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zusammengepreßten Lippen nickte Brigitte, doch die heftigen Gebärmutterkontraktionen ließen keine wirkliche Entspannung zu. Trotzdem gelang es Dr. Daniel, sie gründlich zu untersuchen.

      »Ich hoffe, ich habe Ihnen nicht zu sehr weh getan«, meinte er. »Aber bei Ihren heftigen Verspannungen ging es leider nicht anders.«

      »Sie waren sehr vorsichtig«, entgegnete Brigitte, dann sah sie ihn angstvoll an. »Werde ich eine Fehlgeburt haben?«

      Dr. Daniel schüttelte den Kopf. »Nein, Fräulein Klein. Sie haben vorzeitige Wehen, aber der Muttermund ist noch geschlossen. Sie werden das Baby nicht verlieren, wenn wir gegen die Wehen etwas unternehmen.«

      Brigitte berührte ihren Bauch, dem man die Schwangerschaft noch kaum ansah, dann blickte sie zu Dr. Daniel auf.

      »Tun Sie etwas dagegen, Herr Doktor«, bat sie leise. »Ich möchte das Baby nicht verlieren…, jetzt nicht mehr.«

      Dr. Daniel lächelte. »Das freut mich.« Er drehte sich zu Alena um und sprach kurz mit ihr. Die junge Ärztin nickte, verließ dann den Raum und kam wenig später mit einem Infusionsständer zurück, an dem bereits eine Flasche hing.

      »Sie bekommen jetzt eine Infusion«, erklärte Dr. Daniel an Brigitte gewandt, deren Gesicht schon wieder vom Schmerz der vorzeitigen Wehen gezeichnet war. »Das Medikament wird rasch wirken.«

      »Hoffentlich«, flüsterte Brigitte, dann sah sie Dr. Daniel an. »Kommt es denn oft vor, daß Schwangere vorzeitige Wehen haben?«

      »Ja, es passiert immer wieder, allerdings nur selten mit einer solchen Heftigkeit, wie es bei Ihnen der Fall ist.«

      Brigitte seufzte. »Ich habe das Gefühl, als wäre bei mir alles schwierig.«

      Diesen Eindruck hatte Dr. Daniel auch, doch das sprach er natürlich nicht aus, um Brigitte nicht noch mehr zu entmutigen. Die ganze Situation mußte für sie schon schlimm genug sein.

      Dr. Daniel griff nach dem Infusionsbesteck und beugte sich über Brigittes linken Arm.

      »Das Einführen der Kanüle wird ein bißchen weh tun«, warnte er die junge Frau, und sie zuckte auch tatsächlich ein bißchen zusammen, als der Arzt in die Vene einstach.

      »Schon vorbei«, beruhigte Dr. Daniel sie, während er die Nadel zurückzog und die Kanüle weiter in die Vene vorschob. Dann fixierte er sie mit Klebeband, schloß die Infusion an und regelte die Tropfgeschwindigkeit. »Die Wehen werden jetzt bald weniger schmerzhaft sein und schließlich ganz aufhören.«

      »Danke, Herr Doktor.« Brigitte sah ihn sehr ernst an. »Seien Sie ehrlich…, werde ich das Baby bis zum Geburtstermin tragen können?«

      Dr. Daniel zögerte, dann schüttelte er den Kopf. »Wahrscheinlich nicht. So, wie ich es bis jetzt sehe, müssen wir mit einer Frühgeburt rechnen, die aller Wahrscheinlichkeit nach mit Kaiserschnitt erfolgen muß.«

      Brigitte nickte, als hätte sie genau diese Antwort erwartet.

      »Wissen Sie, Herr Doktor, Oliver und ich haben uns immer Kinder gewünscht…, noch nicht jetzt, aber in ein paar Jahren.« Sie schwieg kurz. »Nach den Erfahrungen dieser Schwangerschaft…, ich meine…, wird es bei mir auch später immer so schwierig sein?«

      »So etwas läßt sich schwer vorhersagen«, entgegnete Dr. Daniel. »Aber es ist durchaus möglich, daß bei Ihnen jede Schwangerschaft in dieser Art verlaufen wird.«

      »Sie würden mir also von einem weiteren Kind abraten«, folgerte Brigitte.

