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überrumpeln.“

      „Und du versteckst deinen schwarzen Kopf unter Deck, Gambiamann!“ rief Big Old Shane. „Oder hat man jemals was von pechschwarzen Spaniern gehört?“

      Batuti ging auf den Scherz ein und rief zurück: „Ich ziehe meine schlechtesten Lumpen an, Mistah! Dann ich sein dein Niggersklave, Yessir?“

      „Wäre auch eine Lösung“, stimmte Big Old Shane zu.

      Gegen Abend nahmen die richtigen und die falschen Spanier am östlichen Horizont die Wolken, dann einige Berggipfel und schließlich, im letzten Licht, die schroffe Küstenlinie wahr. Dan O’Flynn suchte die Strände, die bewaldeten grünen Hänge und die Einschnitte ab, zwischen denen sich die fjordartigen Rias abzeichneten. Die Inselchen, die im Fahrwasser jener tief ins Land reichenden Meeresbucht zu sehen sein sollten, fand er noch nicht. Sie galten als untrügliche Landmarken vor der Einfahrt nach Vigo.

      „Morgen früh sind wir so dicht unter Land, daß du keine Schwierigkeit mehr haben wirst“, tröstete ihn Higgy.

      „Morgen früh sind wir vielleicht viel zu nahe unter Land“, sagte Dan einschränkend. „Und das wollen wir doch vermeiden, nicht wahr, Señores?“

      „Kein Legerwall, por favor“, stimmte Jung Philip zu.

      „Aus diesem Grund bin ich auch besorgt“, erklärte Dan und suchte so lange weiter, bis die Dunkelheit über dem Wasser und an Land sämtliche Einzelheiten verwischte und auslöschte. Der Konvoi war kurz nach dem ersten Augenkontakt mit dem Land auf einen Kurs gegangen, den Hasard signalisiert hatte: ein Strich östlicher als Nord.

      Schon im ersten, feuchten Morgengrauen stand die Gruppe der fröstelnden Seewölfe zwischen Bugspriet und Fockmast und hielt sich an Fallen und Stagen fest.

      „Ich erkenne sie wieder“, sagte Don Juan gerade. „Das ist die Einfahrt nach Vigo.“

      Die Ria de Vigo, nördlich der unsichtbaren Grenze von Portugal zu Nordspanien, bot den Blicken der Männer ihre dunkelgrüne Front, die nach Westen zeigte. Die kleinen Inseln vor der Einfahrt tauchten, im zunehmenden Licht der Morgendämmerung, eine nach der anderen aus dem Dunst der Küste auf.

      „Alles klar“, sagte Dan und bestätigte die Beobachtungen des Spaniers. „Meinst du, daß wir einen Lotsen brauchen?“

      „Nicht, wenn du dich mit deinen scharfen Augen auf die Back stellst. Du kannst ja den Sardinhas-Fischern zusehen.“

      Dan verzog das Gesicht.

      „Landratten-Ratschläge“, kommentierte er. „Immerhin folgen uns die anderen Schiffe.“

      Vor der Küste, wie erwartet, waren die winzigen Segel kleiner Fischerboote aufgetaucht. Über dem Wasser bis zur halben Höhe der Hänge und Felsen schwebte eine Schicht aus grauem Nebel. Die Sonne versteckte sich noch hinter den Gebirgsgipfeln, die irgendwo unsichtbar im Landesinneren aufragten. Die kleinen Kaps von Tuy und Sangenjo, im Norden, schoben sich deutlicher aus dem Nebel in den Atlantik hinaus.

      „Wir sind auf dem richtigen Kurs“, sagte Dan O’Flynn nach einer Weile. „Dahinter liegt Vigo. An Steuerbord.“

      „Wir werden sie gebührend aufwecken“, meinte der Seewolf, gab seine Befehle und ließ als Signal für die folgenden fünf Galeonen die Drehbasse Steuerbord achtern abfeuern.

      Längst hatten sich die Seewölfe auf das Kommando vorbereitet. Die Schebecke steuerte das Fahrwasser zwischen den größten mittleren Inseln an, die als natürliche Barriere und Wellenbrecher vor der Ria aus der Brandung wuchsen.

