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Gespräche mit Heine. Heinrich Hubert Houben
Читать онлайн.Название Gespräche mit Heine
Год выпуска 0
isbn 9788711460887
Автор произведения Heinrich Hubert Houben
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Schwören will ich, was du glaubst!“
Heine reichte mir das Lied, und als ich es gelesen hatte, drehte ich das meinige zusammen und benützte es als Fidibus, womit ich mir die Zigarre anzündete.
„Wenn ich Sie nicht besser kennte,“ lachte Heine, „würde ich Sie für schrecklich eitel und empfindlich halten, so hab’ ich Sie recht verstanden – mein Lied ist gut, wie?“
„Ja, wahrhaftig!“ –
„Wohl, es soll mit in die neue Ausgabe des Buches der Lieder! Und jetzt wollen wir einen Spaziergang machen; einer besonderen Toilette meinerseits bedarf es nicht.“
Heine machte denn auch keine große Toilette, und bald waren wir draußen in der schönen, freien, sonnigen Luft. – Zu meiner Verwunderung schlug Heine den Weg nach dem Gottesacker ein, wo er einige Worte mit dem Totengräber wechselte und sodann mit mir zwischen den Gräberreihen hinschlenderte. Plötzlich hielt er an, drückte mir lächelnd die Hand und deutete auf einen Grabhügel, über welchen sich ein einfacher Stein erhob – es war das Grab des Wandsbeker Boten Matthias Claudius, genannt Asmus, und als ich überrascht und gerührt von dieser zarten Aufmerksamkeit den Freund anblickte – lächelte er und eine Träne glänzte in seinem Auge. – Und derselbe Heine, der mich kurz zuvor damit hatte necken wollen, daß er vorgab, von dem alten Claudius nichts zu kennen, zitierte jetzt die Worte desselben:
– Sie haben
Einen guten Mann begraben,
Und mir war er mehr.
[Von dieser Erzählung Lysers gilt das oben (zu Nr. 188) Gesagte. Schon Hirth (a. a. O., S. 68) hält es für unglaubhaft, daß Lyser dieses improvisierte Gedicht, das er 1830 sofort verbrannt haben will, 1848 noch im Kopfe hatte. Vielleicht schrieb er es erst 1848 in Anlehnung an Heines Verse; ebenso unwahrscheinlich ist die Äußerung Heines über den obskuren Dichterling Meynert. – Von einer Neuausgabe des „Buchs der Lieder“ war damals schwerlich schon die Rede; die erste Auflage reichte volle zehn Jahre. Aber in die 1830 erscheinende neue Ausgabe der „Reisebilder“ wurde Heines Gedicht sogleich aufgenommen („Heimkehr“ Nr. 72) und Lyser eröffnete einen Artikel über diese Neuausgabe in den „Originalien“ (Nr. 132) mit jenen Versen Heines.]
200. August Lewald1
April/Juni 1830
Den Sommer über [April bis Juni] wohnte er in dem stillen Dörfchen Wandsbek; melancholischer, friedlicher gibt es wohl keines auf der Welt. Hier lebte er seinen Studien und kam nur selten zur Stadt. Ich besuchte ihn einige Male mit meiner Frau, und dann warf er die Bücher beiseite und gehörte uns.
201. Ludolf Wienbarg49
April/Juni 1830
Liebe zur Natur habe ich nicht an ihm bemerkt. Doch will ich darüber nicht absprechen. In dem benachbarten Wandsbek bezog er ein Zimmer, das auf einen wüsten Hofraum hinausging und dessen nächstes Gegenüber ein Schweinekoben war. Auch lag das Haus nicht an der Park- und Schloßseite, wo noch die schönsten Gelegenheiten offen standen, hier, wo auch der alte Claudius wohnte und wo man mit einem Schritt unter den hohen Wipfeln eines Wäldchens sich befindet, das mich stets an den Eingang von Goethes „Iphigenie“ erinnert hat.
Es war in Wandsbek an der Linstantschen Gasttafel, als er mir einen bekannten Lüneburger Advokaten [Christiani], einen Verwandten von ihm, vorstellte, denselben, welchen er wegen dessen liberalen Beredsamkeit in der Hannoverschen Kammer den Mirabeau der Lüneburger Heide genannt hatte. „Dies ist der Mann,“ sagte er, „der so ausgezeichnet redet und so miserabel schreibt.“ –
202. Therese Devrient6
Mai 1830
Unsere Empfehlungsbriefe [an Salomon Heine] hatten wir [Eduard und Therese Devrient] abgesendet und gleich tags darauf einen Besuch des jungen Herrn [Karl] Heine empfangen, der uns sehr verbindlich im Namen seines Vaters für den nächsten Mittag auf dessen Landsitz zu Tische lud... Um sechs Uhr, der Dinerzeit des alten Bankiers, hielt ein höchst eleganter Wagen, Kutscher und Bediente in sehr nobler Livree, vor unserer Tür... An der Elbe neben dem bekannten Rainville lag die Besitzung Heines...
