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einige Boten. Der Gouverneur verlangte Papier und wollte wissen, welche Nahrungsmittel und wieviel davon die einzelnen Schiffe brauchten. Er schrieb die Zahlen untereinander und rechnete aus.

      Dem Boten rief er zu: „Mit dem Wasser ist alles klar?“

      „Die Fässer verladen sie auf Fuhrwerke und bringen sie zu den Schiffen zurück, wenn sie gereinigt und gefüllt sind.“

      „Gut so. Helft ihnen! Sie haben es eilig.“

      „Sehr wohl, Don Jaime.“

      Der Bote rannte hinaus. Die Spanier nickten beifällig. Ihnen gefiel die Eile, die Don Jaime zeigte. Und die frischen und lecker zubereiteten Speisen, die aus der Küche herbeigeschleppt wurden, fanden reichlich Zuspruch.

      Hasard hob seinen Becher, visierte Don Jaime an und sagte: „Es ist gut, als Spanier von einem Spanier auf solch angenehme Weise in Vigo willkommen geheißen zu werden. Ich werde nicht versäumen, bei Hofe zu schildern, wie aufmerksam Sie waren, Gouverneur.“

      „Eine Selbstverständlichkeit, Señor“, erwiderte La Roda und führte eine großartige Geste aus. „Jedenfalls für Vigo.“

      Der nächste Bote wurde abgefertigt. Ein paar Kannen Wein standen plötzlich zwischen den leeren Tellern und den Resten.

      „Haben Sie Magazine und Vorräte, um Schiffe auszurüsten?“ fragte Ben den Gouverneur.

      „Eine kleine Werft. Die Galeonen werden gerade repariert, späte Opfer der englischen Geschütze. Sonst haben wir da nur ein paar Fässer Mehl, Wein und Bier, aber nichts, mit dem man eure kleine Flotte ausstatten könnte.“

      „Ich bin ermächtigt“, erklärte Hasard, „für den königlichen Seerechnungshof einzukaufen und vernünftige Preise zu zahlen.“

      „Das war es“, antwortete Don Jaime, „was ich den Boten sagte. Es wird sich sehr schnell herumsprechen, daß Sie Proviant brauchen. Die Schiffe werden umlagert sein von Bauern und Händlern.“

      „Das hoffen wir.“

      Hasard und Ben Brighton wechselten einige unauffällige Signale. Sie beschlossen, noch zu warten und die Verproviantierung der Schebecke dem Kutscher zu überlassen. Überdies würde Don Juan alles unternehmen, was er für nötig hielt. Und bisher waren sie mit ihren geschickten Lügen sehr gut gefahren.

       3.

      Daß Don Juan de Alcazar kein Spanier wäre, nicht durch und durch ein Grande, ein wahrer Don – nicht einer der schätzungsweise fünfhundert Einwohner von Vigo bezweifelte seine wirkliche Herkunft. Kühl, arrogant und mit scharfen Adleraugen stand er am Ende des Steges auf den nassen Quadern und hielt seine Hand mit affektiert abgespreizten Fingern am Degengriff.

      Unter den tiefhängenden Wolken, die über der Bucht von Vigo aus Südosten herantrieben und Regen versprachen, waren die Seewölfe wieder einmal die schnellsten.

      Zurufe und Kommandos erfolgten in Spanisch. Er grinste dünn, wer sich der Sprache nicht sicher war, redete einfach nichts oder tauschte Bemerkungen in sehr leisem Ton aus.

      Die leeren Fässer, von denen der Kutscher und Mac Pellew auch die letzten verräterischen Schriftzeichen in Englisch abgeputzt hatten, waren über den Steg geschleppt und gerollt worden. Jetzt verhandelten Hasard und Philip junior mit einem Gespannführer, schienen handelseins geworden und winkten Smoky, Pete Ballie und Carberry zur Hilfe herbei.

      Spanische Silbermünzen wechselten den Besitzer. Dann setzten sich zwei Gespanne in Bewegung. Der Brunnen lag ungefähr drei Kabellängen weit entfernt, etwa in der Mitte des Buchtendes, vor einigen größeren Häusern.

      Roger Brighton und Ferris Tucker hielten Listen der beiden Köche in den Händen.

      Sie verhandelten mit Bauern und Händlern, die schon vom Anblick der einlaufenden Schiffe in den Hafen gelockt worden waren – und durch die Gerüchte, daß sie auf leichte Weise viel Geld verdienen konnten.

