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Böses von den Leuten zu sagen; ich merkte ihr aber doch an, daß er dort im Hause nicht gefallen. Doch tadelte sie bloß, er spräche so ordinär, und von einem Schriftsteller erwarte man doch auch in der Unterhaltung gewählte Worte. – Gestern vormittag kam ein junger Mann zu mir, stürzt freudig herein, lacht, reicht mir beide Hände – ich kenne ihn nicht. Es war Heine, den ich den ganzen Tag im Sinne hatte! Er sollte schon vor acht Tagen von Boulogne zurück sein, aber „ich war dort krank geworden, hatte mich in eine Engländerin verliebt“ usw. Man soll sich dem ersten Eindrucke nicht hingeben; aber mit Ihnen brauche ich mich nicht vorzusehen, das bleibt unter uns, und wenn ich meine Meinung ändere, sage ich es Ihnen. Heine gefällt mir nicht. Sollten Sie wohl glauben, daß, als ich eine Viertelstunde mit ihm gesprochen, eine Stimme in meinem Herzen mir zuflüsterte: „Er ist wie Robert, er hat keine Seele?“ Und Robert [Robert der Teufel] und Heine, wie weit stehen die auseinander! Ich weiß selbst nicht deutlich, was ich unter Seele verstehe; es ist aber etwas, was oft gewöhnliche Menschen haben und bedeutendere nicht, oft böse und nicht gute, beschränkte und nicht geistreiche Menschen... Ich und meinesgleichen, wir affektieren oft den Scherz, wenn wir sehr ernst sind; aber Heines Ernst scheint mir immer affektiert. Es ist ihm nichts heilig, an der Wahrheit liebt er nur das Schöne, er hat keinen Glauben. Er sagte mir offen, er wäre vom Justemilieu, und wie nun alle Menschen ihre Neigungen zu Grundsätzen adeln, sagte er, man müsse aus Freiheitsliebe Despot sein, Despotismus führe zur Freiheit, die Freiheit müsse auch ihre Jesuiten haben. Recht hat er, aber der Mensch soll nicht Gott spielen, der nur allein versteht, die Menschen durch Irrtümer zur Wahrheit, durch Verbrechen zur Tugend, durch Unglück zum Heile zu führen. Wie ich hier von mehreren gehört, soll Heine sich gefallen, eine Melancholie zu affektieren, die er gar nicht hat, und soll grenzenlos eitel sein. *Ich sprach wegen gemeinschaftlicher Herausgabe eines Journals; damit will er aber nichts zu tun haben*. Herrliche Einfälle hat er, aber er wiederholt sie gern und belacht sich selbst.

      *Gestern aßen wir beide und List zusammen. Sie hätten dabei sein sollen. Ich und er, einen Einfall schöner wie der andere und das Lachen des List, der nie weniger als ein halb Pfund Fleisch im Munde hat! Ich fürchtete im Ernst, er würde ersticken. Heine sagte, ich sei schuld, daß er überall für einen Narren gehalten, denn wenn er meine Witze aus meinen Werken angeführt, habe er immer so lachen müssen, daß man ihn für verrückt gehalten.

      Heine soll gemein liederlich sein. Er wohnt am Ende der Stadt und sagt mir oft, es geschehe, um keine Besuche zu haben, und ich solle ihn auch nicht besuchen.

      Übrigens habe ich eine kleine Tücke dabei, daß ich Heine bei Ihnen so verleumde. Ich habe erst jetzt bemerkt, was mir bei unserm früheren Zusammentreffen entgangen, daß er ein hübscher Mensch ist und eins von den Gesichtern hat, wie sie den Weibern gefallen. Aber glauben Sie mir, es ist doch nichts dahinter, gar nichts, ich muß das verstehen. Heine sagt mir auch, Campe wäre ein großer Lump und kein Geld von ihm zu bekommen.

      ... Heine sagte mir auch, er wolle sich mit Kunst beschäftigen, und er habe eine große Abhandlung über die letzte Gemäldeausstellung geschrieben.* – – Sonderbar – gestern abend hörte ich bei Valentins* wiederholt etwas darüber spötteln: Heine spräche so oft und so viel von seinen Arbeiten. Was doch die Naturen verschieden sind! Wenn ich etwas in der Arbeit habe, ist mir unmöglich, irgendeinen außer Ihnen zum Vertrauten meines Geheimnisses zu machen; mich hält eine gewisse Scham davon zurück.

      [Von seinem ersten Besuch bei Börne im Hotel de Castille erzählt Heine zu Beginn des dritten Teiles seines Börnebuches. Börnes obige Schilderung läßt die Anwesenheit eines Dritten dabei kaum zu, auch Heine sagt nichts davon; in seinen „Besuchen im Jenseits“ („Erinnerungsblätter“ 1884, S. 185) erinnert aber Ferdinand Hiller daran, daß er Heine zuerst zu Börne geführt habe; er denkt vielleicht an die Verabredung am 24. Oktober und glaubte später, Heine habe erst an diesem Tage Börne kennengelernt.]

