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sie mit dem Ge­dan­ken spie­len, ihr für ih­re Wor­te die Haut ab­zu­zie­hen. Mitt­ler­wei­le wür­de ich ihr dies so­gar zu­trauen. Die­se Welt hat sie ver­än­dert. Das Wis­sen, dass sie eifer­süch­tig ist, im­po­niert mir, schmei­chelt mei­nem Her­zen und mei­nem Selbst­wert­ge­fühl. Dass Ali­ce sich er­in­nert und auf­ge­hört hat, ge­gen mich an­zu­kämp­fen, lin­dert den Schmerz in mir. Ich klam­me­re mich an das Wis­sen, dass alles so wird wie vor­her. Ich spü­re, wie sie sich mir wie­der öff­net, mei­ne Nä­he sucht und ih­re Bli­cke vol­ler Lie­be, aber auch vol­ler Trau­er und Scham sind. Der Trank lässt nach. Ich ver­mu­te, die Ver­let­zun­gen tra­gen ih­ren Teil da­zu bei, der Blut­ver­lust spült es fort – ihr Körper muss sich schnel­ler re­ge­ne­rie­ren, da­durch wird zu­dem der Trank zü­gi­ger ab­ge­baut.

      »Sprich dich aus, Schwes­ter des Meeres.« Durch­aus in­te­res­siert hebt Triel die Augen­brau­en. Sie ist ge­fähr­lich, man darf sie nicht un­ter­schät­zen. Mein gan­zer Körper ist wach­sam und an­ge­spannt.

      »Lass dei­ne Spiel­chen, Triel. Sie ist ge­ra­de nicht sie selbst und ge­schwächt. Sie ist durch ei­nen Trank ge­blen­det, ein fau­ler Zau­ber. Sie ist die mei­ne, ich der ih­re. Es be­steht kei­ne Hoff­nung für dich, sich mit uns zu paa­ren. Heu­te nicht und an kei­nem an­de­ren Tag.«

      »Lang­wei­li­ger Elb!« Sie schmollt, je­doch nicht lan­ge. »Be­schrei­be den Trank!«

      Ich schie­be Ali­ce hin­ter mich, schüt­ze sie mit mei­nem Körper. Auch wenn ich Triel ken­ne, Ni­xen sind nie harm­los und ihr neu­gie­ri­ger Blick be­hagt mir nicht. Ich bin vor ge­rau­mer Zeit da­bei ge­we­sen, als sie ih­ren Opfern die Haut vom Körper ge­ris­sen ha­ben, mit ih­ren Zäh­nen bei le­ben­di­gem Leib. An ih­ren Fin­gern klebt mehr Blut als an mei­nem Schwert. Sie tö­tet aus pu­rem Ver­gnü­gen, das un­ter­schei­det uns. »Er blo­ckier­te Tei­le ih­rer Er­in­ne­rung, lässt hin­ge­gen be­reits nach. Wie du siehst, es gibt nichts für dich zu ho­len«, er­läu­te­re ich sach­lich. »Was machst du hier, Triel, außer dich an un­se­rem Leid zu la­ben?«

      »So un­freund­lich? Tsss … Spitz­ohr­prinz … Ler­ne, dich zu be­herr­schen, oder ich las­se dich zurück und ret­te nur sie. Es wä­re zwar ei­ne Ver­schwen­dung, aber … Ich zie­he es in Er­wä­gung.«

      »Du willst uns ret­ten? Zu wel­chem Preis?« Ich bin äu­ßerst acht­sam, Ni­xen leis­ten kei­ne Ge­fäl­lig­kei­ten. Nie­mals! Sie sind ein­zig auf ihr ei­ge­nes Wohl aus.

      »Wir ha­ben Ali­ce ein An­ge­bot zu ma­chen, es wür­de selbst dich aus die­ser miss­li­chen La­ge be­frei­en.«

      »Wie lau­tet das An­ge­bot?« Oh­ne zu er­fah­ren, wie hoch der Preis für die­se Ret­tung ist, wer­den wir dem Han­del nicht zu­stim­men. Ich be­ob­ach­te mein Ge­gen­über ge­nau, je­de noch so klei­ne Re­gung ih­res Ge­sich­tes.

      »Das, mein lie­ber Prinz, wird euch Ja­de er­klä­ren, denn sie war­tet auf dich und dei­ne klei­ne Halb­ni­xe.« Wie­der lä­chelt sie Ali­ce an. Aller­dings wirkt die­ses Lä­cheln nicht echt, son­dern auf­ge­setzt. Es ver­ur­sacht mir ei­ne Gän­se­haut. Nein, Triel hat Plä­ne und hier läuft et­was im Hin­ter­grund. Wir dürf­ten die­sem Han­del nicht ak­zep­tie­ren, das weiß ich ganz si­cher. »Aber vor­her will ich dir hel­fen, statt mich an dei­nem Leid zu er­freu­en, Prinz der El­ben. Ich ha­be heu­te ei­nen groß­zü­gi­gen Tag.«

      Ali­ce greift nach mei­ner Hand, als Triel sich aus dem Was­ser hebt, die lan­ge Flos­se wird da­bei zu zwei lan­gen schlan­ken Bei­nen. Das Was­ser perlt an ih­nen ab, tropft vor ih­ren Bei­nen auf den Stein. Ich ste­he eben­falls auf, über­ra­ge da­bei die Ni­xe um mehr als ei­nen gu­ten Kopf, wie ich be­frie­di­gend fests­tel­le und ei­sig auf sie hin­ab­bli­cke. »Du kannst die Flos­sen ein­fach ge­gen Bei­ne tau­schen und lau­fen? Ich ha­be immer ge­dacht, es nimmt ei­ne ge­wis­se Zeit in An­spruch, um dies zu kön­nen.« Ich bin bei­lei­be über­rascht. Das zeigt aber­mals, wie lis­tig sie sind.

