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Schokocreme mit Zimtsahne und Himbeersoße.

      Die Einkaufsliste war gefühlt achtzehn Kilometer lang. Zur Sicherheit würde ich nicht davon ausgehen, dass er irgendetwas im Haus hatte – nicht einmal Honig, Butter oder Alufolie.

      Ein Satz im Rezept für den Nachtisch erheiterte mich sehr. Weil die Menge Schokocreme größer war als die vier Nocken, die gebraucht wurden, stand dort: Übrige Schokocreme am nächsten Tag essen.

      Na, das wüsste ich aber.

      Die übrige Schokocreme würde noch am selben Tag gegessen werden, und zwar von mir.

      Kapitel 11

      Loretta entscheidet, dass sie auch mal Nein sagen muss – und erlebt dann noch eine Überraschung, mit der sie im Leben nicht gerechnet hätte

      Am nächsten Morgen ging ich als Erstes einkaufen, da die Schokocreme für vier Stunden in den Kühlschrank musste, um ihre optimale Konsistenz zu erreichen. Wenn ich also am späten Nachmittag zu Dengelmann wollte, war es opportun, den Tag um acht Uhr zu beginnen.

      Angesichts meiner ellenlangen Liste begab ich mich also ins größte Hier-gibts-alles-Einkaufszentrum der Region, da ich keine Lust hatte, auch noch verschiedene Geschäfte anzusteuern, um alles Nötige zu bekommen. Gerade stand ich in der Abteilung für hübsch gedeckte Tische und sinnierte über die Farbe der Kerzen, als mir siedend heiß einfiel, dass ich nicht wusste, wie das zur Verfügung stehende Service aussah. Oder ob der Mann eine weiße Tischdecke hatte.

      Kurz entschlossen rief ich ihn an.

      »Dengelmann.«

      »Guten Morgen, hier ist Loretta Luchs. Es geht um heute Abend.«

      »Sie wollen doch nicht absagen?« Seine Stimme hatte einen leicht hysterischen Einschlag.

      »Nein, keine Sorge. Es geht um … also, ich kaufe gerade ein und habe einige Fragen.«

      »Ja?«

      »Haben Sie eine weiße Tischdecke, Herr Dengelmann? Ich möchte doch den Tisch hübsch eindecken, deshalb muss ich das wissen. Haben Sie auch Stoffservietten? Oder reicht Papier? Und, ganz wichtig: Wie sieht Ihr Geschirr aus? Hat es ein Muster? Danach richtet sich nämlich die Farbe der Kerzen. Und der Blumen, falls ich welche besorgen soll.«

      Fassungsloses Schweigen.

      Ich wartete ein Weilchen, dann fragte ich: »Herr Dengelmann? Sind Sie noch dran?«

      Konnte ja sein, dass er ohnmächtig geworden oder in einen Schockzustand gefallen war, man wusste ja nie.

      »Ich ... äh ... ja, ich bin noch dran.« Ich hörte, wie er Schranktüren öffnete. Dann fuhr er fort: »Weiße Tischdecken habe ich. Und Stoffservietten ebenfalls. Geschirr …« Weitere Schranktüren wurden geöffnet. »Hier stehen mehrere. Weiß mit Goldrand, weiß mit Blümchenmuster und eins in so einem hellen Beige oder Elfenbein oder wie sich das nennt. Das hat am Rand so ein eckiges griechisches Muster, ebenfalls in Gold. Mäander. Wissen Sie, was ich meine?«

      »Klar. Das nehmen wir. Ich gucke dann mal, was ich Passendes an Dekoration finden kann.«

      »Keine Rosen«, sagte er hastig.

      »Keine Rosen. Das hatten wir ja bereits besprochen. Alles wird schön, aber schön dezent. Stilvoll, ohne aufdringlich zu sein. Die Dame wird keine zweideutigen Botschaften herauslesen können, versprochen.«

      »Das wäre mir auch sehr unangenehm«, murmelte er. »Wirklich, sehr unangenehm.«

      Das hatte ich mittlerweile nun wirklich verstanden, auch ohne dass er es wieder und wieder betonte.

      »Wollen Sie wissen, was ich kochen werde? Dann kann ich notfalls noch umschwenken, falls Ihnen eine Komponente nicht gefällt. Oder mehrere.«

      Ja, er wollte, also erklärte ich ihm das geplante Menü.

      »Das klingt sehr schmackhaft«, sagte er dann.

