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sie den Mönch. Stufen, ein Stück Sandfahrweg, einige uralte Seitengassen, deren Pflaster aufgerissen und voller Pfützen war, schlossen sich an. Zwischen zwei engbrüstigen Häusern traten sie auf einen freien Platz, in dessen Mitte sich die Kirche samt ihren Nebengebäuden erhob.

      „Wohin, Hochwürden?“ fragte Don Juan, innerlich sehr erheitert, aber äußerlich ruhig und zuvorkommend. „Ins Pfarrhaus?“

      „Ja, dorthin. Nach rechts.“

      „Bueno.“

      Sie zogen den Mönch, dessen schwerer Kuttenstoff sich voller Wasser gesogen hatte und auf der Haut des hageren Körpers klebte, zu der schmalen Tür des abseits angebauten Pfarrhauses. Die Tür ging auf, kaum daß Don Juan angeklopft hatte. Ein dicker Geistlicher mit rotem Gesicht öffnete.

      „Ein Unglück, Don Ginestra“, zeterte der Jesuit. „Man stieß mich ins Wasser.“

      „Eine Ungeschicklichkeit seinerseits“, beteuerte Don Juan mit ausgesuchter Liebenswürdigkeit. „Er ist auf dem nassen Steg ausgerutscht.“

      Don Ginestra musterte die seltsame Gruppe und zog den Mönch ins Haus.

      „Rasch! Ans Feuer! Trockenes Zeug für Padre Ferrer.“

      Er rief aufgeregt in das Innere des Hauses. Der Jesuit warf beiden Seewölfen böse Blicke zu und drängte sich an seinem Gastgeber vorbei. Der Geistliche breitete entschuldigend beide Arme aus.

      „Er ist ein wenig aufgeregt“, sagte er. „Ihr seid von den Schiffen, die heute früh eingelaufen sind?“

      „So ist es, Hochwürden“, erwiderte Big Old Shane. „Und wir laufen bald wieder aus, wenn wir unseren Proviant gebunkert haben.“

      „War Hernando Ferrer schon an Bord?“ erkundigte sich der Dicke.

      „Nein. Was sollte er dort?“ fragte Don Juan sofort zurück.

      „Er ist Vertreter der heiligen Inquisition. Zwar richtet sich die Durchsuchung der Bücher und Schriften nur gegen ausländische Schiffe, aber auch die spanischen Kapitäne müssen Rede und Antwort stehen, wenn nach verdächtigen Büchern und verschlossenen Paketen gesucht wird.“

      „Derlei Teufelswerk findet sich nicht an Bord unserer Schiffe“, sagte Don Juan de Alcazar und bemühte sich, seinen Schrecken und seine Betroffenheit nicht zu zeigen. „Wenn er wieder trocken ist, werden wir ihm an Bord ein herzliches Willkommen bieten.“

      Er verbeugte sich. Big Old Shane rang sich zu einem langsamen Nicken des mächtigen Schädels durch.

      „Bis dahin: Buenas dias, Hochwürden.“

      Er verbeugte sich ein zweites Mal, packte Old Shane am Arm und zog ihn mit sich. Jetzt kannte er den Grund seines Mißtrauens. Er hatte vergessen, daß in jedem spanischen Hafen fremde Handelsschiffe nicht nur von den Vertretern der Gesundheitsbehörden, des Zolls und der Hafenverwaltung durchsucht wurden, sondern daß in Spanien die Inquisition herrschte.

      Der Jesuit unter Deck? fragte er sich und grinste kalt. Das wäre die dümmste Maßnahme, den ganzen Plan mit einem Schlag auffliegen zu lassen!

      „Jetzt wird’s gefährlich“, sagte er entschlossen. „Die Inquisition streckt ihre Finger nach unserer Schebecke aus. Das muß verhindert werden, Old Shane.“

      „Ich verstehe kein Wort“, erwiderte der Schiffsschmied. „Aber es klingt nicht gut.“

      Sie eilten zurück zum Hafen. Das Gewimmel um die Schiffe war deutlich größer geworden.

       4.

      Vergebens versuchte Don Juan den Seewolf in der Nähe der Schebecke zu entdecken. Die Kapitäne waren wohl noch zu Gast bei Don Jaime. Er drehte den Kopf und schaute hinauf zum Burgberg. Das Castillo del Castro thronte über dem Fischerhafen und den verschachtelten Häusern der Fischer. Hinter den Geschützen bewegten sich einige Männer, das Tor stand offen.

