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Ali­ce an­zu­se­hen. Ist sie wie­der ganz die Al­te? Er­in­nert sie sich an alles? Dies wür­de so vieles er­leich­tern.

      »Der Zau­ber ist schon fast aus ih­rem Körper her­aus ge­we­sen. Die Res­te sind nun voll­kom­men fort. Gib mir dein Schwert, Prinz!« Triel hält die Hand auf, schaut mich for­dernd an.

      »Nie­mals.« Mei­ne Kno­chen kna­cken, so fest um­klam­me­re ich den Griff. Auch wenn ich ihr dank­bar bin, lebens­mü­de bin ich nicht.

      »Prinz?« Sie schaut fins­ter drein. Ih­re ge­öff­ne­te Hand ver­langt weiter­hin stumm mein Schwert.

      Alles in mir kämpft da­ge­gen an. Ich ken­ne Triel, aber ver­traue ich ihr? Nein, die Ant­wort ist klar. Kann ich ihr ei­nen kur­zen Mo­ment trauen? Wo­mög­lich. Wer sagt mir, dass sie das Schwert nicht ge­gen uns rich­ten wird? An­der­seits, bräuch­te sie es? Sie kann uns hier so oder so ver­rot­ten las­sen. Ich bin im Zwie­spalt. Mir ist be­wusst, dass un­se­re Chan­cen ge­ra­de schlecht ste­hen, doch ich wer­de ei­nen Aus­weg fin­den, den fin­de ich immer. Ich ha­be schon un­ter schlech­te­ren Um­stän­den über­lebt, wenn auch nur um mein ei­ge­nes Le­ben und nicht das mei­ner Ge­fähr­tin.

      Ali­ce wen­det sich mir zu, legt ih­re schlan­ke Hand zärt­lich auf mei­ne Wan­ge. Alles in mir zieht sich vor Sehn­sucht zu­sam­men. Zu lan­ge sind wir ge­trennt ge­we­sen. »Viel­leicht müs­sen wir ihr ver­trauen, Cri­spin. Ich füh­le mich … bes­ser. Wirk­lich. Es ist, als wür­de sich in mei­nem Kopf ei­ne gro­ße Ne­bel­wand lich­ten. Stück für Stück se­he ich mehr Bil­der, die sich lang­sam zu­sam­men­setz­ten. Ich se­he … dich. Uns. Ich se­he und füh­le so vieles …« Sie un­ter­bricht sich selbst, schluckt hör­bar. »Sie hat recht. Der rest­li­che Zau­ber ver­flüch­tigt sich. Ich er­in­ne­re mich an un­se­re er­sten Tref­fen, glas­klar. Vor ei­ner Mi­nu­te ist es noch ver­schwom­men ge­we­sen, sche­men­haft.«

      All das über­for­dert sie emo­tio­nal. Das er­ken­ne an ih­rem un­glü­ckli­chen Ge­sichts­aus­druck. Und wenn ich ehr­lich bin, mich auch. Ich drü­cke sie an mich, schlie­ße ei­ne Se­kun­de die Augen, ehe ich mein Wort an die Ni­xe rich­te. »Ich ver­traue nie­man­den mehr«, tei­le ich ihr mit, wa­ge es, auf mein Ge­fühl zu hö­ren, wel­ches mich zur Vor­sicht er­mahnt. »Sprich, was du von uns willst oder ver­schwin­de.«

      Triels Lä­cheln ist plötz­lich kalt wie Eis. Wis­send blit­zen ih­re Augen auf. »Du bist schlau­er, als gut für dich ist, Prinz. Oder soll ich sa­gen: Kö­nig, der sich er­he­ben möch­te? Oh ja, wir sind nicht un­wis­send. Auch uns kommt zu Oh­ren, dass du ei­ne Ar­mee ver­sam­melst und dich von dei­nem Vater los­ge­sahnt hast. Nur wa­rum? Was planst du?« Sie schaut von mir zu Ali­ce. »Mein Blut, ist dein Blut, Schwes­ter. Ich kann euch ret­ten, wenn du mein An­ge­bot an­nimmst. Du bist wie ich, ei­ne Ni­xe. Du soll­test nicht an Land bei ei­nem El­ben le­ben, das ist dei­ner un­wür­dig. Lass dein Er­be er­wachen, mö­gest du ei­ne Tochter des Meeres wer­den und die Göt­ter dir dei­ne Flos­sen schen­ken. Lass dich nicht durch et­was wie Lie­be be­herr­schen, denn sie macht schwach. Ent­schei­de dich für uns, für Macht. Je­des We­sen wird vor dir er­zit­tern. Du brauchst die­sen Mann nicht.« Ich pres­se die Zäh­ne auf­ein­an­der, knur­re lei­se. Es ist rich­tig ge­we­sen, ihr das ver­fluch­te Schwert zu ver­wei­gern. Ver­mut­lich hät­te sie es mir in den Leib ge­rammt. Triel be­ach­tet mich nicht. Wie kann sie es wagen? Statt un­ser Band zu wür­di­gen, ver­sucht die hal­be Welt, es zu zers­tö­ren. Se­hen sie nicht, wel­che Chan­ce sich uns auf­tut? Sind sie des Wahn­sinns, es so mit Fü­ßen zu tre­ten? Was glau­ben sie, wie viele Chan­cen die Göt­ter uns noch ge­wäh­ren? »Gibt mir dei­ne Hand!« Triels Augen fun­keln, wäh­rend die Wel­len immer stär­ker peit­schen, als wür­de das Meer sie an­feu­ern. Ich be­reue kei­ne Se­kun­de, auf mein Ge­fühl ge­hört zu ha­ben. Hin­ter­lis­tig. Bös­ar­tig. Ich ha­be es ge­ahnt. Ich he­be den Blick, mus­te­re Triel, die raub­tier­haft lä­chelt. »Still, Spitz­ohr!« Sie legt ih­ren Fin­ger auf die Lip­pen.« Ich wer­de mein Blut mit mei­ner Schwes­ter tei­len, so­mit den Teil des Meeres in ihr er­we­cken. Nie­mand lehnt die­ses groß­ar­ti­ge Ge­schenk ab. Sie hat das Recht, zu wäh­len, und sich ge­gen dich und die­ses ver­fluch­te Band zu ent­schei­den. Wir Ni­xen wol­len kei­ne Ge­fähr­ten, wir wol­len Macht. Es liegt uns im Blut, wir lie­ben die Furcht und das Tö­ten. Lie­be? Lä­cher­li­che, wi­der­wär­ti­ge Schwäche.«

