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„daß es eine sehr wichtige Angelegenheit sein müsse, die Sie dermaßen in Harnisch bringen konnte.“ Ähnliche Anklänge und Rückschläge in die frühe Düsseldorf-Kindheit mögen jedoch seine längsten und besten Freunde nicht bei ihm beobachtet haben.

      216. Maria Embden-Heine88

      1830

      [Familientradition:] Heinrich Heine nannte seinen Onkel „den goldigen Onkel“, doch wollte er einige goldene Früchte pflücken, so mußte er frühmorgens zu ihm.

      Sein langjähriger Kammerdiener Heinrich empfing ihn im Vorzimmer, und des Dichters erste Frage war: „Heinrich, was haben wir für Wetter?“ War der Onkel böser Laune, dann erwiderte er: „Stürmisches Wetter, Herr Doktor, besser Sie kommen heute abend wieder.“

      217. August Lewald1

      [November 1830]

      Als die [Henriette] Sontag nach Hamburg kam, schrieb ich eine kleine Broschüre: „Die Prima Donna in Hamburg [besungen von Tobias Sonnabend]“. Die Art und Weise ihres Auftretens, zwei Ehrenkavaliere von der Berliner Garde, die sie begleiteten und sich wie närrisch gebärdeten, ein Hamburger Enthusiast, der sich vor seinen Mitbürgern lächerlich machte, alles dies zusammen gab Stoff zur Satire ... Ich setzte mich nieder und schrieb einige scherzhafte Sonette und Romanzen, und Campe ließ sie drucken.

      Bald darauf verbreitete sich das Gerücht, Heine hätte eine Broschüre gegen die Sontag herausgegeben. Obgleich ich nicht daran gedacht hatte, das Publikum auf diese Vermutung hinzulenken, so wollten einige doch eine Ähnlichkeit mit der Heineschen Manier gefunden haben, und es ist sehr möglich, daß die Buchhandlung selbst diese Meinung bereitwillig unterhielt. Heine war es nicht angenehm, wie man sich leicht denken kann, er tat aber nichts, den Wahn zu zerstören.

      Spazierengehend zog er einmal die Broschüre aus der Tasche und rezitierte eine Romanze daraus, die mit den Worten anfängt:

      „Amphion erbaute Theben,

      Dem Arion dient’ ein Fisch –“

      „Diese Romanze ist mein Unglück“, sagte er in seiner Weise bitter lachend. –

      Ich hatte Campe das Versprechen abgenommen, mich nicht eher zu nennen, als bis die Sontag weggereist sein würde. Daß er es dann tun würde, war vorauszusehen. Nun wußte es auch Heine bald, und es belustigte ihn sehr. Doch konnte er sich eine kleine Rache nicht versagen.

      Eines Abends war er mit mehreren Freunden bei mir. Wir wollten eben zu Tische gehen, als er seinen Hut ergriff und versicherte, nicht dableiben zu können. So auf dem Sprunge brachte er noch die Broschüre aufs Tapet. Er warf die Frage auf: ob man ihn noch für ihren Verfasser halte? – Sogleich ergriff Maltitz das Wort und ergoß sich in seinem Eifer in Schmähungen über das Machwerk, und wie er nie geglaubt habe, daß Heine dessen Verfasser sein könnte. Ich gab ihm nicht unrecht, denn auch mir wäre es wahrlich nie eingefallen. Einige andere noch stimmten Maltitz bei und lästerten und schimpften gewaltig auf den armen Satiriker, ohne zu wissen, daß sie mit ihren Pfeilen ihren armen Wirt selbst trafen. Heine aber empfahl sich gewandt und rief: „Nun denn, der Verfasser der Broschüre ist Herr Lewald, und es wird ihm ebenso leid tun als mir, Ihren Beifall nicht errungen zu haben, meine Herren!“ – Er ergötzte sich noch eine Weile an der verlegenen Miene meiner Gäste, dann drückte er mir lachend die Hand und lief hinaus. –

      [Von der Broschüre gegen die Sontag berichtet Heine an Varnhagen, 30. Nov. 1830 und 4. Jan. 1831, ohne aber Lewald zu nennen.]

      218. Theodor Mundt13

      1830?

