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Oliver und ich hätten ungefähr fünf Jahre lang gemeinsam verdienen müssen, dann wäre das Ärgste überstanden gewesen, aber jetzt…, im ungünstigsten Fall müssen wir verkaufen, und das womöglich auch noch mit Verlust. Wer will schon einen Rohbau – auch wenn das Haus noch so idyllisch liegt.«

      Sarina dachte eine Weile angestrengt nach.

      »Vielleicht gibt es doch eine Möglichkeit«, murmelte sie, dann griff sie nach Brigittes Hand und drückte sie sanft. »Mach dir im Augenblick noch keine Sorgen darüber.« Sie lächelte. »Ich weiß schon, das ist jetzt leichter gesagt als getan, aber du solltest versuchen, erst mal an dich und dein Baby zu denken. Für das andere wird sich schon eine Lösung finden lassen.«

      »Das sagt Dr. Daniel auch, aber…, es sieht doch alles so hoffnungslos aus, Sarina.« Wieder strich sie über ihre Augen. »Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll.«

      *

      Als Sàndor das Zimmer von Eva-Maria betrat, fiel ihm sofort der beißende Geruch auf.

      »Fräulein Neubert, fühlen Sie sich nicht gut?« fragte er besorgt.

      »Mir war gerade furchtbar übel«, erklärte Eva-Maria mit gequältem Blick. »Mein ganzes Mittagessen habe ich erbrochen.«

      »Es ist heute schon das zweite Mal, daß Sie sich übergeben müssen«, meinte er. »Das Frühstück konnten Sie ja auch nicht behalten. Haben die Tropfen, die Schwester Bianca Ihnen gegeben hat, denn nichts genützt?«

      Eva-Maria schüttelte den Kopf, dann brach sie in Tränen aus. »Morgen sollte ich entlassen werden. Daraus wird nun bestimmt nichts.«

      »Ich werde Dr. Parker informieren«, beschloß Sàndor kurzerhand. »Er hat Wochenenddienst.«

      Es dauerte nur wenige Minuten, bis Sàndor mit dem jungen Anästhesisten zurückkehrte.

      »Ich habe gerade erfahren, daß Sie sich heute schon zweimal übergeben mußten«, erklärte Dr. Parker. »Haben Sie außer der Übelkeit noch andere Beschwerden?«

      Eva-Maria zögerte kurz, dann nickte sie. »Ich habe schreckliche Magenschmerzen…, es ist, als würde mir jemand mit einem Messer die Magenwände aufschneiden.«

      »Das klingt aber gar nicht gut«, urteilte Dr. Parker besorgt, dann tastete er Eva-Marias Bauchdecke ab. Obwohl sie mehrere Male wie im Schmerz zusammenzuckte, hatte er nicht den Eindruck, daß sie tatsächlich Beschwerden hatte.

      »Sàndor, rufen Sie bitte Dr. Scheibler an«, erklärte Dr. Parker. »Er hat heute Bereitschaft und ist in einem solchen Fall wohl qualifizierter als ich.«

      Der junge Mann kam der Aufforderung des Arztes umgehend nach, während Dr. Parker schon in die Eingangshalle hinunterging. Es dauerte nicht lange, bis der Oberarzt die Klinik betrat.

      »Was ist los, Jeff?« wollte er wissen. »Sàndor hat sich am Telefon ja so angehört, als würde die Welt gleich untergehen.«

      »Das nun nicht gerade«, entgegnete Dr. Parker. »Es geht um Fräulein Neubert, die Fehlge-burtspatientin, die Robert beinahe auf dem OP-Tisch weggestorben wäre. Sie hat sich heute zweimal übergeben und klagt über schneidende Magenschmerzen«. Er schwieg kurz. »Die Bauchdecke ist weich und auch nicht druckempfindlich, soweit ich das beurteilen kann.«

      »Sie glauben, daß sie simuliert?«

      Dr. Parker zuckte die Schultern. »Ich kann es ihr nicht unterstellen, ausschließen kann ich es aber auch nicht. Und Tatsache ist nun einmal, daß sie sich übergeben hat. Der Geruch, der im Zimmer hing, war deutlich.«

      »Ich sehe sie mir an«, beschloß Dr. Scheibler, doch er kam bei seiner Untersuchung zu dem gleichen Ergebnis wie Dr. Parker. Kurzerhand nahm er eine Blutuntersuchung vor, machte Ultraschall- und Röntgenaufnahmen, doch er konnte keinen krankhaften Befund erheben. Nach einigem Überlegen zog er schließlich Dr. Daniel zu Rate.

