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dem Flur der Etage standen drei junge Kollegen zusammen. Auch sie zeigten ihm „Daumen hoch“.

      Kopfschüttelnd ging er in sein Büro und erkannte, was die Kollegen meinten.

      „Na, jetzt weiß ich, was hier los ist. Wie lange warten Sie schon?“, begrüßte er die ausgesprochen hübsche junge Frau, die auf dem Besucherstuhl seines Büros saß und in einer Akte blätterte. Er ging zum Fenster und öffnete es weit.

      „Fünfzehn Minuten, kein Problem“, meinte sie und streckte ihm die Hand entgegen. Carsten kreuzte die Hände, ließ sich auf seinen Stuhl fallen und begann:

      „Zeit genug, um im Haus für Unruhe zu sorgen. Und legen Sie die Akte bitte wieder zurück.“

      „Warum? Ab sofort sind das auch meine Fälle!“, erwiderte sie und lächelte Carsten an. „Ach so, ja, ich bin Miriam Blum, Kommissaranwärterin und Ihre neue Praktikantin. Und sorry, stimmt, Hände schütteln ist gerade nicht.“

      „Richtig! Und noch mal richtig, Sie sind unsere neue Praktikantin! Richtig ist aber auch, die Praktikantin bekommt eine Akte von mir und nimmt sie sich nicht vom Tisch.“ Er schaute Miriam Blum mit strenger Miene an, dann beugte er sich über seinen Schreibtisch.

      „Wir duzen uns hier alle. Ich bin Carsten, Kollege Hajo kommt auch gleich. Auf gute sechs Monate bei uns.“ Er streckte ihr die Hand entgegen und zog sie jedoch gleich wieder zurück. Die Corona-Pandemie war zwar allgegenwärtig, aber Abstand halten doch noch nicht in Fleisch und Blut übergegangen.

      Carsten fragte die junge Frau über ihren Ausbildungsstand, ihre Ambition, zur Polizei zu gehen, und weitere Details aus. Außerdem informierte er sie darüber, dass man sich unter den Kollegen darauf geeinigt habe, im Haus, wenn irgendwie möglich, keine Masken zu tragen. „Wir achten auf Abstand und lüften ständig“, erklärte er ihr. „Wie du es hältst, bleibt natürlich dir überlassen. Sind wir draußen und dort unter Menschen, ist es natürlich keine Frage, den Schnutenpulli aufzusetzen.“

      Als Hajo zehn Minuten später das Büro betrat, fand er die beiden in ein intensives Gespräch vertieft.

      Tod in der Kiste?

      Der Anruf erreichte die beiden Kommissare, als sie mit Miri – Miriam Blum hatte darum gebeten, dass man sie Miri nannte – im Büro saßen. Miri hatte man Tomkes Schreibtisch zugeteilt.

      Hajo erklärte ihr gerade, was sich heute ereignet hatte. Carsten versuchte zwischendurch, die Firma IMG zu erreichen.

      Reno, der inzwischen den Dienst von Jan an der Zentrale übernommen hatte, meldete: „Die Kollegen von der Spusi haben angerufen. Thomas sagt, im Wald, nahe des gefundenen Wagens, sei eine Kiste explodiert, und sein Chef will, dass ihr euch das anseht.“

      „Wie, sind die noch immer dort?“, antwortete Carsten. „Und was war denn drin in der Kiste? Hat er das nicht gesagt?“

      „Nein, die wollen, dass ihr euch das selbst einmal anschaut.“

      Mit einem Stöhnen legte Carsten den Hörer weg und erklärte: „Hajo, wir müssen noch mal raus. Nahe dem Fundort des Wagens ist was in die Luft geflogen. Und unsere Miri nehmen wir mit. Dann kann sie gleich was lernen. Auf geht’s.“

      Miri rief „Mega!“ und sprang erfreut auf. So hatte sie sich das vorgestellt. Außendienst gleich am ersten Tag.

      Als die drei am Ort des Geschehens ankamen, herrschte hektisches Treiben an einem Feldweg zwischen dem verlassenen Wagen und dem Waldstück.

      Zwei Feuerwehrwagen, ein Rettungswagen und ein Pkw, der mit „Notarzt“ gekennzeichnet war, standen auf dem Weg. Die Feuerwehrleute packten schon wieder ihre Sachen zusammen, zwei Sanis schienen im Rettungswagen weiter hinten beschäftigt, der Notarzt stieg gerade in den Pkw ein und schlug die Tür zu.

      „Moment, Moment, fahrt ihr etwa schon wieder? Was ist denn Sache hier!“ Carsten klopfte an das Fenster der Beifahrertür.

