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nickte, dann sah er sie ernst an. »In die Klinik müssen Sie aber wirklich auf jeden Fall kommen. Wenn hier Komplikationen auftreten, können wir schnell handeln, aber wenn wir Sie von zu Hause erst in die Klinik schaffen müssen, könnte es zumindest für Ihr Baby rasch zu spät sein.«

      Bei diesen Worten fiel Jana wieder auf, wie sehr sich Stefan und sein Vater glichen.

      »Genau dasselbe hat Ihr Vater auch gesagt«, erklärte sie. »Und Sie können sicher sein, daß ich diesen Rat beherzigen werde. Wenn die Wehen einsetzen, dann lasse ich mich sofort hierherbringen.«

      »Gut«, meinte Stefan. »Machen Sie sich jetzt bitte frei, damit ich Sie untersuchen kann. Auch auf Ultraschall würde ich mir das Baby gern mal anschauen.«

      Jana strahlte. »Das ist fein! Obwohl ich selbst meistens nicht viel erkennen kann, finde ich diese Ultraschallaufnahmen immer wahnsinnig aufregend.«

      Stefan nickte lächelnd. »Das kann ich gut verstehen, Frau Kemmerer. Sie freuen sich schon sehr auf Ihr Baby, nicht wahr?«

      »Und wie!« bekräftigte Jana, dann versuchte sie, auf den gynäkologischen Stuhl zu klettern, doch Stefan mußte ihr dabei behilflich sein.

      »Allmählich ist dieser Bauch wirklich überall im Weg«, meinte Jana, doch ihr glückliches Gesicht bewies, daß ihr das eigentlich gar nicht so unangenehm war. Sie war stolz darauf, daß man ihr die Schwangerschaft so deutlich ansehen konnte.

      Stefan streifte sich Plastikhandschuhe über, dann trat er zu Jana. »Schön entspannen, Frau Kemmerer.« Sehr vorsichtig, aber dennoch gründlich nahm Stefan die Untersuchung vor. Mittlerweile hatte er schon ein bißchen Erfahrung damit. Seit sein Vater nach Sardinien gefahren war, hatte er bereits des öfteren gynäkologische Untersuchungen durchführen müssen, denn auch Alena Reintaler war hier in der Klinik nicht immer verfügbar gewesen.

      »Ich glaube, Sie werden einmal ein ähnlich guter und rücksichtsvoller Arzt wie Ihr Vater«, meinte Jana.

      »Ein solches Kompliment höre ich natürlich gern«, entgegnete Stefan, dann trat er zurück. »Soweit ist alles in Ordnung.« Er schaltete den Monitor ein, dann griff er nach einer Tube. »Nicht erschrecken, jetzt wird’s ein bißchen kalt auf Ihrem Bauch.«

      »Das kenne ich schon«, erklärte Jana, während Stefan das spezielle Gel, das für die Ultraschallaufnahme nötig war, auf ihrem Bauch verteilte. Dann ließ er den Schallkopf darübergleiten.

      »Hier sehen Sie das Herz sehr schön«, erläuterte Stefan, und Jana nickte begeistert.

      »Ich finde es immer wieder faszinierend, wie man damit so einfach in den Bauch hineinschauen kann«, erklärte sie und schaute gebannt auf den Bildschirm, um von den hellen und dunklen Schatten möglichst viel zu erkennen.

      Stefan nahm nun die Abmessungen vor, und dabei stiegen seine Bedenken noch.

      »Ich will ganz ehrlich sein, Frau Kemmerer, ich wäre sehr viel beruhigter, wenn Sie sich doch zu einem Kaiserschnitt entschließen könnten«, betonte er. »Das Baby wiegt bestimmt acht Pfund – wenn nicht sogar noch mehr. Wenn es Ihr zweites oder drittes Kind wäre, hätte ich etwas weniger Bedenken, aber so… Sie sind Erstgebärende, und da können bei einem sehr großen Kind wirklich Komplikationen auftreten.«

      »Sie sind so besorgt um mich«, erwiderte Jana und wurde ein bißchen verlegen. »Da habe ich direkt ein schlech-

      tes Gewissen, wenn ich einen Kaiserschnitt ablehnte.« Sie schwieg einen Moment. »Wissen Sie, Herr Doktor, ich habe mich die ganze Zeit über auf eine natürliche Geburt eingestellt, und ich freue mich schon so…, dieses Erlebnis möchte ich unter gar keinen Umständen verschlafen.«

      »Wenn der Kaiserschnitt geplant ist, muß er nicht zwangsläufig unter Vollnarkose durchgeführt werden«, wandte Stefan ein. »Wir könnten eine Periduralanästhesie machen. Dabei würden Sie in den Rückenmarkskanal eine Spritze bekommen, die das Schmerzempfinden ausschalten würde. Auf diese Weise könnten Sie den Kaiserschnitt wach miterleben und Ihr Baby unmittelbar danach in die Arme nehmen.«

