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Daniel runzelte die Stirn. »Wollen Sie das Kind denn wirklich nur, weil Sie Angst haben, daß Ihre Ehe sonst annulliert werden könnte?

      Chiara zuckte die Schultern. »Ich weiß es selbst nicht.« Sie schwieg einen Moment, dann trat ein zärtlicher Ausdruck in ihre Augen. »Ich habe mir immer ein Kind gewünscht, aber…« Unschlüssig sah sie Dr. Daniel an. »Vielleicht habe ich mir das ja auch nur eingeredet.«

      Da lächelte Dr. Daniel. »Nein, Chiara, ich bin sicher, daß Sie sich das nicht nur eingeredet haben. Sie sind inzwischen bloß völlig verunsichert.« Er zögerte, dann fügte er hinzu: »Ich fürchte, man hat Ihnen in den vergangenen Monaten sehr zugesetzt, weil Sie nicht schwanger geworden sind.«

      Chiara nickte. »Meine Eltern haben gesagt, ich würde Schande über die Familie bringen. Wissen Sie, meine drei Schwestern haben alle schon Kinder, nur ich…, ich habe es noch nicht geschafft.«

      »Das klingt, als würde es sich um einen Wettbewerb handeln«, meinte Dr. Daniel. »Chiara, Sie stellen sich auf diese Weise unter einen unnötigen Zwang. Ich habe in meiner Praxis schon mehrfach Frauen behandelt, die verbissen auf ein Baby hingearbeitet haben – wenn auch aus anderen Gründen als Sie. Geklappt hat es meist erst, wenn sie sich von diesem Zwang befreien konnten.« Er sah das Unverständnis auf Chiaras Gesicht. Daher fuhr er fort: »Sehen Sie, jegliche Streßsituation kann den normalen Zyklus einer Frau durcheinanderbringen. Das bedeutet, daß der Eisprung fast immer ausbleibt, wenn die Frau unter körperlicher oder psychischer Spannung steht. Genauso ist es jetzt auch bei Ihnen, und ich vermute, daß Sie im Augenblick gar keinen Eisprung haben und eben aus diesem Grunde auch nicht schwanger werden können.«

      »Aber…, dann ist es ja aussichtslos«, befürchtete Chiara. »Wenn ich nicht schwanger werde, muß ich Angst haben, daß Elio mich verläßt, und solange ich Angst habe, kann ich nicht schwanger werden.«

      Dr. Daniel erkannte, daß er anders vorgehen mußte. Es würde notwendig sein, diesen Elio in das Gespräch mit einzubeziehen. Auf diese Weise könnte sich Dr. Daniel auch ein Bild von dem jungen Mann machen

      und vielleicht herausfinden, ob

      Chiaras Angst tatsächlich berechtigt war.

      »Wären Sie einverstanden, wenn ich mich auch mal mit Ihrem Mann unterhalten würde?« fragte er.

      Im ersten Moment wollte die junge Frau den Kopf schütteln, überlegte es sich dann aber anders.

      »Ja, ich bin einverstanden, Herr Doktor«, stimmte sie zu. »Wenn Elio weiß, daß ich mich wirklich bemühe, ein Kind zu bekommen, wird er mit der Annullierung der Ehe sicher noch warten.«

      *

      Elio Sandrini war erstaunt, als er nach Hause kam und feststellen mußte, daß Chiara nicht daheim war. Sein erster Gedanke war, daß sie vielleicht wieder zu ihren Eltern gegangen war, doch als er das Haus verlassen wollte, sah er seine Frau mit einem fremden blonden Mann die Straße heraufkommen.

      Elios Stirn legte sich in bedrohliche Falten.

      »Was hat das zu bedeuten?« wollte er wissen, kaum daß

      Chiara in Hörweite war.

      »Elio, das ist Dr. Daniel, ein deutscher Arzt, der hier gerade Urlaub macht«, erklärte Chiara sofort. »Monsignore Antonelli hat mich auf ihn aufmerksam gemacht. Dr. Daniel ist Frauenarzt.«

      Die Falten auf Elios Stirn glätteten sich wieder. Mit einem freundlichen Lächeln reichte er Dr. Daniel die Hand.

      »Buon giorno, dottore«, grüßte er höflich, doch weiter kam er nicht, denn Chiara mischte sich ein. »Dr. Daniel versteht leider kein Italienisch.«

      »Ich fürchte, dann wird es schwierig«, meinte Elio. »Durch die deutschen Touristen, mit denen ich gelegentlich zu tun habe, kann ich zwar ein bißchen Deutsch, aber…«

      »Sie beherrschen meine Sprache sogar ganz ausgezeichnet«, fiel Dr. Daniel ihm ins Wort. »Ich nehme an, Sie können sich denken, worüber sich Ihre Frau mit mir unterhalten hat.«

      Elio nickte. »Natürlich kann ich mir das denken, Herr Doktor.«

      Mit einer einladenden Handbewegung ließ er Dr. Daniel eintreten und bot ihm Platz an, dann setzten er und Chiara sich ihm gegenüber, und Dr. Daniel bemerkte, wie sie sich zärtlich bei den Händen hielten. Spätestens in diesem Moment wußte Dr. Daniel, daß Chiaras Angst, von Elio verlassen zu werden, wirklich grundlos war. Überhaupt machte der junge Mann einen äußerst sympathischen Eindruck auf ihn.