      Ich schüt­ze Ali­ce mit mei­nem Körper, tre­te ent­schlos­sen vor. »Nie­mals.«

      »Nur so wer­de ich auch dich ret­ten. Lass sie ge­hen, keh­re in dein al­tes Le­ben zurück und gib mir, was uns ge­hört. Sie ge­hört zu mei­nem Volk, du zu dei­nem.«

      »Sie ge­hört zu mir«, fau­che ich.

      Triel rich­tet ih­ren Blick auf Ali­ce. »Das Was­ser er­kennt dich als sei­ne Tochter an. Je­de Ni­xe muss von ei­ner an­de­ren ge­seg­net wer­den, um in die Schwes­tern­schaft auf­ge­nom­men zu wer­den. Du wirst dein Blut mit mei­nem ver­ei­nen. Un­ter Was­ser wirst du nie wie­der Angst ha­ben müs­sen, zu er­trin­ken. Du wirst ewig le­ben, mäch­tig und stark sein. Aller­dings ist die Ent­schei­dung end­gül­tig. Wählst du uns und dei­ne Flos­se, ist es dir un­ter­sagt, weiter an Land zu le­ben. Es ist dir auch un­ter­sagt, dich mit ihm ab­zu­ge­ben. Wir sind dann dein Le­ben. Du bist so­mit ein Teil von et­was Grö­ße­rem. Wäh­le uns und ver­las­se die­ses Spitz­ohr, der oh­ne­hin un­ter dei­ner Wür­de ist.«

      Plötz­lich däm­mert es in mei­nem Kopf. »Ihr Ni­xen wollt euch ei­nen Trumpf si­chern! Mei­ne Ge­fähr­tin in eu­ren Rei­hen wür­de euch mehr Si­cher­heit ver­schaf­fen als je­des Bünd­nis, wel­ches ihr aus­han­deln könn­tet. Ja­de weiß, dass ich Ali­ce nicht ver­let­zen wür­de, es nie könn­te.« Ich la­che hart auf. Sie hal­ten sich für so cle­ver. Triel zischt er­bost. Ich ha­be sie durch­schaut. Es geht ihr nicht um Ali­ce, nein, sie wol­len ein­zig Schutz. Ali­ce wirkt leicht pa­nisch, gar ver­wirrt. Sie hat Angst vor den Kon­se­quen­zen die­ses Er­bes. Sie ist wie er­starrt, bringt kein Ton her­vor, da­bei se­he ich, wie es in ihr ar­bei­tet.

      »Es obliegt ihr allei­ne, ob sie sich uns an­schließt, oder sich von uns ab­wen­det. Lasst es mich so sa­gen: Die meis­ten von uns wäh­len wei­se oder ster­ben. Was soll sie an Land, an der Sei­te ei­nes Prin­zen oh­ne Heimat, wo sie eins der ge­fürch­tets­ten We­sen der Mee­re wer­den könn­te und das mit mehr Lieb­ha­bern, als sie zäh­len kann?«

      »Wa­ge es nicht, uns zu dro­hen!«

      »Ich will das nicht.« Ali­ce un­ter­bricht uns und wir bei­de schau­en sie über­rascht an.

      »Sei nicht tö­richt, Misch­ling. Nie­mand von uns paart sich mit an­de­ren Ras­sen. Schon gar nicht mit dem Ziel, ein Kind zu zeugen. Dei­ne Mutter ist naiv und ein­fäl­tig ge­we­sen, ge­blen­det durch die­ses Ge­schwätz ei­nes Ge­fähr­ten. Du bist nur zur Hälf­te ei­ne Ni­xe. Statt dich zu tö­ten, bie­ten wir dir Macht. Es ist ei­ne Eh­re, dass wir dir die­ses An­ge­bot un­ter­brei­ten. Hin­ge­gen ei­ne Schand­tat, sich mit ei­nem Alb fort­zu­pflan­zen, denn es ver­wäs­sert un­ser Er­be. Doch bist du hier, an der Sei­te ei­nes Spitz­oh­res, ver­wäs­serst un­ser Er­be noch mehr. Wir blei­ben stets un­ter un­se­res­glei­chen. Wir wol­len kei­ne Ge­fähr­ten. Sie sind hin­der­lich und schwä­chen uns. Es ist gut, dass die­ses Band aus­ge­löscht wor­den ist. Wir ver­ab­scheu­en Schwäche. Wir ver­ab­scheu­en Ge­fähr­ten. Un­se­re Män­ner sind uns un­ter­le­gen. Fin­det ei­ner von uns ei­nen Ge­fähr­ten, so zö­gern wir nicht, ihn zu tö­ten, mit Freu­de. Ich wür­de ihm die Keh­le aus­rei­ßen und ver­spei­sen.«

      »Nun,

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