      Jana nickte. »Darüber habe ich schon gelesen, aber…, ich glaube, das würde ich nicht verkraften. Wenn ich mir vorstel-

      le, daß ich mitbekommen würde, wie Sie mir da den Bauch aufschneiden…« Unwillkürlich schüttelte sie sich. »Nein, Herr Doktor, das wäre nichts für mich. Ich möchte mein Baby auf ganz normalem Wege zur Welt bringen.«

      »Also schön«, seufzte Stefan. »Aber ich sage es Ihnen gleich, Frau Kemmerer, es wird eine sehr schwere Geburt werden.«

      *

      Chiara Sandrini hatte Angst vor der ersten Begegnung mit Dr. Daniel, obwohl Monsignore Antonelli ihr versichert hatte, daß der deutsche Doktor keine Untersuchung vornehmen würde, sondern sich nur mit ihr unterhalten wollte.

      Völlig verschüchtert stand sie nun schräg hinter dem Monsignore und wagte kaum, den Arzt anzusehen. Sehr behutsam legte Monsignore Antonelli einen Arm um Chiaras Schultern und schob sie ein wenig nach vorn.

      »Herr Doktor, das ist Chiara Sandrini«, stellte er sie dann vor.

      Mit einem herzlichen Lächeln ergriff Dr. Daniel die schmale Hand der jungen Frau und suchte ihren Blick, doch Chiara hielt den Kopf weiterhin gesenkt.

      »Buon giorno, Signora San-drini«, grüßte er.

      Langsam hob Chiara den Kopf und brachte sogar ein kurzes Lächeln zustande.

      »Sie müssen sich nicht be-mühen, Herr Doktor«, erklärte sie leise. »Ich spreche Deutsch.«

      Dr. Daniel atmete auf. »Da bin ich wirklich erleichtert. Ansonsten hätte sich unsere Unterhaltung sicher schwierig gestaltet.«

      Chiaras Lächeln war schon wieder erloschen.

      »Kommen Sie, Chiara«, bat Dr. Daniel die junge Italienerin. »Ich darf Sie doch mit dem Vornamen ansprechen, oder?«

      Die junge Frau nickte. »Selbstverständlich, Herr Doktor.« Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.

      Dr. Daniel begleitete sie in den kleinen Raum, den Monsignore Antonelli ihnen für dieses Gespräch zur Verfügung gestellt hatte. Unwillkürlich blickte sich Chiara um und entspannte sich, als sie sah, daß in dem Zimmer nichts war, wo sich eine Untersuchung hätte durchführen lassen.

      Dr. Daniel vermochte ihren ängstlichen Blick gleich richtig zu deuten.

      »Sie müssen vor mir keine Angst haben, Chiara«, erklärte er in besonders einfühlsamem Ton. »Der Monsignore hat Ihnen doch sicher gesagt, daß ich mich vorerst nur mit Ihnen unterhalten möchte.«

      Chiara nickte, dann brach sie plötzlich in Tränen aus.

      »Bitte, Herr Doktor, helfen Sie mir«, schluchzte sie verzweifelt. »Ich möchte so gern ein Baby. Ich will Elio nicht verlieren, und ich will auch nicht ins Kloster.«

      »Augenblick, Chiara«, entgegnete Dr. Daniel. »Ich glaube nicht, daß das Kloster überhaupt für Sie zur Debatte steht. Soweit ich informiert bin, denkt Ihr Mann doch gar nicht daran, die Ehe für ungültig erklären zu lassen.«

      »Jetzt noch nicht«, gab Chiara zu. »Aber wenn mein Vater ihn erst unter Druck setzt, dann wird Elio gewiß nachgeben. Mein Vater hat noch immer erreicht, was er wollte.«

      Bedächtig wiegte Dr. Daniel den Kopf hin und her. »Wenn Ihr Mann Sie wirklich liebt, dann wird er seinen Entschluß niemals ändern – gleichgültig, wie sehr Ihr Vater ihm zusetzen wird. Aber lassen wir das vorerst einmal dahingestellt. Sie haben gesagt, daß Sie sich ein Baby wünschen. Ist das wirklich so, oder wollen Sie nur schwanger werden, um Elio nicht zu verlieren?«

      »Macht das denn einen Unterschied?« fragte Chiara zu-rück.

      Dr. Daniel nickte. »Einen sehr großen sogar. Wenn Sie tief im Innern nicht bereit sind für ein Kind, dann könnte das durchaus ein Grund sein, weshalb Sie nicht schwanger werden. Vor allen Dingen soll ein Baby die Krönung der Liebe sein, nicht ein Hilfsmittel für eine möglicherweise brüchige Ehe.«

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