      231. Eduard Beurmann17

      26. September 1831

      Ich weiß, daß Heine, als er Börne zum ersten Male besuchte, mit ehrfürchtiger Hingebung und Andacht in seine Wohnung trat, erklärend, daß er vor dem Hause hin und her gegangen sei, ehe er sich ein „Herz genommen hätte“, einzutreten. Heine ist ohne Affektation, und es konnte nur der feste Charakter der Bewegung sein, den er in Börne begrüßte, der ihn zaudern und sich sammeln ließ.

      232. Ludwig Börne71

      30. September 1831

      [Börne an Jeannette Wohl:] Heine habe ich seitdem nicht gesehen. Was ich von ihm höre, gibt mir von seinem Charakter keine gute Vorstellung... Er soll von grenzenloser Eitelkeit sein. Er spielt, und er könnte nichts tun, was mir größeres Mißtrauen gegen ihn einflößte. Er hat schon einmal fünfzig Louisdors auf einmal verloren. Den etwas bornierten *Dr. Dondorf* scheint er als seine Lobposaune zu gebrauchen, welches ich diesem in Baden schon angemerkt.

      *Das wurde mir heute von einem Deutschen, der mich besuchte, auch bestätigt. Dieser, der viel Wesens aus mir macht, sagte mir, er habe gegen Dondorf geäußert, Börne sei der einzige politische Schriftsteller in Deutschland, Heine sei kein solcher, sondern nur ein Dichter, worauf aber Dondorf Heines Partie ergriffen und ihn über mich erhoben. Das hat mich auf den Gedanken gebracht, daß Heine nur darum sich nicht mit mir zu einem Journal verbinden will, weil er fürchtet, in meiner Nähe nicht genug zu glänzen. Der nämliche erzählte mir, er habe Heine vor einiger Zeit gebeten, er möge einige Freiheitsgedichte machen, welche man unter das deutsche Volk verteilen könne, worauf Heine erwidert: ja, er wolle es tun, es müßte ihm aber gut bezahlt werden. Dann: „Wenn mir’s der König von Preußen bezahlt, mache ich auch Gedichte für ihn.“*

      233. Hermann Franck103

      1831?

      [Mitteilung Francks an Varnhagen von Ense:] Heine hatte nie an der Spielbank sein Glück versucht. Einst besuchte er mit Dr. Hermann Franck in Paris aus Neugier den Salon des étrangers und sah dem Spiele zu. Nach einer Weile, von Franck aufgefordert, wagte er ein paar Fünffrankenstücke und verlor sie. Mehr hatte er nicht bei sich. Aber der Verlust, wenn auch gering, verdroß und beschämte ihn. Im Weggehen sagte er aus dieser Stimmung zu seinem Gefährten: „Wissen Sie, Franck, ich habe eine große Lehre heute gewonnen. Ja, ich habe einsehen gelernt, daß das Spielen ein Laster ist, wenn man verliert!“ Mit diesem Witz tröstete er sich.

      [Mit Börnes vorstehenden Angaben steht die Aussage Francks in einigem Widerspruch.]

      234. Ludwig Börne71

      3. Oktober 1831

      [Börne an Jeannette Wohl:] Heine hat mich diesen Vormittag besucht. Er hat sich nach Ihnen erkundigt und gesagt, Sie wären eine sehr liebe Frau. Es ist merkwürdig mit dem Heine und mir. Der erste Eindruck, den er bei mir gemacht, verstärkt sich immer mehr. Ich finde ihn herzlos und seine Unterhaltung selbst geistlos. Es scheint, er hat seinen Geist nur in den Schreibfingern. Er spricht kein vernünftiges Wort und weiß aus mir kein vernünftiges Wort hervorzulocken. Er affektiert Menschenhaß und Verachtung. Gegen öffentliche Kritik seiner Schriften ist er sehr empfindlich. Er sagte mir selbst, er ginge am liebsten mit unbedeutenden Menschen um. Er ist sehr verdrossen und unheiter. Ich sah es ihm deutlich an, daß er keine rechte Geduld bei mir hatte und nicht erwarten konnte, bis er fortkäme. Auch war ich froh, als er ging; denn er hatte mich ennuyiert.

      [In seinem Börnebuch, dritter Teil, schildert Heine seinen zweiten Besuch bei Börne, der jetzt Rue de Provence wohnte, völlig anders; wenigstens läßt Börnes Brief nicht auf die Anwesenheit einer „Menagerie von Menschen“ in seinem Salon schließen.]

      235. August Lewald1

      Herbst 1831

      Wenn abends das Feuer im Kamine brannte, und in der Marmite das Wasser zum Tee seine Äolsharfenmusik begann, dann versammelten sich die Freunde, um im heitern Gespräche eine Stunde bis zum Theater, oder länger bis zur Soiree bei mir zuzubringen. Dann fehlte auch Heine nie. Er warf den Mantel ab und streckte

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