      Man trägt sich noch [1837] in der Hamburger Gesellschaft mit vielen seltsamen Gerüchten über Heine, die aber mehr zur Charakteristik Hamburgs dienen als zu der Heines. Er hat einmal mehrere Damen nicht gut unterhalten, und sie können es ihm noch immer nicht vergessen, daß er erst stumm dagesessen und nachher bloß vom Wetter angefangen. Sie versicherten mich auf das bestimmteste, daß das kein großer Dichter sein könne, der bloß vom Wetter mit ihnen spräche, gesellschaftlich so ungeschickt und unbrauchbar sei und nachher maliziöse Verse auf sie mache. Vergebens entgegne ich, daß ein großer Poet nicht auch dafür gut sei, in den Gesellschaftszimmern einen Hanswurst der Unterhaltung abzugeben. Man liebt in Hamburg gar zu sehr die gute Unterhaltung.

      219. Maria Embden-Heine74

      1830?

      Bei einem späteren Aufenthalt in Hamburg spielte er seiner Schwester einen bösen Streich.

      Alle Bekannte und Verwandte des Hauses Embden baten meine Mutter, eine Soirée zu geben, da alle den berühmten Dichter kennenlernen wollten. Sie ließ sich dazu bereden. Künstler, Gelehrte, Kaufleute, Bankiers, alle wurden eingeladen, und viele der Herren glaubten mit ihrem Reichtum zu imponieren und klapperten mit den Talern in der Tasche. Ihre schönen Hälften waren mit Brillanten und Perlen behangen, doch glaube ich, daß die wenigsten Heines Schriften gelesen hatten, denn noch jetzt gilt dort derjenige für den genialsten, liebenswürdigsten und gescheitesten Mann, der seine Million Mark ins Trockene gebracht hat.

      Meine Mutter ermahnte ihren Bruder, sich möglichst gut aufzuführen, den Leuten keine Bosheiten zu sagen und keinen Spott zu treiben. Heine versprach alles aufzubieten, um ihren Wünschen nachzukommen, doch wie wurde sie enttäuscht!

      Heine trat in die Gesellschaft, verbeugte sich stumm, nahm eine seiner kleinen Nichten auf den Schoß, scherzte mit ihr und erzählte ihr ein hübsches Märchen. Während meine Mutter von einem zum andern ging, diesem und jenem ein freundliches Wort zu sagen, verschwand der Dichter, ehe sie sich dessen versah.

      Den folgenden Tag empfing sie ihn mit Vorwürfen und klagte, er habe sie lächerlich gemacht.

      „Mein liebes Schwesterchen.“ antwortete Heine, „du hast nur eins vergessen – –“

      „Das wäre?“ fragte die Mutter.

      „Mir eine Kette um den Hals zu legen und mich so im Zimmer herumzuführen und jedem zu sagen: ‚Meine Herren und Damen, schauen Sie sich ihn an, das ist der Dichter Heinrich Heine, der nichts anderes kann und weiß, als dem lieben Gott die Zeit zu stehlen und Verse zu machen.‘“

      220. Varnhagen von Ense103

      1831

      Heinrich Heine schrieb seinem Onkel Salomon Heine ins Stammbuch: „Lieber Onkel, leihe mir hunderttausend Taler und vergiß auf ewig Deinen Dich liebenden Neffen

      H. Heine.“

      [Denselben Denkspruch soll M. G. Saphir dem Bankier Rothschild ins Album geschrieben haben.]

      221. August Lewald1

      30. April 1831

      Im Frühjahr 1831 beschloß er endlich, nach Paris zu gehen. Auf den 1. Mai wurde die Abreise bestimmt. Tags vorher brachte ich noch viele Stunden in seiner Gesellschaft zu. Er teilte mir seine Vorsätze und Pläne mit, und wir berieten uns als treue Freunde. Eine hübsche Zeichnung von Lyser aus der „Harzreise“ schenkte er meiner Frau. Er selbst saß darin, in luftiger Wandertracht, nachlässig in der Hütte des alten Bergmanns, der mit seinem spinnenden Weibe halb abgewendet am Fenster hockte und Zither spielte. Der Mond schien herein. Vor ihm lag das junge Mädchen auf dem Fußschemel kniend und sprach die Worte, die er selbst unter die Zeichnung geschrieben hatte:

      „Daß du gar zu oft gebetet,

      Das zu glauben wird mir schwer;

      Dieses Zucken deiner Lippen

      Kommt wohl nicht vom Beten her.“

      Mir gab er die Abbildung einer Kirche in Lucca beim Abschiede. Er hatte daruntergeschrieben:

      „Die Kirche siehst du auf diesem Bilde,

      Worin, zu heiliger Stimmung bekehrt,

      Signora

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