. Peter geht unter – die armen Seelen ziehen aus – für die Zeit, die uns bleibt, haben wir noch genug zu essen, und daß unser armes Vieh an Seuchen stirbt, kann nichts mehr schaden.«

      Da schleicht ein Wort heimlich durch das geängstigte St. Peter, das Wort »Ahorn!« Wo sich zweie treffen, redet der eine geheimnisvoll von hundert Dingen, bis er unauffällig das Wort »Ahorn« ins Gespräch mengen kann. »Ahorn!« erwidert der Angeredete feierlich. Außer dem Garden, den man immer noch einer alten Freundschaft für den Presi verdächtig hält, dem Pfarrer und einigen anderen, denen man nicht traut, ist ganz St. Peter in einem geheimen Bund, dessen Mitglieder sich im Wort »Ahorn« erkennen. Wer die Losung spricht, weiß es: Im Namen der armen Seelen muß der Bären, das Sündenhaus, fallen und der Neubau zerstört werden. Es giebt sonst keine Rettung für das Dorf. Wen das schreckliche Los trifft, der muß den Bären und die Krone anzünden. Sonst ihm selbst »Ahorn«. Es

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