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war die Beurteilung Marschalls durch den Kaiser! – das darf man nicht vergessen. Bernhard wird sich bald – sehr bald – an das Neue gewöhnen, nur nicht die armen Frauen: Marie Bülow und ihre Mutter.

      Am 20. September 1897, nach dem großen Empfang des Kaisers, seinen Besuchen und einigen Besichtigungen, frühstückte ich mit dem Gefolge bei ihm in der Burg. Dann mußte ich Orden austragen an die Minister usw. Ich kam mir wie ein glückspendender Engel des Himmels vor!

      Um 5 Uhr fand eine kleinere, ziemlich langweilige Hoftafel statt. Von ½7 bis ½8 Uhr saß ich, in Politik versenkt, mit dem Kaiser bei Bülow.

      Um 8 Uhr begann das große Hoffest in dem Saal, den du kennst. Es war entsetzlich heiß! Der Kaiser machte Cercle bis ½11 Uhr, sprach wohl mit 100 Menschen und begeisterte alles durch seine Liebenswürdigkeit. Ich hatte eine lange, unendlich interessante Unterhaltung mit meinem verehrten Kardinal Schlauch.

      Der Anblick des Festes mit den prächtigen ungarischen National-Kostümen war sehr schön. Graf Louis Appony (der ungarische Oberhofmarschall) hatte einen Tag vor den Festen seine alte Mutter verloren und erschien nur »im Dienst« und ohne Gattin. Der Kaiser besuchte die Gräfin 59 sowie Gräfin Goluchowska.

      Nach dem Fest war »Bier-Abend« bei unserem Kaiser in kleinem Kreis. Alles war aufgelöst vor Hitze. Erst um ½1 Uhr kamen wir zu Bett.

      Der Anblick der erleuchteten Stadt, oben von der Burg aus, mit der Spiegelung der vielen 1000 Lichter in der breiten Donau war ein zauberhafter Eindruck.

      Am 21. September 1897 wurde der schöne Parkklub schon früh um ½10 Uhr besichtigt. Dann das Parlamentsgebäude. Ich fuhr mit Bülow und drückte mich unterwegs nach Haus, um zu arbeiten.

      Das Wetter am 21. war Gott sei Dank etwas kühler und darum der Verkehr in Uniformen weniger unappetitlich.

      Um 5 Uhr fand ein riesiges Galadiner in dem großen Saale der Burg statt. Ich saß zwischen Gräfin Aladár Andrássy-Wenckheim und Gräfin Tassilo Festetics-Hamilton – rechts vom Kaiser Franz Joseph. Das waren sehr angenehme Nachbarinnen.

      Die Rede des Kaisers war tatsächlich ein Meisterwerk. Er erregte unerhörte Begeisterung. Die Ungarn weinten vor Rührung und Stolz, und der alte Kaiser war so bewegt, daß er sich kaum fassen konnte. Wie begabt ist der Kaiser! Er diktierte mir und Bülow diese Rede (weil man durchaus den Toast vorher zum Druck haben wollte), ohne ein Wort zu ändern, ganz fließend – und hatte sich nichts aufgeschrieben. Dabei enthält die Rede sehr feine und abgepaßte Wendungen. Wir waren beide voller Anerkennung, und der Kaiser freute sich über unsern Enthusiasmus wie ein Kind, so einfach nett und schlicht. Diese Mischung von glänzendem Verstand und schlichtem Wesen ist eine seltene Erscheinung.

      Nach der Galatafel wieder langer Cercle – dann, um 8 Uhr, Fahrt durch die herrlich erleuchtete Stadt zu der Oper. Einzelne Akte aus ungarischen Opern wurden leidlich gut gegeben. Der Zuschauerraum bot einen prächtigen Anblick.

      Die Fahrt nach der Galaoper zur Bahn war großartig. Herrliche Beleuchtung und unendliche »Eljen«! Wir waren alle recht müde, als wir endlich gemütlich im Kaiserlichen Sonderzug beim Abendessen saßen, um die weite Fahrt direkt nach Rominten (!) zu unternehmen.

      (gez.) Philipp.

      Fürstin Pauline und Kaiser Wilhelm. 1895.

      Es führt mich der ungarische Erfolg Kaiser Wilhelms in meinen Gedanken zu seiner ersten Begegnung mit der Fürstin Pauline, deren Urheber ich war. Denn der Kaiser war neugierig. Er hatte viel von der berühmten Frau gehört – hielt sie für eine gefährliche »Preußenhasserin« und war einigermaßen erstaunt, sie in meinem Freundeskreise zu wissen.

      Die Gelegenheit bot sich, als Kaiser Wilhelm zu dem Begräbnis des Erzherzogs Albrecht 1895 in Wien erschien (was viele Leute erstaunte), und er bei der »tiefen Trauer« des Hofes es vorzog, den Abend bei seinem Botschafter zu verbringen. Ich habe diesen interessanten Abend in dem Kapitel »Erzherzog Albrechts Tod« geschildert.