      Doch Dr. Daniel schüttelte den Kopf. »Nein, das nun auch wieder nicht. Ihr Gesundheitszustand und auch der des Babys müssen nur unbedingt gründlich überwacht werden.« Er schwieg kurz. »Damit bin ich auch gleich bei dem Thema, das ich in den nächsten Tagen ohnehin noch angesprochen hätte. Wie ich vorhin sagte, müssen wir mit einer Frühgeburt rechnen. Gerade bei Diabetes besteht die Gefahr einer Plazentainsuffizienz, die gegen Ende der Schwangerschaft auftreten kann. Das bedeutet, daß Ihr Baby dann nicht mehr optimal versorgt werden würde. Wir müssen den Kaiserschnitt also möglichst durchführen, bevor eine solche Situation eintritt, aber Ihr Kind wird zu diesem Zeitpunkt noch sehr klein sein und wahrscheinlich eine Frühgeborenen-Intensivstation benötigen. Über die verfügt die Waldsee-Klinik allerdings nicht.«

      Brigitte nickte. »Ich muß also in ein großes Krankenhaus nach München.« Plötzlich stiegen Tränen in ihre Augen. »Warum ist das denn alles nur so kompliziert? Ich hätte so gern hier…, bei Ihnen entbunden.«

      Tröstend griff Dr. Daniel nach ihrer Hand. »Wenn Sie es möchten, dann kann ich den Kaiserschnitt selbst durchführen. Mein Freund hat sicher nichts dagegen. Dr. Georg Sommer – der Name ist Ihnen vielleicht schon bekannt.«

      »Der Mikrochirurg?«

      »Genau der«, nickte Dr. Daniel. »Allerdings ist seine Klinik nicht nur auf diesem Gebiet führend. Dr. Sommer verfügt auch über eine ganz ausgezeichnete Entbindungsstation und

      eine Frühgeborenen-Intensivstation mit einem Spezialisten, dessen Namen man in München und Umgebung kennt. Dort wüßte ich Sie und das Baby in den besten Händen, und wie gesagt – den Kaiserschnitt kann ich selbst durchführen, wenn Sie es möchten.«

      »Ja, Herr Doktor, es würde mich wirklich beruhigen, wenn Sie mein Baby holen könnten. In welcher Klinik ich dann liege, ist mir egal. Hauptsache, für mein Kind wird alles getan.«

      »Das ist in der Sommer-Klinik bestimmt der Fall«, versprach Dr. Daniel, dann tätschelte er beruhigend die Hand der jungen Frau. »Sie werden sehen, es kommt noch alles in Ordnung.«

      *

      »Ich glaube, wir können nicht mehr länger warten«, meinte Dr. Scheibler. »Anscheinend wurde Dr. Daniel aufgehalten.«

      Offene Angst stand in Eva-Marias Augen. Sie fürchtete sich so schrecklich vor der anstehenden Magenspiegelung, und am liebsten hätte sie jetzt noch einen Rückzieher gemacht und zugegeben, daß das mit den Magenschmerzen überhaupt nicht stimme…, daß sie es lediglich behauptet hatte, um noch nicht entlassen zu werden. Nur die Tatsache, daß Sàndor sie dann für eine Lügnerin gehalten und wohl nie wieder angeschaut hätte, hielt sie davon ab.

      Aufmerksam sah Dr. Scheibler sie an. Er erkannte, welche Angst in der jungen Patientin steckte, und mittlerweile glaubte auch er nicht mehr daran, daß sie tatsächlich simulierte. Wer würde sich schon freiwillig einer so unangenehmen Untersuchung unterziehen?

      »Soll ich eine Schwester holen?« wollte er wissen. »Bianca hat Sie oben in der Gynäkologie versorgt. Sie könnte Ihre Hand halten und…«

      Eva-Maria schluckte schwer. »Schwester Bianca ist sehr nett, aber in letzter Zeit…, ich meine…, meistens hat sich der junge Pfleger um mich gekümmert…, Sàndor…«

      Es erstaunte Dr. Scheibler ein wenig, daß Eva-Maria gerade jetzt nach einem Mann verlangte, der nicht nur jung, sondern auch noch ausgesprochen gutaussehend war. Im ersten Moment hatte der Oberarzt gedacht, Eva-Maria wäre vielleicht in Sàndor verliebt, doch er verwarf diesen Gedanken rasch wieder. Wäre sie das tatsächlich, dann würde sie sich ihm nicht gerade in einer solchen Situation zeigen, die mehr Schwächen als Stärken widerspiegeln könnte. Auch junge Mädchen wollten dem Mann ihres Herzens doch schließlich imponieren.

      »Wenn Sie zu Sàndor genügend Vertrauen haben, werde ich ihn gern holen«, meinte Dr. Scheibler.

      Eva-Maria nickte nur, weil ein dicker Kloß in ihrem Hals zu stecken schien, der ihr kein Wort erlaubte. Es gefiel ihr nicht besonders, sich gerade vor Sàndor eine solche Blöße zu geben, andererseits wußte sie, daß ihr die ruhige Sicherheit, die der junge Mann zu vermitteln verstand, gerade jetzt sehr guttun würde.

      Sàndor war auch wirklich sofort zur Stelle, und in seinen Augen entdeckte Eva-Maria etwas, das reine Sympathie bei weitem überstieg. Ihr Herz machte ei-

      nen Luftsprung. Sollte Sàndor tatsächlich ähnlich fühlen wie sie?

      »So, Eva-Maria«, meinte Dr. Scheibler und

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