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lästigen Scheidung herumplagen zu müssen?

      Sollte schon vorgekommen sein.

      Nur noch ein Fenster war zu putzen: das des Schlafzimmers, neben seinem Büro der für mich interessanteste Raum der Wohnung. Ich schob die Gardine zur Seite, öffnete das Fenster und stellte den Eimer, den ich mit frischem Wasser gefüllt hatte, auf die Fensterbank.

      Dann lauschte ich mit angehaltenem Atem. Von Dengelmann hörte ich keinen Laut. Ich hoffte, dass er ganz konzentriert die Partnerbörse durchforstete, denn es war an der Zeit, einen Blick in die Schränke und Kommoden des Schlafzimmers zu werfen.

      Behutsam öffnete ich eine Schranktür nach der anderen – sorgsam darum bemüht, keine verräterischen Geräusche zu verursachen. Das hätte mir gerade noch gefehlt, dass er mich hier beim Schnüffeln in seiner allerprivatesten Sphäre erwischte.

      Ich fand kein einziges weibliches Kleidungsstück – weder im Schrank noch in einer der Kommodenschubladen. Nichts, nada, niente. Keine Bluse, kein Kleid, kein Tuch, keinen Schlüpfer, keinen Rock. Es wirkte ganz so, als hätte Jutta Dengelmann nie existiert.

      Seine Hemden, Pullover, Anzüge, Sakkos und Hosen hatte er großzügig über den ellenlangen Kleiderschrank verteilt, wohl um den zur Verfügung stehenden Platz optimal auszunutzen. Sogar seine zwei Trainingsanzüge hatte er auf Bügel gehängt. In einem Schrankteil entdeckte ich die zweite Garnitur Bettzeug, allerdings ohne Bezüge. Nicht ungewöhnlich, schließlich benötigte er nur ein Kopfkissen und eine Decke. Hinter einer weiteren Schranktür fand ich einen großen Rollkoffer sowie eine altmodische karierte Reisetasche.

      Während ich das Fenster putzte, grübelte ich darüber nach, was wohl mit Jutta Dengelmanns Kleidung und sonstigen persönlichen Dingen passiert war. Hatte er alles umgehend entsorgt, nachdem sie ihn verlassen hatte?

      Neutral betrachtet wäre das eine nachvollziehbare Reaktion: Wozu sollte er ihre Plünnen aufbewahren? Für den Fall, dass sie es sich irgendwann vielleicht anders überlegte und zu ihm zurückkehrte? Aus meiner Sicht fand ich es gesünder, alles loszuwerden, und zwar so schnell wie möglich.

      Ob irgendwelche anderen Dinge in der Wohnung seiner Jutta gehört hatten, konnte ich nicht sagen. Keine Ahnung, ob es ihre oder seine Bücher waren und ob vielleicht sie die Musik-CDs angeschafft hatte.

      Die Wohnung, wie sie sich mir momentan präsentierte, war neutral eingerichtet. Sie trug weder einen explizit weiblichen noch einen männlichen Stempel. Dass die Ausstattung nicht meinem Geschmack entsprach, tat nichts zur Sache.

      Zufrieden marschierte ich durch die Räume und kontrollierte noch einmal alle Fenster, die sich mir glänzend und streifenlos präsentierten – grelle Wintersonne hin oder her. Blieben also nur noch die Fußböden, dann war ich mit meiner Arbeit für heute fertig.

      Ungeachtet der Tatsache, dass Dengelmann nur eine Trockenreinigung verlangte, wischte ich Küche und Bad nass durch, bevor ich mir den Staubsauger schnappte und mich dem Rest der Wohnung widmete. Überaus sorgfältig saugte ich jedes Eckchen, die Teppiche und die Polster, dann klappte ich die Bürste aus und reinigte den Parkettboden von nicht vorhandenem – oder zumindest unsichtbarem – Staub.

      Als ich alles erledigt hatte, blieb nur noch, mich von Dengelmann zu verabschieden und meinen nächsten Einsatz zu vereinbaren.

      Ich klopfte an die Tür seines Arbeitszimmers und wartete diesmal brav ab, dass er reagierte.

      Er rief mich nicht herein, sondern kam raus und fragte: »Haben Sie noch einen Moment Zeit? Ich habe noch ein … äh … Anliegen, dass Sie vielleicht … äh … ungewöhnlich finden werden. Also, ich werde es Ihnen nicht übel nehmen, wenn Sie ablehnen, das vorweg.«

      Na, das klang aber spannend. Und auch ein bisschen verstörend, um ehrlich zu sein.