      Ich greife hier nur zurück auf einige Briefe, die ich 1895 an Kaiser Wilhelm schrieb, nachdem die Bekanntschaft mit der Fürstin bei mir gemacht war. Der Kaiser war begeistert von ihr und überschüttete sie mit Liebenswürdigkeiten. Die Briefe berühren aber auch den Tod des Fürsten Metternich, der für die Fürstin in vieler Hinsicht schmerzlich war. Besonders auch wegen ihrer Schwägerin, der Gattin des »neuen« Fürsten Lothar, geb. Gräfin Zichy, die sich nun als die »Regierende« in der Familie ausspielt und der gehaßten Pauline jeden denkbaren, unfreundlichen Schabernack antat.

      Aus Briefen an Kaiser Wilhelm.

      1.März 1895.

      ... Ew. Majestät können sich denken, daß Fürstin Pauline Metternich außer sich vor Glück über die Photographie Ew. Majestät ist. Sie stand ganz unter dem Eindruck von dem Verkehr mit Ew. Majestät und konnte nicht genug in ihrer originellen, akzentuierten Art davon erzählen. Sie war eben entzückt von Ew. Majestät! Daß der Abend bei mir so gut abgelaufen war, beglückte sie, aber sie hatte gar nicht das Bewußtsein, »Besonderes« geleistet zu haben, Fürstin Hatzfeldt behauptete, »Pauline hat sich sehr gemäßigt«. Ich fand sie gerade amüsant genug.

      Leider wurde die arme Fürstin heute nacht von dem Unglück betroffen, ihren Mann zu verlieren. Man fand ihn tot im Bett. Ich sah den Fürsten noch gestern an unserer Tür, wo er seit 3 Monaten täglich im Vorbeigehen Erkundigungen nach dem Befinden meiner schwerkranken Schwiegermutter 60 einzog. Abends war ich mit der Fürstin noch bis 12 Uhr bei einem Diner bei Baron Nathanael Rothschild. Er hat ein herrliches Haus und Kunstschätze, die sich ein Christ natürlich nicht anschaffen kann. Das Diner war fabelhaft und doch ohne protzig zu sein – es gab allerdings so komplizierte Gerichte, daß ich nicht weiß, was es war.

      Nach dem Essen fand ein Konzert der Hauskapelle auf lauter berühmten Instrumenten statt: Amati, Stradivari usw. Ein geradezu entzückender Klang. Fürstin Metternich war ausgelassen lustig, und wir amüsierten uns köstlich. Dann ging sie nach Haus – und zwei Stunden darauf starb der Fürst.

      8 Monate später.

      Wien, 17. November 1895.

      Euerer Majestät beehre ich mich anliegend einen Brief der Fürstin Pauline Metternich zu überreichen, den sie unmittelbar, nachdem ich ihr das Bild Ew. Majestät gab, verfaßte. Sie war in Ungarn und kehrte vor einigen Tagen nach Wien zurück. Ew. Majestät hätten sich unterhalten, wenn Sie den Eindruck gesehen hätten, den dieses Geschenk machte. Mit ihrer ganzen amüsanten Lebhaftigkeit erging sie sich in Entzücken über den Gedanken, den das Bild enthält und sprudelte über in Freude.

      Am Abend traf ich sie noch einmal bei Goluchowskis 61, wo ich mit meiner Frau war. Nur Ministerpräsident Graf Badeni war außer uns anwesend. Da wurde die Unterhaltung über das Bild fortgesetzt, das sie stolz mitgebracht hatte. Dieser Abend war sehr spaßhaft. Die Fürstin erzählte von dem französischen Hof und einem Besuch schottischer Herzöge, die im Nationalkostüm nach dem Diner in Compiègne Billard spielten, während die Kaiserin und sie auf dem niedrigen Sofa gesessen und zugesehen hätten. Die Fürstin machte die Stellungen nach, welche die Schotten in ihrem Nationalkostüm bei dem Spiel und bei einer schwierigen Lage der Bälle eingenommen hätten, es war unwiderstehlich komisch. Badeni, ein ernster, aber sehr sympathischer Mann, dem ich zum ersten Male begegnete, kämpfte erst würdevoll gegen den Ton ausgelassener Heiterkeit, bis er schließlich rettungslos in unser Gelächter einstimmen mußte.

      Zum Schluß erklärte die Fürstin, es sei ein Unglück für Österreich, daß sie kein Mann geworden sei, ihre Rednergabe würde die Welt in Erstaunen gesetzt haben. Sie illustrierte diese Ansicht durch eine Rede gegen Lueger 62, die sie mitten in der Stube stehend, improvisierte. Die Einfälle, die sie hatte, waren unglaublich – aber schließlich wurde ihr die Sache ernst, und mit flammenden Augen und mit lauter Stimme sprach sie so erstaunlich gut und politisch richtig, daß Badeni ganz nachdenklich wurde. Leider verläßt die Fürstin in diesen Tagen wieder Wien für den ganzen Winter. Sie will nicht in »tiefer« Trauer hier bleiben und geht in den Süden. Ich bin sehr

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