      »Freut mich, dass es Ihnen zusagt. Zwei Dinge könnten kritisch werden: der Ziegenkäse und die Nusskruste. Nicht jeder mag Ziegenkäse, und falls die Dame eine Nussallergie hat, wird sie im schlimmsten Fall anschwellen wie ein Fesselballon und keine Luft mehr kriegen. Und dann ist der schöne Abend zu Ende, bevor er richtig begonnen hat. Eine Leiche zum Dessert, Sie wissen schon. Braucht ja kein Mensch.«

      Ihm entfuhr ein kurzes Kichern, als würde ihm diese Vorstellung gefallen. »Ich mag Ziegenkäse. Und ich habe keine Nussallergie. Alles bestens, also.«

      Die Vorlieben oder eventuellen gesundheitlichen Probleme der Dame waren ihm also so egal wie nur was.

      Interessant.

      »Ach, da fällt mir gerade noch etwas ein: die Getränke. Soll ich auch Getränke besorgen? Sekt oder so?«

      »Nicht nötig«, erwiderte er. »Ich habe Wein im Haus. Ich bin ohnehin kein Freund von viel Alkohol. Eine Flasche Wein reicht vollkommen aus.«

      Alles andere hätte mich jetzt auch echt gewundert.

      Zu meiner größten Begeisterung entdeckte ich goldene Tortenspitze, die sich hervorragend zu Platzsets zweckentfremden lassen würde. Dazu kamen eine goldene Stumpenkerze und einige kleine Windlichter aus goldgemustertem Glas, in die man Teelichte stellen konnte. Ich hielt inne und dachte nach. Ich musste aufpassen, dass der Tisch nicht aussehen würde wie für eine goldene Hochzeit. Mir fiel ein, dass ich nicht nach dem Besteck gefragt hatte. Wie wirkte wohl silbernes Besteck zu dieser goldenen Opulenz? Kurz entschlossen packte ich noch eine silberne Kerze in den Korb, gefolgt von Windlichtern mit silbernem Muster, so konnte ich mischen, falls nötig. Ob er Serviettenringe hatte? Und wie sahen – falls vorhanden – die Ständer für die Blockkerzen aus?

      Herrje, drehte ich jetzt durch?

      Erneut hielt ich inne und atmete tief durch. Allmählich war es genug, entschied ich, und kehrte der Deko-Abteilung tapfer den Rücken zu.

      Als Nächstes begab ich mich zu den Blumen und wurde schnell fündig: Ich entdeckte ein silbriges Gestrüpp in einem Blumentopf, das mich an Stacheldraht erinnerte – perfekt. Dazu kamen einige kleine gelbe Dahlien und ein Strauß Blümchen, die wie Kamille aussahen.

      Danach arbeitete ich generalstabsmäßig die Lebensmittelliste ab, was sich relativ flott gestaltete. Bereits um kurz nach neun lud ich die Einkäufe in meinen Kofferraum; dann fuhr ich noch zum Wochenmarkt und besorgte alles für ein opulentes Frühstück, das ich zu Hause ausgiebig genoss.

      Schließlich war nicht abzusehen, wann ich das nächste Mal was in den Magen bekommen würde, also gönnte ich mir von geräuchertem Fisch über Rühreier bis hin zu Croissants alles, wonach es mich spontan gelüstete. Das übrigens auf Dengelmanns Rechnung. Immerhin war es in seinem Interesse, dass ich nicht während der Zubereitung des Hauptgangs in seiner Küche kollabierte, weil ich unterzuckert war.

      Um Punkt fünf klingelte ich bei Dengelmann. Meine Einkaufstüten sowie eine Klappkiste mit der Deko und der fertigen Schokocreme stapelten sich vor der Haustür.

      »Ich könnte eine helfende Hand gebrauchen«, sagte ich in die Gegensprechanlage, als er sich meldete.

      Drei Sekunden später war er unten an der Tür und packte mit an. Ich fragte mich, ob Frau Berger wohl wieder an ihrem Türspion klebte, hatte aber bei meiner Ankunft kein Licht in ihrer Wohnung gesehen.

      Vielleicht war sie ja gar nicht zu Hause, und Dengelmann konnte die Puppen tanzen lassen, ohne dass seine Nachbarin daraus ein neues Horrorszenario machen würde.

      Wir schleppten die Ausbeute meiner morgendlichen Einkaufsorgie in die Küche und stellten alles auf der Arbeitsfläche ab.

      »Wollen Sie gleich abrechnen?«, fragte ich, aber er schüttelte den Kopf.

      »Das machen wir in Ruhe, wenn Sie am Montag zum Putzen kommen, einverstanden? Jetzt haben Sie doch bestimmt anderes zu tun.«

      Da hatte er recht. Mein Kopf war bereits damit beschäftigt,

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