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      »Ich vertraue Ihnen«, sagte er feierlich.

      Um Punkt sieben Uhr klingelte es. Kartoffeln und Sellerie standen bereits auf dem Herd und köchelten vor sich hin, und nun schob ich die Feigen mit dem Frischkäse in den Backofen.

      Als er und sein Gast an der Küchentür vorbeikamen, hörte ich die Frau sagen: »Da bin ich aber mal gespannt, was du mir Schönes auftischen wirst, Gerry.«

      Mich traf beinahe der Schlag, denn ich erkannte die Stimme sofort.

      Gerhard Dengelmanns Gast an diesem Abend war Frau Berger.

      Kapitel 12

      Manchmal erweisen sich Entscheidungen im Nachhinein als besonders vorausschauend, auch wenn das nicht die ursprüngliche Absicht war

      Mit allem hatte ich gerechnet, aber nicht mit Frau Berger. Was hatte die denn hier oben zu suchen – bei dem Mann, den sie für den Mörder ihrer verschwundenen Freundin hielt?

      Mir wurde spontan übel bei dem Gedanken, dass sie plante, ihn mit ihrem Verdacht zu konfrontieren. Was versprach sie sich davon?

      Und Dengelmann?

      Wieso lud er sie zum Essen ein, wenn sich laut Frau Berger ihr Kontakt doch darauf beschränkte, dass er sie beschimpft und verkündet hatte, froh zu sein, sie nie wieder sehen zu müssen? Und ihr empfohlen hatte, sich um ihren eigenen Dreck zu kümmern?

      Dem Backofen entströmte würziger Duft, der jeden Moment ins Verbrannte umkippen würde.

      Herrje … die Feigen! Hektisch riss ich die Klappe auf und den Rost heraus. Das hätte jetzt noch gefehlt, dass ich das Essen versaute.

      Während ich die Feigen mit dem in ihnen gratinierten Ziegenkäse auf zwei Teller setzte und mit Honig beträufelte, rasten meine Gedanken.

      Ich hatte absolut keine Ahnung, was ich machen sollte. Einfach den Abend durchziehen? War es klug, wenn die Berger von meiner Anwesenheit wusste – oder vielleicht gerade nicht? Wusste sie vielleicht ohnehin davon? Dass ihre Wohnung dunkel gewesen war, musste kein zwingender Beweis für ihre Abwesenheit sein.

      Als die Küchentür sich plötzlich öffnete, wäre ich vor Schreck beinahe unter den Tisch gehechtet.

      »Das duftet aber lecker«, sagte Dengelmann, dessen Blick wohlgefällig auf den Tellern mit den hübsch angerichteten Feigen ruhte.

      »Die … die sind auch lecker«, erwiderte ich und unterdrückte ein hysterisches Gackern. Innerlich dankte ich welcher höheren Macht auch immer, dass ich mich erfolgreich dagegen gewehrt hatte, das Essen zu servieren. Dann hätte ich jetzt schön blöd dagestanden. Von der Berger ganz zu schweigen. Immerhin hatte sie Erwin und mir gegenüber kein Wort darüber verloren, dass sie sich mit Dengelmann zu treffen gedachte.

      »Guten Appetit«, fügte ich lahm hinzu, als er mit dem Servierwagen abdackelte.

      So gern ich Erwin angerufen hätte – mir fehlte die Zeit, denn ich musste umgehend mit der Zubereitung des Hauptgangs beginnen. Und wie gern ich erst belauscht hätte, was die beiden im Esszimmer zu bequatschen hatten …

      Mühsam raffte ich meine fünf Sinne zusammen, um mich auf das zu konzentrieren, was jetzt anlag. Wenn der Hauptgang auf dem Tisch stand, hatte ich ein wenig Verschnaufpause, um die überraschende Entwicklung der Ereignisse zu überdenken.

      Ich briet das Fleisch an, bedeckte die Medaillons mit der Nusskruste und verfrachtete sie in den Backofen. Zum Bratensatz in der Pfanne kamen etwas Brühe und Rotwein, die von allein zu einer Soße einreduzieren würden.

      Fleisch: erledigt.

      Was als Nächstes?