      Zwischen den Bäumen und Büschen erkannte Don Juan die Reste uralter Säulen und Mauern. Sie stammten von den Römern, war ihm erklärt worden. Am Ende des Steges traf er auf eine Gruppe Seewölfe.

      „Freunde“, sagte er leise, „wir müssen unbedingt etwas unternehmen. Ich habe übersehen, daß die Inquisition das Land beherrscht. Und unser Schiff sieht nun wirklich nicht aus wie eine spanische Galeone.“

      „Wirklich nicht“, stimmte Old Donegal zu. „Und was sollen wir tun? Ein wenig um uns schießen?“

      „Nein. Weiß jemand, wann Hasard zurückkehrt?“ fragte Don Juan.

      „Wir warten alle, auch die Spanier da drüben“, erwiderte Mac Pellew.

      Don Juan entschloß sich, vorläufig die Sachlage zu klären.

      Er wandte sich an den Kutscher. „Wie steht es mit dem Proviant und dem Wasser an Bord?“

      „Wenn’s danach geht“, entgegnete der Kutscher mit gewohnter Zuverlässigkeit, „dann können wir sofort ablegen. Drei große Fässer zur Reserve sind an Deck festgezurrt – für irgendein anderes Schiff.“

      „Ausgezeichnet“, sagte Don Juan. „Bevor der Mönch wieder trocken ist, müssen wir mindestens in der Mitte des Hafens stehen. Bereitet euch vor, das Schiff blitzschnell zu verholen. Es geht darum, eine Durchsuchung der Schebecke zu verhindern. Es muß alles wie Zufall aussehen, klar? Keine Gegenwehr, sonst haben wir jedes spanische Schiff aus Galiciens Häfen in unserem Kielwasser.“

      Roger Brighton sagte kurz: „Ich gehe zu Hasard und hole ihn. Klar?“

      „Einverstanden. Erfinde eine gute Ausrede“, sagte Don Juan. Er schlug Roger auf die Schultern und überlegte kurz. „Gibt es Schwierigkeiten mit dem Castillo dort oben?“

      „Bisher noch nicht.“

      „Also“, brummte Big Old Shane verdrossen und warf wieder einen sehnsüchtigen Blick in die Richtung der einladenden Schenken, „es ist besser, wenn ich an Bord verhole. Und ihr auch, wenn ihr nichts mehr zu tun habt. Meine Einladung gilt, Juan.“

      „Vergiß es“, murmelte der Spanier. „Das hat uns gerade noch gefehlt. Die Inquisition an Bord! Und sämtliche Papiere in einer Sprache, die uns verrät.“

      „Das muß nicht sein“, erklärte der Kutscher.

      Die Arwenacks verließen den Kai und den Steg und enterten an Deck der Schebecke. Der Rückzug ging lautlos und ohne Aufsehen vor sich. Aber Don Juan, der ruhelos um sich blickte, mußte erkennen, daß die Probleme noch lange nicht gelöst waren.

      „Wie üblich“, sagte er leise wie im Selbstgespräch, „die Kapitäne tafeln, und dann sind ihre Kerle nicht schneller als Schnecken.“

      Vom Castillo marschierte eine kleine Schar bewaffneter Spanier in Richtung auf den Hafen. Es würde vielleicht eine halbe Stunde dauern, bis sie auf der Plaza Mayor oder im Fischerviertel El Berbés anlangten.

      Noch immer feilschten die Männer der Galeonen mit den Händlern, aber mittlerweile schienen alle Fässer wieder gefüllt und an Deck zu sein. Don Juan sah die letzten Gespanne, die leer aus der Hafengasse fuhren. Es roch verlockend nach Sardinen, Krabben und Muscheln, die auf den Rosten der Tabernas lagen.

      Don Juan schluckte. Ihm lief das Wasser im Mund zusammen. Er sah viele spanische Seeleute, die vor den Eingängen der Schenken standen und Becher in den Händen hielten. Immer wieder schleppten andere Spanier Proviant an Bord der Galeonen.

      Schließlich befanden sich nur noch Don Juan, der Big Old Shane und Carberry außerhalb des Schiffes.

      „Das dauert noch Stunden, bis die Dons dort drüben ihre Kähne klar haben“, meinte Carberry. „Sollen wir sie etwas aufmuntern?“

      „Das schaffen wir nicht. Hoffentlich kehrt Hasard bald mit den anderen Kapitänen zurück“, sagte Big Old Shane. „Mir hängt dieses Spanierspielen zum Halse heraus.“

      Er

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