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      Stürmisch warf sie sich in Dr. Daniels Arme.

      »Du warst so lange weg«, hielt sie ihm vor.

      »Ich weiß, Mäuschen«, entgegnete Dr. Daniel bedauernd. »Ich hatte auch schon solche Sehnsucht nach dir.«

      Mit kindlichem Ernst sah Tessa ihn an, während sie ihre Arme noch immer um Dr. Daniels Nacken geschlungen hatte.

      »Sehe ich Stefano bald wieder?« fragte sie. »Und Karina?«

      Dr. Daniel schmunzelte. Tessa hatte die sanfte Karina sofort in ihr Herz geschlossen, doch für ihren großen Stiefbruder hegte sie eine fast abgöttische Sympathie, und obwohl sie fließend Deutsch sprach, benutzte sie bei Stefan grundsätzlich die italienische Form seines Namens.

      »In zwei Wochen fahren wir nach Hause, Tessa«, erklärte Dr. Daniel. »Dann siehst du Stefan und Karina wieder.«

      »Werden sie mich bis dahin auch nicht vergessen?« fragte Tessa besorgt.

      Lachend schüttelte Dr. Daniel den Kopf. »Nein, Tessa, das ganz bestimmt nicht. Vor allem dein großer Bruder ist ganz vernarrt in dich.«

      Ein glückliches Lächeln huschte über Tessas Gesicht.

      »Ich habe Stefano sehr lieb«, meinte sie, und in ihrem glockenhellen Stimmchen lag dabei ein besonders zärtlicher Unterton. »Karina natürlich auch«, fügte sie dann hinzu.

      »Und uns?« wollte Manon wissen, die jetzt ebenfalls aus dem Haus trat.

      Da strahlte Tessa. »Euch habe ich doch am allerliebsten.«

      *

      Starr vor Angst saß Chiara Sandrini da und wartete darauf, daß ihr Mann nach Hause kommen würde. Da drehte sich auch schon der Schlüssel im Schloß, und dann stand Elio Sandrini im Raum. Chiaras Herz begann heftiger zu schlagen, doch das lag nicht nur an ihrer Angst, sondern vor allem an der Liebe, die sie für Elio empfand.

      Langsam stand Chiara auf, und als ihr Mann nun auf sie zuging, wich sie unwillkürlich zurück. Sie liebte ihn so sehr, dennoch schaffte sie es nicht, ihre Furcht zu unterdrücken. Elio war so groß und kräftig…

      »Dein Vater war bei mir«, erklärte er, dann streckte er eine Hand aus, ergriff Chiara am Arm und zog sie zu sich heran. Die junge Frau konnte ihr Zittern kaum noch unterdrücken.

      Zärtlich schloß Elio sie in die Arme.

      »Cara mia«, flüsterte er sanft. »Du mußt keine Angst haben. Glaubst du wirklich, ich würde dir jemals weh tun?«

      Die Anspannung fiel von

      Chiara ab. Mit einem leisen Aufschluchzen ließ sie sich gegen Elios Brust sinken, dann schlang sie ihre Arme ganz fest um ihn.

      »Elio, es… es tut mir so leid«, stammelte sie.

      Er rückte ein wenig von ihr ab, strich mit einer zarten Geste durch ihr langes schwarzes Haar und suchte dabei ihren Blick.

      »Chiara, dein Vater ist ein richtig herrschsüchtiger, brutaler Mann, der seine Familie tyrannisiert«, erklärte er eindringlich. »So wie er möchte ich niemals sein. Ich will nicht, daß du Angst vor mir hast. Du sollst mich doch lieben.«

      Verzweifelt vergrub Chiara das Gesicht in den Händen. »Ich liebe dich ja, Elio, aber…, ich kann dir keine Kinder schenken. Dabei war ich diesmal…«

      »Cara mia.« Wieder war seine Stimme wie ein sanfter Windhauch. »Es ist völlig unwichtig, ob du mir Kinder schenken kannst oder nicht. Du mußt mir deine Liebe nicht dadurch beweisen, daß du schwanger wirst. Natürlich wünsche ich mir, daß unsere Ehe durch Kinder gekrönt wird, aber wenn nicht, wird das an meiner Liebe zu dir nichts ändern. Chiara, versteh doch, mir ist nur wichtig, daß du bei mir bist.«

      Mit tränennassen Augen blickte die junge Frau zu ihm auf.

      »Ich muß ins Kloster, wenn ich nicht schwanger werden kann«, prophezeite sie voller Angst. »Papa hat gesagt, daß er mich ins Kloster stecken wird.«

      Verärgert schüttelte Elio den Kopf. Er hatte seinen Schwiegereltern niemals wirkliche Liebe entgegenbringen können, aber ihre düstere Einstellung zum Leben irgendwie akzeptiert. Doch jetzt ging der alte Cardello entschieden zu weit!