      Die Möhren. Putzen, ein wenig Grün stehen lassen, mit etwas Butter in eine weitere Pfanne, fünf Minuten dünsten: erledigt. Immer wieder drifteten meine Gedanken weg, immer wieder musste ich mich zur Ordnung rufen. Das Püree fehlte noch, verdammt. Der abgegossenen, weich gekochten Mischung aus Kartoffeln und Sellerie verabreichte ich einen ordentlichen Klotz Butter und etwas Muskatnuss, dann rückte ich ihr mit einem Stampfer zuleibe. Es tat gut, ordentlich Kraft aufwenden zu müssen – so konnte ich ein wenig von dem Adrenalin abbauen, das mir durch den Körper schoss.

      »Perfektes Timing«, sagte ich, als Dengelmann mit dem Servierwagen in die Küche kam. »Sie können den Hauptgang gleich mitnehmen.«

      Er sah mir zu, wie ich die Teller anrichtete. »Wollen Sie nicht wissen, wie die Vorspeise angekommen ist?«

      Herrje – nichts auf der Welt interessierte mich im Moment weniger.

      Ich rang mir ein Lächeln ab und vermied es, ihn anzusehen. »Niemand hat unter Protest und türenschlagend die Wohnung verlassen oder hat die Küche gestürmt, um sich zu beschweren. Ganz gut also, schätze ich.«

      Dengelmann lachte leise. »Mir hat es wunderbar geschmeckt. Wirklich gut.«

      »Und Ihr Gast? War die Dame auch zufrieden?«, fragte ich in der Hoffnung, dass er irgendetwas Verräterisches antworten würde.

      »Ihr Teller ist leer, wie Sie sehen.«

      Alles klar – kryptischer ging es nicht. Oder nein, eigentlich war es vielmehr entlarvend, denn der Subtext war folgender: Mir ist schnurzpiepegal, ob es dieser Frau geschmeckt hat. Das Essen ist der einzige Grund, weshalb ich diesen Abend mit ihr überstehe.

      Ich stellte die Teller auf den Servierwagen und nickte. »Kann losgehen. Ich hoffe, es schmeckt Ihnen beiden.«

      »Mir bestimmt, da bin ich ganz sicher«, erwiderte er und schob ab.

      Hastig schloss ich die Tür hinter ihm. Mit dem Hauptgang würden sie erst einmal beschäftigt sein, also konnte ich Erwin endlich anrufen. Mit fliegenden Fingern fummelte ich mein Handy aus der Jacke, die Gott sei Dank nicht an der Garderobe, sondern über der Lehne eines Küchenstuhls hing. Es dauerte einen Moment, aber schließlich ging Erwin ans Telefon. Im Hintergrund hörte ich den Fernseher lärmen.

      »Wieso rufst du denn jetzt schon an? Bist du etwa schon fertig?«, fragte er sofort.

      »Nein, die sind beim Hauptgang«, flüsterte ich und setzte mich – mit Blick auf die Tür, natürlich – an den Tisch.

      »Wie bitte? Warum flüsterst du?«, brüllte er. »Ich kann dich kaum verstehen!«

      »Mach die Glotze leiser, verdammt. Ich kann nicht lauter sprechen«, zischte ich.

      Ich hörte, wie er mit seinem Täubchen sprach, dann verstummte der Fernseher.

      »So«, sagte er dann in normaler Lautstärke. »Was ist los?«

      »Rate mal, wer die geheimnisvolle Dame ist, die gerade mit Dengelmann drüben im Esszimmer sitzt.«

      »Was? Woher soll ich das denn bitte wissen?«

      »Ich lasse dich nicht ohne Grund raten, Erwin. Du musst jetzt nicht auf gut Glück irgendeinen Namen nennen. Du kennst sie.«

      »Woher sollte ich denn …«

      »Hallo, einer zu Hause, McFly? Du wiederholst dich. Welche Dame kennen wir im Zusammenhang mit Dengelmann? Genau eine einzige! Okay, ich gebe noch einen Hinweis: Sie wohnt im selben Haus wie er.«

      Verblüfftes Schweigen, dann: »Mach keine Witze. Du meinst doch nicht etwa …«

      »Doch, ebendie meine ich. Ich koche heute Abend für Dengelmann und die Berger. Ist das krass, oder was?«

      »Allerdings, das ist es. Hat sie ...«

      Ich zuckte erschrocken zusammen, weil plötzlich die Küchentür aufging.

      Bämm – neuer Adrenalinschub, na danke.

      »Nein, Schatz, keine Ahnung, wann ich zu Hause sein werde. Du, kleinen Moment mal …«, plapperte ich ins Telefon, dann nahm ich es vom Ohr und sagte ziemlich laut: »Irgendwas nicht in Ordnung mit dem Essen, Herr Dengelmann?«

      Er

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