      »Es kann natürlich eine Menge Gründe geben, weshalb Ihre Frau nicht schwanger wird«, meinte Dr. Daniel. »Genaueres kann ich erst nach einer gründlichen Untersuchung sagen, aber zumindest eines scheint mir jetzt schon bedenklich: Ihre Frau steht unter einem viel zu großen Leistungszwang.«

      »Ich weiß«, erklärte Elio, und in seiner Stimme schwang ein ärgerlicher Unterton mit. »Erst heute habe ich mit meinen Schwiegereltern darüber gesprochen. Es geht einfach nicht, daß sie Chiara in dieser Art und Weise zusetzen, aber…« Er zuckte die Schultern. »Mein Schwiegervater ist eine sehr dominierende Persönlichkeit, und er hat seine Familie von Anfang an unterdrückt. Keines seiner Kinder wagt ihm zu widersprechen – nicht einmal sein ältester Sohn, und der ist mittlerweile schon fast dreißig.«

      Dr. Daniel nickte. So ähnlich hatte er sich das vorgestellt, obwohl ein solches Verhalten für ihn überhaupt nicht nachzuvollziehen war. Er selbst hätte sich seinen Kindern gegenüber niemals zu einem despotischen Herrscher aufgeschwungen.

      »Ich habe es vorhin zu Chiara schon gesagt«, meinte Dr. Daniel. »Der Zyklus einer Frau ist durch äußere Einflüsse sehr leicht durcheinanderzubringen. Das heißt in Ihrem Fall, daß Chiara möglicherweise gar keinen Eisprung hat. Und je massiver die Streßsituation wird, um so schwieriger kann es sein, diesen normalen Zyklus wieder in Gang zu bringen.«

      Elio und Chiara tauschten einen Blick.

      »Ich werde mich bemühen, für Chiara eine möglichst entspannte Atmosphäre zu schaffen«, versprach Elio, dann sah er Dr. Daniel an. »Werden Sie trotzdem eine Untersuchung vornehmen? Ich meine…, wenn es nur an dieser unglücklichen Situation liegt, dann müßte man Chiara doch nicht noch zusätzlich quälen.«

      »Das ist letzten Endes eine Entscheidung, die nur Sie beide treffen können«, entgegnete Dr. Daniel. »Aufgrund des wenigen, was ich weiß, kann ich körperliche Gründe natürlich nicht ausschließen. Eine umfassende Untersuchung ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht unbedingt erforderlich. Sie können erst mal versuchen, ob es mit der Schwangerschaft klappt, wenn die störenden Faktoren beseitigt sind – sofern sich das angesichts der Eltern Chiaras überhaupt durchführen läßt.« Er schwieg einen Moment. »Wenn Sie sich dann aber doch zu einer gründlichen Untersuchung entschlie-ßen sollten, würde ich Ihnen dringend empfehlen, einen gu-ten Gynäkologen aufzusuchen.«

      Wieder tauschten Elio und Chiara einen langen Blick.

      »Ich glaube, ich würde mich lieber von Ihnen untersuchen lassen«, meldete sich Chiara mit leiser Stimme zu Wort.

      »Das läßt sich machen«, stimmte Dr. Daniel bereitwillig zu. »Monsignore Antonelli hat gesagt, daß es hier in der Nähe eine Klinik gibt, die zu einem Kloster gehört. Ich weiß zwar nicht, wie gut diese Klinik auf derartige Untersuchungen eingerichtet ist, aber sie wird vielleicht für die ersten Tests genügen, mit denen ich mir einen genaueren Überblick über die Situation verschaffen kann.« Er erhob sich. »Ich werde mich mit dem Monsignore unterhalten und Ihnen dann Bescheid sagen, wann wir die Untersuchung vornehmen können.«

      Auch Elio stand auf. »Ich begleite Sie hinaus.«

      Dr. Daniel reichte Chiara die Hand, dann legte er impulsiv einen Arm um ihre Schultern und drückte sie einen Augenblick an sich.

      »Keine Sorge, Chiara, wir kriegen das schon irgendwie in den Griff«, erklärte er mit dem ihm eigenen sehr warmherzigen Lächeln.

      »Danke, Herr Doktor«, flüsterte die junge Frau.

      Währenddessen war Elio schon

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