      Sie legt den Fin­ger auf ih­ren Lip­pen. »Psst … Es gibt Din­ge, über die soll­te man nicht spre­chen. Ge­heim­nis­se gibt man nicht preis. Tar­nung, Täu­schung – auch du kennst das, Ho­heit. Al­so schwei­ge, sonst muss ich dich tö­ten. Es bie­tet uns Schutz. Wir wer­den oft un­ter­schätzt, da man denkt, wir sind nur im Was­ser ge­fähr­lich. Da­bei kön­nen wir oh­ne Pro­ble­me des Nachts euch die Keh­le durch­schnei­den, wenn uns da­nach be­liebt. Ver­giss das nie, wenn du an ei­nem Ge­wäs­ser ra­stest. Ich of­fen­ba­re mich auch nicht dir, Prinz, son­dern ihr, mei­ner Schwes­ter. Sie ist ein Teil von uns. Ihr steht es zu, dies zu wis­sen, ehe sie ei­ne Wahl trifft.« Ei­ne Wahl? Wo­von re­det sie? Mei­ne Augen ver­en­gen sich zu Schlit­zen. Sie schrei­tet auf Ali­ce zu, reicht ihr die Hand. »Ste­he auf, Tochter des Meeres! Ich wer­de dir hel­fen.«

      »Ich …«, zö­gert Ali­ce, schaut mich an. Sie traut Triel eben­so we­nig wie ich. Un­si­cher­heit blitzt in ih­ren Augen auf.

      »Was hast du vor Triel? Was wird es uns kos­ten?«, ver­lan­ge ich noch­mals, zu er­fah­ren. Ali­ce steht mit zit­tri­gen Bei­nen auf, ich stüt­ze sie acht­sam. Sie muss sich aus­ru­hen, hei­len. Das alles ist zu viel für ih­ren ge­schwäch­ten Körper.

      »Schweig, Elb! Dies geht nur uns Schwes­tern et­was an.« Sie legt den Kopf schief. In ih­ren nas­sen Haaren klim­pern Mu­scheln, die dort ein­ge­ar­bei­tet sind.

      »Hü­te dei­ne Zun­ge, Ni­xe«, mah­ne ich sie, wo­rauf­hin sie er­bost in mei­ne Rich­tung faucht, ehe sie den Blick zu Ali­ce rich­tet. Ali­ce streicht sich ihr Haar aus dem Ge­sicht, wäh­rend ich mich hin­ter sie stel­le und mei­ne Hand auf ihr Kreuz le­ge, da­mit sie weiß, dass ich da bin. Und nicht nur das, ich bin be­reit, je­der­zeit ein­zu­schrei­ten.

      »Ich wer­de ih­ren Körper rei­ni­gen. Sie muss bei vol­lem Ver­stand sein, wenn sie sich für uns ent­schei­det«, teilt Triel mir kryp­tisch mit, was mir nicht ge­fällt, da­her runz­le ich Stirn pro­vo­ka­tiv.

      »Kei­ne fal­schen Spiel­chen, mein Schwert funk­tio­niert ein­wand­frei«, las­se ich Triel tro­cken wis­sen, was sie mit ei­nem Zi­schen und ge­fletsch­ten Zäh­nen kom­men­tiert. Soll mir dies Angst ma­chen? Wenn ja, hat sie kei­nen Er­folg. Ihr Kopf wür­de schnel­ler auf dem Grund des Meeres lan­den, als sie bis drei zäh­len kann.

      »Du wagst es, Elb?«, knurrt sie auf­ge­bracht. Das hin­ter­fragt sie noch? Ich wä­re durch­aus ge­willt, wei­taus mehr zu ris­kie­ren, um Ali­ce zu schüt­zen, da­her um­grei­fe ich mein Schwert­knauf her­aus­for­dernd und wei­che Ali­ce nicht von der Sei­te.

      »Es ist okay, Cri­spin«, haucht Ali­ce, strafft da­bei ih­re Schul­tern. Sie hat ei­ne Ent­schei­dung ge­trof­fen, die mir ver­mut­lich nicht ge­fal­len wird. »Mei­ne Mutter, sie ist wie du ge­we­sen, oder? Ei­ne Ni­xe. Je­den­falls ha­be ich das ge­hört.«

      Triel nickt. »Lass mich die Res­te des Gif­tes, wel­ches dich ver­wirrt, ent­fer­nen, Schwes­ter. Da­nach of­fen­ba­re ich dir, wes­halb ich hier bin. Öff­ne dei­nen Mund.«

      »Was …«, set­ze ich an, um et­was zu fra­gen, doch Triel hält die Hand hoch und ver­langt of­fen­sicht­lich, dass ich schwei­ge. Sie beugt sich vor, bis ihr Mund ge­nau vor Ali­ce‘ Lip­pen ver­weilt.

      Triel mus­tert sie. »Mund auf!« Zö­gernd kommt Ali­ce ih­rer Auf­for­de­rung nach. Triel legt ih­re schlan­ken Hän­de, mit Schwimm­häu­ten zwi­schen den Fin­gern, an ih­re Wan­gen an und schließt die Augen. Das Meer um uns he­rum scheint kurz still zu ste­hen, ehe die Ni­xe tief ein­at­met. Ali­ce ver­krampft sich,

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