      Er ging vor mir her in die Küche und bat mich, Platz zu nehmen. Er setzte sich ebenfalls und knetete nervös seine Hände. Schließlich sagte er: »Zuerst möchte ich mich für mein unhöfliches Verhalten vorhin entschuldigen. Als Sie in mein Arbeitszimmer kamen. Ich war einfach erschrocken. Wenn ich so konzentriert am Rechner sitze …«

      Klar, dachte ich bissig, wenn man gerade durch einen Katalog mit potenziell willigen Weibern blättert, braucht man seine ganze Konzentration.

      Dennoch gab ich mich großzügig. »Schon vergessen, Herr Dengelmann.«

      Er nickte geistesabwesend. »Schön. Schön. Sagen Sie – können Sie eigentlich gut kochen, Frau Luchs?«

      Nun, zumindest konnte ich essbare Mahlzeiten produzieren, von denen man nicht krank wurde. Ob ich gut kochte, hatte ich mich nie gefragt. Bisher schien es meinen Gästen jedenfalls immer geschmeckt zu haben.

      »Seltsame Frage«, erwiderte ich. »Ja, ich koche. Ziemlich oft sogar. Und bisher hat sich niemand beschwert. Ob ich gut koche, ist sicherlich eine Frage der Perspektive. Aus Sicht eines Sternekochs nicht unbedingt, aber für den Alltagsgebrauch reicht es, denke ich. Warum interessiert Sie das? Wollen Sie mir anbieten, meinen Einsatz bei Ihnen auszuweiten? Keine Lust mehr auf Pizzaservice?«

      Er sah mich irritiert an. »Wie kommen Sie auf Pizzaservice?«

      Ich zuckte mit den Achseln. »Ganz einfach: Bei unserem ersten Zusammentreffen stand unter diesem Tisch eine große Plastiktasche, die offenbar als Sammelbehälter für Altpapier und speziell für leere Pizzakartons diente. Für mich ein deutlicher Hinweis auf Ihre Essgewohnheiten.«

      Puh. Innerlich wischte ich mir den Schweiß von der Stirn. Gott sei Dank hatte dort diese Tasche gestanden – ansonsten hatte nur Frau Berger davon erzählt. Und das hätte ich nur äußerst ungern preisgegeben.

      Er nickte geistesabwesend. »Ah so, hm, natürlich. Das Altpapier habe ich in der Zwischenzeit entsorgt.«

      Interessant, dein Altpapier, dachte ich und hatte das bestimmte Gefühl, dass wir uns meilenweit vom eigentlichen Thema befanden.

      »Um auf Ihre Frage zurückzukommen …«, sagte ich und sah ihn auffordernd an.

      »Hm? Ja, genau. Also ich hätte da ein Anliegen. Ich benötige Hilfe bei einem …«, er räusperte sich umständlich, »oder anders: Ich habe einen Gast zum Essen … äh … eingeladen. Eine Dame.«

      Ach was. Das ging aber flott.

      Etwa eine von der Partnerbörse? Und die kam so mir nichts, dir nichts zu ihm nach Hause? Interessant.

      Das durfte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen.

      »Was haben Sie sich denn vorgestellt? Für irgendwelche abgefahrenen Experimente bin ich bestimmt nicht die Richtige. Sie wissen schon: vergoldete Hummerpralinen oder so etwas in der Art. Aber ein akzeptables, bodenständiges Drei-Gänge-Menü traue ich mir durchaus zu. Wann soll es denn stattfinden?«

      Verlegen rutschte er auf seinem Stuhl herum. »Schon morgen. Ich wäre Ihnen für Ihre Hilfe sehr dankbar. Ihre Entlohnung dafür wäre natürlich nicht offiziell, wenn Sie verstehen.« Hoffnungsvoll klebte sein Blick an mir, als er fortfuhr: »Sie sind eine so patente und angenehme junge Frau. Und da dachte ich, ich frage Sie einfach mal.«

      »Was würden Sie denn machen, wenn ich ablehne?«, fragte ich und schenkte ihm ein Lächeln, um die Situation ein wenig zu entspannen.

      »Dann muss ich wohl irgendeinen Lieferservice bemühen«, sagte er.

      Ich winkte ab. »Toll. Nudeln aus der Pappschachtel und Tiramisu zweifelhafter Herkunft? Und davor ein labbriger Salat mit fettiger Tunke aus einer großen Plastikflasche? Damit werden Sie kaum Staat machen können.« Ich tat so, als müsste ich kurz nachdenken, dann sagte ich: »Wissen Sie was? Warum eigentlich nicht. Ich werde für Sie und Ihren Gast kochen. Wann erwarten Sie Ihren Besuch denn?«

      »Um sieben Uhr.«

      »Dann bin ich spätestens um fünf hier. Geben Sie mir ein vernünftiges Budget, dann kümmere ich mich um alles, auch um die Tischdekoration.«

      Abwehrend hob er die Hände. »Bitte, alles soll ganz schlicht sein. Ich möchte nicht den Eindruck erwecken …« Er brach

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