      »Es tut mir leid, wenn ich Sie am Sonntagnachmittag störe«, entschuldigte er sich am Telefon. »Aber Fräulein Neubert…«

      Weiter kam Dr. Scheibler gar nicht, denn Dr. Daniel sagte zu, sofort zu kommen. Aufmerksam hörte er sich den Bericht der beiden Ärzte an, dann schüttelte er den Kopf.

      »Eva-Maria ist keine Simulantin«, meinte er. »Wenn sie über Schmerzen klagt, dann hat sie auch ganz sicher welche.«

      »Ihr angebliches Schmerzempfinden war bei der Untersuchung durch mich anders als bei Jeff – abgesehen davon, daß wir beide das Gefühl hatten, als wäre der Bauch überhaupt nicht druckempfindlich.« Er zögerte ganz kurz. »Aber wie auch immer – wir werden wohl nicht darum herumkommen, einmal in den Magen hineinzuschauen, da alle anderen Untersuchungsmethoden nicht das Geringste ergeben haben.«

      Dr. Daniel nickte nachdenklich, dann beschloß er: »Ich gehe jetzt mal zu ihr hinauf und spreche mit ihr. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, daß sie simuliert, aber wenn doch, dann wird die Aussicht auf eine Magenspiegelung sie rasch wieder zur Vernunft bringen.«

      Zusammengekrümmt lag Eva-Maria im Bett und schluchzte leise vor sich hin.

      »Herr Doktor«, brachte sie mühsam hervor. »Ich hatte mich schon so auf meine Entlassung gefreut, und nun…, ständig ist mir übel. Und dazu diese Schmerzen…«

      »Leg dich mal auf den Rücken, Eva-Maria«, bat Dr. Daniel, dann tastete auch er den Bauch des jungen Mädchens ab, und obwohl es ihm widerstrebte, an Eva-Marias Worten zu zweifeln, mußte er Dr. Scheibler und Dr. Parker recht geben. Die Untersuchung vermittelte nicht den Eindruck, als hätte das junge Mädchen wirklich solche Beschwerden, wie sie es behauptete.

      »Tja, mein Kind, ich fürchte, so kommen wir nicht weiter«, erklärte er. »Wir werden gleich für morgen früh eine Magenspiegelung ansetzen.«

      Eva-Maria erbleichte. Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie hatte gedacht, man würde sie einfach zur Beobachtung hierbehalten.

      »Das…, das ist aber doch

      eine ganz schreckliche Untersuchung«, warf sie ängstlich ein.

      »Nun ja, besonders angenehm ist sie nicht«, meinte Dr. Daniel und betrachtete sie dabei sehr aufmerksam. »Sind die Schmerzen denn wirklich so schlimm?«

      Eva-Maria wollte schon verneinen, da besann sie sich. Wenn sie jetzt ihrem ganz natürlichen Impuls nachgeben würde, war alles, was sie bis jetzt unternommen hatte, umsonst gewesen. Niemand würde ihr mehr glauben, und sie würde morgen entlassen werden. Sie würde Sàndor nicht mehr sehen…, jedenfalls nicht täglich, und vor allem – wie sollte sie ihm noch in die Augen schauen, wenn sie jetzt der offensichtlichen Lüge überführt würde?

      »Ja, Herr Doktor, es tut wirklich furchtbar weh«, behauptete sie leise und schämte sich, daß sie Dr. Daniel belog, doch ihr Wunsch, weiterhin von Sàndor betreut zu werden, war einfach stärker.

      Dr. Daniel nickte. »Dann werden wir das morgen früh gleich in Angriff nehmen.« Er griff nach Eva-Marias Hand und drückte sie sanft. »Ich werde versuchen hier zu sein, um dir wenigstens ein bißchen seelischen Beistand zu leisten.«

      Wieder bekam Eva-Maria Angst, doch nun war es zu spät, um noch die Wahrheit zu sagen. Sie mußte bei der Version mit den Schmerzen bleiben – gleichgültig, was passierte!

      *

      Dr. Daniel hatte am nächsten Morgen die Waldsee-Klinik gerade betreten, als die Gynäkologin Dr. Alena Reintaler die Eingangshalle durchquerte. Als sie ihn sah, blieb sie abrupt stehen.

      »Robert, gut, daß Sie hier sind«, erklärte sie hastig. »Ich bin gerade auf dem Weg zu Fräulein Klein.«

      Dr. Daniel hielt sich nicht mit weiteren Fragen auf, sondern folgte der Gynäkologin ins erste Stockwerk zu dem Zimmer von Brigitte Klein.

      »Herr Doktor, helfen Sie mir«, flehte Brigitte mit schmerzverzerrtem Gesicht. »Es tut so weh…, ich glaube, ich verliere das Baby…«

      Rasch trat Dr. Daniel an ihr Bett und schlug die Decke zurück. Alena reichte ihm ein Paar Plastikhandschuhe,

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