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Ein bewegliches Motiv im Winter erfordert meistens höhere ISO-Werte. | Montferland | Michel Geven | Nikon D800 mit Nikon 600 mm 1:4, 1/60 s, Blende 5,6, ISO 1600

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       Naturphänomen im Januar

       1.6Eishaar

       Ron Poot

      Der Bart von König Winter: – das ist der anschauliche Name für eine seltene, doch faszinierende Naturerscheinung: Eishaar oder Haareis. Man begegnet ihm nicht einfach so. Viele Bedingungen müssen erfüllt sein, ehe Eishaar erscheint. Die Befriedigung, wenn man es findet, ist dann aber umso größer!

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       Ein wenig Sonnenlicht erweckt Ihr Bild zum Leben, bedeutet jedoch auch schnell das Ende für das Eishaar. | Ugchelen | Nel Appelmelk | Canon EOS 5D III mit Canon 100 mm 1:2,8 Makro und 12-mm-Zwischenring, 1/10 s, Blende 9, ISO 125

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       Aus der Nähe eignet sich Eishaar hervorragend für abstrakte Fotos. | Hoog Soeren | Nel Appelmelk | Canon EOS 7D mit Canon 100 mm 1:2,8 Makro, 1/30 s, Blende 11, ISO 250

      Was ist Eishaar? Genau genommen ist es gefrorener Atem – nicht von Menschen oder Tieren, sondern von mikroskopisch kleinen Schimmelpilzen, die in Totholz leben. Diese Schimmelpilze atmen unter anderem Wasserdampf aus und pressen diesen aus den winzigen Poren des Totholzes. Wenn es draußen friert, dann verwandeln sich die Wassertröpfchen in Eiskristalle. Allmählich wachsen immer mehr Eiskristalle zu langen dünnen Eisdrähten zusammen.

      Wo und wann trifft man auf Eishaar? Man findet es im Wald auf totem Laubholz, von dem die Rinde schon verschwunden ist. Die Luftfeuchtigkeit muss 100 Prozent betragen, ideal ist die Zeit nach einer Regenperiode. Und natürlich muss es ein wenig frieren, aber auch nicht zu stark oder anhaltend, denn sonst stellen die Schimmelpilze den Stoffwechsel ein, und es passiert: nichts.

      Worauf müssen Sie als Fotograf achten? Fangen Sie mit dem Wetterbericht an – der erste Frost nach einer relativ warmen und nassen Zeit ist am besten, weil dann die Mikroorganismen noch munter bei der Arbeit sind. Wenn Sie Eishaar finden, dann berühren Sie es nicht. Es ist äußerst zerbrechlich und schmilzt sehr schnell. Die Lichtverhältnisse im winterlichen Wald sind meistens schlecht; nehmen Sie deshalb ein Stativ oder einen Bohnensack mit. Schauen Sie sich gut in der Gegend um, ob Sie vielleicht noch mehr Exemplare finden, und wählen Sie das schönste aus. Nach einer ersten Serie dokumentierender Aufnahmen können Sie tiefer eintauchen: Suchen Sie nach schönem Lichteinfall, Gegenlicht, Streiflicht und entdecken Sie die zahllosen Schattennuancen, die die hyperfeine Struktur des Eishaars freilegen.

      Arten im Januar

       Bartmeise

       Daan Schonhoven

      Die Bartmeise mit ihrem typischen Backenbart ist zweifellos eine der fotogensten Vogelarten. Bartmeisen leben in ausgedehnten Riedfeldern. Im Winter schwärmen die Vögel aus; dann kann man sie auch in kleineren Schilfflächen antreffen.

      Es ist wichtig, dass Sie den Ruf der Bartmeisen kennen, an dem man schon aus der Ferne hört, dass sie kommen. An stillen Wintertagen sind die Laute der Bartmeise reine Magie. Apropos windstill: Windstille Tage sind sehr praktisch, um Bartmeisen zu fotografieren, wenn sie in den Schilfrispen auf der Suche nach Samen sind. Die Vögel klettern dann höher hinauf; zudem hält sich die Störung durch vom Wind aufgescheuchte, umherflatternde Vögel in Grenzen.