      Auch die Seeleute der fünf Galeonen luden alle Fässer aus, die leer oder teilweise leer waren. Schließlich mußte rund die Hälfte auf See an die anderen Schiffe übergeben werden.

      Viele aus der Seewölfe-Crew packten mit an. Sie dachten an das gemeinsame Ziel, und für den Erfolg des großen Raids taten sie fast alles.

      Unter dem Gewimmel der Menschen fesselte schließlich, nach mehr als einer Stunde schärfster Beobachtung, eine einzelne Gestalt Don Juan de Alcazar.

      Langsam und wie unabsichtlich ging Don Juan auf Big Old Shane zu, der an einer Hausmauer lehnte und dem geräuschvollen Treiben zusah. Higgy und Sven Nyberg schleppten vier riesige Schinken auf den Schultern über den knarrenden Steg an Bord der Schebecke.

      „Siehst du dort drüben die braune Kutte und ihren mißtrauischen Inhalt?“ fragte Don Juan flüsternd.

      „Beim Ladebaum am Kai?“ fragte der Schiffsschmied. Das spanische Wams über seinen Schultern krachte in den Nähten.

      „Richtig. Ein Angehöriger der Gesellschaft Jesu. Ein Jesuit, ein Mönch. Man betreibt in diesem Land die Inquisition. Ich habe euch erzählt, was das bedeutet. Abgesehen davon, daß Fremde ohnehin alle als Ketzer, Schismatiker, Ungläubige und andere Unglückliche von Staats wegen zu verfolgen sind. Warum betrachtet dieser Kerl unser Schiff so genau?“

      Die Männer schauten einander in die Augen. Der Schiffsschmied kratzte sich unschlüssig im Gestrüpp seines Bartes und beantwortete Don Juans Frage.

      „Aus dem gleichen Grund, warum du ihn so genau anstarrst, Juan.“

      Unschlüssig hob der Spanier die Schultern. „Ich setzte mal voraus, daß sich keiner aus unserer Crew verrät. Der Gouverneur, tatsächlich noch Don Jaime, wird wohl nur dann Verdacht schöpfen, wenn einer von uns eine riesengroße Dummheit begeht.“

      Der Schiffsschmied blickte sehnsüchtig zu der offenen Tür einer Bodega hinüber, dann richtete er seinen Blick zu dem hoch aufragenden Turm der Kirche hinter den ersten drei Häuserzeilen, die sich den Hang hinaufzogen.

      „Da habe ich keine Sorgen. Hasard auch nicht.“

      „Meine ich auch, Shane. Da, unser Freund rückt näher.“

      Der wuchtige Ladebaum, dessen Blöcke und Verankerungen tief im Boden befestigt waren, ragte schräg wie ein gelegter Mast über ein Stück Hafen, in dem Abfälle wie ein dichter Teppich lagen, der unablässig Wellen schlug. Vögel hüpften und stelzten zwischen dem Abfall herum.

      Der Mönch, der seine Hände in die weiten Ärmel der Kutte geschoben hatte, schritt auf dicken Sandalen langsam näher. Sein Blick irrte ab, strich über die vielen schuftenden Männer, hefteten sich auf Big Old Shane und Don Juan, dann schwenkte er wieder zurück zu dem ungewohnten Anblick der Schebecke, eines Schiffes, das offenbar nicht in den Hafen paßte.

      Am Rand der Uferbefestigungen ging der Mönch ohne Eile auf die Stelle zu, wo der hölzerne Steg über drei Steinstufen mit der bemoosten und von Algen bedeckten Steinmauer anfing.

      „Er hält die Schebecke zweifellos für ein Werk des Teufels“, meinte Don Juan schließlich. „Ich spüre es fast.“

      Aus der offenen Tür wehte der Geruch von Wein und frischem Bier. Er überdeckte sogar den Schweißgeruch der Mulis, Ochsen und Pferde vor den Gespannen und den Gestank nach totem Fisch.

      „Soll ich hinübergehen und ihn, ohne böse Absicht, ins Wasser werfen?“ erkundigte sich Old Shane.

      „Das würde ihn noch neugieriger werden lassen“, widersprach Don Juan. „Abwarten, was er vorhat.“

      Jetzt sahen sie den Mönch genauer. Über den Kragen der Kutte und der Kapuze ragten ein faltiger, sehniger Hals und ein kleiner, runder Kopf. Der Mann ging bemerkenswert gerade aufgerichtet, als habe er einen Ladestock verschluckt.

      Kleine schwarze Augen unter buschigen Brauen, ein halbkahler Schädel mit dem Haarkranz der Tonsur, ein schmaler Mund

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