      Der Notarzt kurbelte die Scheibe herunter und erklärte lapidar: „Hier bin ich überflüssig, ich muss weiter. Mein Fahrer hat mir gerade einen Notfall gemeldet, bei dem ich dringender gebraucht werde. Sprechen Sie mit den Sanis.“ Er deutete auf den Rettungswagen.

      Der Fahrer gab Gas, der Arzt legte den Sicherheitsgurt um und die beiden brausten davon.

      Carsten und Hajo schauten sich verwundert an und marschierten, mit Miri im Schlepptau, auf den Rettungswagen zu. Die Kollegen der Spurensicherung konnten sie nirgendwo sehen. Die angeblich explodierte Kiste ebenfalls nicht.

      „Das ist ja ein Auflauf hier!“, bemerkte Miri mit großen Augen und setzte ihr obligatorisches „Mega!“ hinterher.

      Wenn der Notarzt nichts machen konnte, dann hat es sicher einen Toten gegeben.

      Ob es sich wohl um den Fahrer des verlassenen Wagens handelt?, überlegte Carsten.

      Seine Gedanken behielt er allerdings für sich und schaute in den Rettungswagen. Die Liege war leer, die beiden Sanis nahmen gerade die Schutzmasken ab und räumten ihre Sachen zusammen. Carsten kannte sie beide.

      Fragend deutete er auf die Liege. Der Sani verstand. Er beugte sich aus der Tür und zeigte Richtung Wald. „Deine Kollegen von der Spusi sind vor Ort.“

      „Meine Güte, macht ihr das spannend!“, konnte sich Hajo nun nicht mehr zurückhalten. „Wo ist die Leiche? Oben am Waldrand?“ Aber der Sani war schon wieder im Wagen verschwunden.

      So stapften die drei den Weg entlang, vorbei an den beiden Feuerwehrfahrzeugen, Richtung Waldrand. Nun konnten sie auch erkennen, dass dort die Kollegen von der Spusi zugange waren. Eine Frau saß etwas abseits im Gras.

      Als sie näher kamen, bemerkte Carsten, dass ihre Handgelenke bandagiert waren, auch um die Knöchel trug sie Verbände.

      „Die sagen uns jetzt aber nicht, dass das die Fahrerin des verlassenen Wagens ist, oder?“, raunte Carsten seinem Kollegen zu. Miri spitzte die Ohren. Mein Gott, das war ja mega spannend!

      Rikus Stevenson, Chef der Spurensicherung und – wie er sich bezeichnete – Aushilfsleichenfledderer, war vor Ort und begrüßte sie mit den Worten: „Darf ich vorstellen? Das ist Jana Briggs, sie war hier in dieser Kiste eingesperrt und hat die Explosion überlebt, sogar fast unbeschadet, wie ihr sehen könnt.“

      Carsten konnte es nicht fassen.

      „Ich denke, hier ist eine Kiste explodiert? Wie kann das …“

      Rikus schüttelte den Kopf.

      „Das kann man so nicht sagen. Das außen angebrachte Schloss ist explodiert, nicht die Kiste selbst. Heißt: Es war dort eine kleine Zeitbombe angebracht, die das Schloss sprengte.“

      „Und was ist mit ihr? Ich meine, was ist mit Ihnen?“, wandte Carsten sich an die junge Frau.

      „Warum sind Sie nicht im Rettungswagen und lassen sich verarzten?“, wollte nun auch Hajo wissen.

      „Weil es mir nach dem ersten Schock und nachdem man meine Verletzungen behandelt hat, ziemlich gut geht. Ich kann das selbst ganz gut beurteilen, schließlich habe ich Medizin studiert. Nur in meinen Ohren pfeift es, aber sonst ist alles gut. Ich will auf keinen Fall ins Krankenhaus. Meine Eltern erwarten mich zu Hause. Sicher machen die sich bereits große Sorgen. Schließlich sollte ich schon heute Nacht bei ihnen eintreffen.“

      „Die werden sich noch gedulden müssen. Zuerst werden wir uns unterhalten. Was zum Teufel ist passiert? Rufen Sie Ihre Eltern an und erklären ihnen, dass es noch etwas dauert.“

      „Mein Handy liegt im Wagen und der Mensch hier lässt mich nicht ran.“

      Sie deutete auf Rikus.

      „Recht hat er, der Mensch. Zuerst muss sich die Spurensicherung Ihren Wagen und vielleicht auch das Handy ansehen, dann dürfen Sie telefonieren.“

      „Aber meine Eltern …!“, warf Jana ein.

      Hajo zückte sein Smartphone und forderte sie auf: „Geben Sie mir die Nummer,

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