Salomon Heine führte mich, Eduard die junge hübsche Frau [Salomons jüngste Tochter]. Das Innere des Hauses machte einen überaus behaglichen Eindruck, es war von so gediegener Eleganz, daß man sie zuerst gar nicht merkte, alles sah nur bequem und wohnlich aus. Der Speisesaal, gleich im untern Stock, bot außer dem reich mit Silbergeschirr besetzten Büfett und vielen Dienern in Livreen nichts Bemerkenswertes. Die Unterhaltung bei Tisch mißfiel mir, da sie sich meist um die Delikatessen drehte, die eben aufgetragen und verzehrt wurden. Uns, die wir nicht Gourmands waren, entstand daraus die doppelte Beschwerde, so viele Leckerbissen durch das Aufzählen und Preisen derselben fast dreifach genießen zu müssen. In einiger Entfernung mir gegenüber saß ein Herr, der meine Aufmerksamkeit auf sich zog, weil er mich mit zugekniffenen, zwinkernden Augen maß, dann geringschätzig und gleichgültig fortsah. Der Ausdruck seines Gesichts dabei machte mir die Empfindung, als ob ich zu anständig aussähe, um von ihm berücksichtigt zu werden.
„Wer ist der Herr dort drüben?“ fragte ich meinen Nachbar.
„Kennen Sie den nicht? – Das ist ja mein Neffe Heinrich, der Dichter,“ und die Hand vor den Mund legend, flüsterte er, „die Canaille.“
Jetzt begriff ich die natürliche Antipathie zwischen uns beiden. Ich ward aufmerksamer auf das, was er sprach, und hörte, wie er mit blasiertem, halb spöttischem, halb klagendem Tone von seiner Armut sprach, die ihm größere Reisen versage. Da rief der Onkel (von dem man wußte, daß er den Neffen großmütig unterstütze): „Ei, Heinrich, du brauchst doch nicht zu klagen. Wenn dir’s an Geld fehlt, gehst du zu einigen guten Freunden ins Haus, drohst ihnen: Ich mache euch in meinem nächsten Buche so lächerlich, daß kein ordentlicher Mensch mehr mit euch umgehen kann, oder du blamierst einen Edelmann! Du hast ja Mittel genug in Händen.“
Der Dichter kniff die Augen zu und erwiderte scharf:
„Er [Graf Platen] hatte mich angegriffen mit Knoblauchessen und den alten Ammenmärchen; ich mußte ihn vernichten“...
Das Diner war zu Ende. Mehrere aus der Gesellschaft entfernten sich, darunter der Dichter, dem es nicht recht wohl in der Nähe des Onkels war.
203. Ferdinand Meyer147
Juli/August 1830
Als ich im Jahre 1830 meine Kur in Helgoland fortsetzte, war es mir sehr angenehm, Heine daselbst wieder anzutreffen, und der Zufall wollte, daß ich infolge der Juliereignisse in Paris, gerade in dem Augenblick eine Sendung nach London erhielt, als eine Äußerung Heines, die er in Gegenwart des Ministers R. und des Generals K. machte, es nicht gut zugelassen hätte, daß ich ferner mit ihm auf dem früheren vertrauten Fuße gelebt hätte. Heine hatte nämlich bei Gelegenheit des Umsturzes der alten bourbonischen Linie geäußert, daß seine neulich im Berliner Zeughause ausgesprochene Ansicht, die Inschrift auf den preußischen Kanonen „ultima ratio regis“ [das letzte Wort des Königs] würde nächstens in „ultimi regis ratio“ [das Wort des letzten Königs] umgewandelt werden müssen, nunmehr baldigst in Erfüllung zu gehen verspräche.
[Dieser Ausspruch findet sich in Heines Einleitung zu „Kahldorf über den Adel“, die er im März 1831 schrieb. Nach Meyers Bericht fiel also das Wort schon 1829 in Berlin.]
204. Rosa Maria Assing115
10. September 1830
[R. M. Assing an Varnhagen, Hamburg, 10. September 1830:] Eben war Doktor Heine bei mir und läßt Dich bestens grüßen. Er meint, Du müßtest in dieser Zeit wohl sehr beschäftigt sein, da er auf zwei Briefe keine Antwort von Dir habe. Er war in Helgoland im Seebade, und sieht sehr gesund aus, übrigens ist er durch die Ereignisse der Zeit sehr aufgeregt und hat in voller Begeisterung mehreres Politische geschrieben,