      Bartmeisen bleiben nie lange an einem Ort und sitzen zudem meist in nassen, undurchdringlichen Riedfeldern. Deshalb ist es keine Option, sich den Bartmeisen zu nähern. Um Bartmeisen zu fotografieren, postiert man sich am besten an einem strategisch günstigen Fleck, von dem man weiß, dass sie ihn regelmäßig aufsuchen, und lässt die Vögel zu sich kommen. Bartmeisen haben oft feste Routen, entlang derer sie sich Futter beschaffen. Tarnung ist nicht unbedingt erforderlich; viel wichtiger ist es, sich nicht oder kaum zu bewegen und das Gesicht hinter der Kamera zu verstecken.

      Bei Frost sind die Möglichkeiten optimal, weil die Samen dann nicht ins Wasser fallen, sondern auf dem Eis liegenbleiben. Die Vögel suchen ihr Futter dann häufig auf dem Boden, um einfacher an Nahrung zu gelangen.

      In der Brutzeit von April bis Juni – Bartmeisen brüten bis zu drei Mal pro Jahr – stehen die Chancen gut, Familiengruppen zu treffen, die meist lautstark unterwegs und hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt sind. Auch die Jungvögel sehen prächtig aus.

      Bartmeisen sind im Ried wahre Akrobaten. Auf dem absolut genialsten Foto, das man von einer Bartmeise aufnehmen kann, hält sie mit gespreizten Beinen zwei unterschiedliche Riedstängel umklammert. Man kann so etwas häufiger beobachten, doch davon ein gutes Foto zu machen, ist nicht einfach.

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       Bartmeisen sind eigentlich nie allein. Das macht es schwierig, eine ansprechende Komposition zu finden, bei der sich die Vögel nicht gegenseitig im Weg sind. | Marcel Langelaan | Canon EOS 7D mit Canon 500 mm 1:4L und 1,4-fach-Telekonverter, 1/1000s, Blende 6,3, ISO 32

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       Schnee: wunderschönes weißes Dekorationsmaterial, das die hässlichste Umgebung in eine magische Märchenlandschaft verwandeln kann. | Hohes Venn | Roeselien Raimond | Canon EOS 5D III mit Canon 100–400 mm 1:4,5–5,6L bei 112 mm, 1/2000s, Blende 8, ISO 400

       2Februar

      Es ist nasskalt und grau, wo bleibt nur der Winter?! Ohne Schnee ist so überdeutlich sichtbar, wie kahl die Welt zu dieser Zeit des Jahres ist: keine Blätter, keine Blüten, fast keine Insekten.

       Roeselien Raimond

      Makrofotografen sind wohlweislich in Winterschlaf gegangen und warten darauf, dass die ersten Frühlingsboten an die Tür klopfen. Selbst als Vogel- und Landschaftsfotograf möchte man sich an diesen dunklen Tagen am liebsten ständig drinnen aufhalten. Da gäb’s zwar wilde Tiere wie Hirsche und Füchse, doch in einer derart farblosen Landschaft ist auch mit ihnen kein Blumentopf zu gewinnen.

       Pausenmonat

      Dieser fotografische Pausenmonat hat auch seine Vorteile, doch irgendwann kommt der Moment, an dem das Fotoarchiv überarbeitet und aufgeräumt ist, und dann will man wirklich raus. Voller Hoffnung starren wir aus dem Fenster – und sehnen uns nach ein paar weißen Flocken. Sogar Scheibenkratzen fänden wir plötzlich spannend.

      Denn wenn der Winter kommt, wird alles wie von selbst fotogen. Wir greifen uns unsere Kamera und rennen wie kleine Kinder nach draußen. Landschaftsfotografen haben ihre helle Freude an weißen, weiten Winterlandschaften, und auch ein Vogel oder ein wildes Tier im Schnee lässt so manches Fotografenherz höher schlagen. Selbst der Makrofotograf reibt sich spontan den Schlaf aus den Augen, um sich auf Eiskristalle oder bereifte Blätter zu stürzen. Wenn es nur mal wintern wollte, dann würde die Welt von alleine schön.

       Stille vor dem Sturm

      Doch auch ohne weißes Kleid und bei Temperaturen über null zeigt sich ein Hoffnungsschimmer am Horizont. Jetzt ist nämlich die Zeit, in der die Natur ganz langsam zu erwachen beginnt

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