      »Hör zu, Cara, heutzutage werden Frauen nicht mehr in Klöster verbannt«, entgegnete er nachdrücklich. »Und solange du mit mir verheiratet bist, hat dein Vater kein Recht, dich irgendwo hinzuschicken.«

      »Er wird dich zwingen, die Ehe annullieren zu lassen«, meinte Chiara, und dabei lag noch immer Angst in ihrer Stimme.

      Doch Elio schüttelte den Kopf. »So viel Macht besitzt er nicht. Er kann dir, deiner Mutter und deinen Geschwistern Angst einjagen – bei mir gelingt ihm das nicht. Cara mia, ich liebe dich, und ich sehe nicht länger tatenlos zu, wie sich deine Eltern in unsere Ehe einmischen. Das habe ich schon viel zu lange geduldet.« Er schwieg kurz. »Für dich besteht keine Veranlassung, jedesmal in die Praxis deines Vaters zu gehen, wenn du erkennen mußt, daß du wieder nicht schwanger geworden bist.«

      »Aber… er muß mich doch untersuchen, um festzustellen…«

      »Chiara, dein Vater untersucht dich nicht, um irgend etwas festzustellen, sondern um dir Schmerzen zuzufügen und dich damit für deine angebliche Unfähigkeit, schwanger zu werden, zu bestrafen. Aber damit ist jetzt Schluß – ein für allemal. Das werde ich bei nächster Gelegenheit auch deinem Vater sagen, und zwar in aller Deutlichkeit.«

      Aus weit aufgerissenen Augen sah Chiara ihn an. Sie wußte nicht genau, ob sie ihren Mann bewundern oder sich vor seiner Entschlossenheit fürchten sollte.

      »Papa wird toben«, wandte sie leise ein.

      Ungerührt zuckte Elio die Schultern. »Von mir aus.« Dann nahm er Chiara bei den Schultern und sah ihr in die Augen. »Ich wollte dich niemals von deinen Eltern entfremden, Cara, nur deshalb habe ich ihr unmögliches Verhalten dir gegenüber so lange geduldet, aber jetzt versuchen sie offenbar allen Ernstes, unsere Ehe zu zerstören, und das lasse ich mir nicht gefallen. Was dein Vater mir heute geraten…, nein, befohlen hat, war der absolute Gipfel.« Er zog einen Lederriemen hervor. »Damit soll ich dich züchtigen.« Angewidert schleuderte er den Riemen in die Ecke. »So würde ich nicht einmal einen Hund behandeln geschweige denn die Frau, die ich liebe.«

      Mit einem tiefen Seufzer lehnte sich Chiara an ihn. »Papa war mit uns immer sehr streng, aber es hat uns nicht geschadet.«

      Da sah Elio sie sehr ernst an. »Doch, cara mia, es hat euch geschadet. Du und deine Geschwister… ihr steckt alle so voller Angst, daß es einem im Herzen weh tut.« Zärtlich streichelte er ihr Gesicht. »Aber ich werde dafür sorgen, daß du dich von dieser Angst befreien wirst.«

      *

      Monsignore Francesco Antonelli war gerade auf dem Weg zur Kirche, als eine schwarzgekleidete Frau auf ihn zueilte. Ihr Gesicht war hinter einem dunk-len Schleier verborgen, so daß der Monsignore nicht sehen konnte, wer die Frau war.

      »Bitte, Monsignore, darf ich mit Ihnen sprechen?« bat sie leise.

      Erstaunt sah Monsignore Antonelli sie an. »Chiara?«

      Die Frau zögerte, dann nickte sie hastig, während sie sich angstvoll umschaute. »Meine Eltern dürfen nicht wissen, daß ich bei Ihnen bin. Bitte… Monsignore…«

      Francesco Antonelli nickte, dann nahm er Chiara fürsorglich beim Arm. »Komm, mein Kind, wir gehen in die Kirche, da wird uns niemand stören.«

      Mit gesenktem Kopf folgte Chiara dem Monsignore. Er bekreuzigte sich vor dem Hochaltar, und Chiara tat es ihm gleich, dann betraten sie die Sakristei.

      »Setz dich, mein Kind«, bot der Monsignore an, dann nahm auch er Platz und sah Chiara an.

      Mit zitternden Fingern entfernte die junge Frau den Schleier von ihrem Gesicht, und nun konnte Monsignore Antonelli sehen, daß sie geweint hatte. Spontan griff er nach Chiaras Hand.

      »Was ist denn passiert,

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