      Eine Kabellänge, bevor die Schebecke die kleinen Felsbrocken in Sichtweite hatte, sagte der Seewolf in unüberhörbarer Schärfe: „Ab jetzt wird’s ernst, klar?“

      Etwa zwanzig Seewölfe, die sich zwischen der Back und dem Grätingsdeck aufhielten und zur nahen Küste hinüberstarrten, riefen laut, deutlich und aus morgendlich rauhen Kehlen: „Si, si, Señor Capitán!“

      Dan O’Flynn, um die Schultern einen zerschlissenen spanischen Mantel gegen die klamme Kälte, stand auf der Back und beobachtete das Fahrwasser. Bisher hatte er keine Untiefen entdecken können. Die Fischer schienen über die sechs Schiffe nicht gerade erstaunt zu sein. Sie hatten ihre Boote hinter die Inseln an den Rändern der Ria verholt und warfen die Netze aus.

      „Gut so. Geradeaus weiter.“

      Dan schaute sich um. Vigo breitete sich in einem unregelmäßigen Halbrund um das Ende der Bucht an Steuerbord aus. Im Hafen lagen kleine und größere Fischerboote und zwei Galeonen, deren Masten entfernt waren und vielleicht an Land oder in der Werft überholt oder neu gezimmert wurden.

      Das Focksegel der Schebecke wurde eingeholt, die Rahrute hing waagerecht zum Heck. Von den Culverinen und den Drehbassen, die noch nicht ausgerannt worden waren, hatte Al Conroy längst die Persennige abgeschlagen und verstaut.

      „Fahrwasser ist frei!“ rief Dan und turnte entlang des Schanzkleides nach achtern.

      Die kleine Stadt erweckte einen friedlichen, fast schläfrigen Eindruck. Auf einem Burgberg thronte ein Castillo, aus dessen Mauerscharten fünf Geschützrohre hervorstarrten.

      In Kiellinie passierten die fünf Galeonen, angeführt von der „Salvador“ die Inseln vor der Einfahrt. Aus den Kaminen vieler Häuser ringelten sich Rauchsäulen in die Höhe. Der Wind verwirbelte sie langsam landeinwärts. Enge und verwinkelte Gassen führten vom Hafen zwischen alten Häusern hangaufwärts.

      „Wir legen uns achtern an den Steg voraus“, ordnete Hasard an. „Die Galeonen, wenn sie es schaffen sollten dort hinüber.“

      Er deutete zu den beiden entmasteten Rümpfen, die an einem steinernen Kai vertäut waren. Ein paar Fischer blieben auf dem schmalen Streifen zwischen dem Wasser und den Hausfronten stehen, schauten verblüfft die kleine Armada an und beruhigten sich, als sie die spanischen Flaggen erkannten. Im ruhigen Hafenwasser beschrieb der Bug der Schebecke einen Halbkreis. Die Segel wurden eingeholt, knappe spanische Kommandos hallten durch den Hafen. Es roch nach kaltem Rauch und nach Fisch.

      „Sieht nicht nach Schwierigkeiten aus“, meinte Ben Brighton leise zu Hasard. „Fünfhundert oder sechshundert Einwohner?“

      „Möglicherweise etwas mehr“, erwiderte der Seewolf.

      Die Belegtaue flogen auf den Steg, die Zwillinge sprangen hinterher und winkten zu den Fischern hinüber.

      „Buenos Dias, Freunde! Wir wollen euch reich werden lassen!“ rief Philip junior.

      Hasard dirigierte die „Salvador“ und die „Santa Helena“ zum Kai hinüber. Inzwischen liefen mehr Leute zusammen, Türen und Fenster öffneten sich. Im Abfall zwischen den Fischerbooten flatterten die Möwen auf.

      „Wollt ihr Fisch kaufen?“ fragten die Fischer lachend.

      Die Schebecke wurde belegt, und zwei breite Planken, die auf dem Steg lagen, krachten auf das Schanzkleid.

      „Wir wollen den Statthalter sprechen“, erklärte Hasard junior. „Ist es noch immer Don Jaime?“

      „Drüben, an der Plaza Mayor“, lautete die Antwort.

      Nacheinander glitten die Galeonen an den Kai und wurden an rissigen, uralten Pollern aus gebündelten Holzstämmen belegt. Die spanischen Seeleute lachten und schrien wild durcheinander. Knarrend rieben die Bordwände der Schatzgaleonen gegeneinander, die Belegtaue ächzten und rissen morsche Splitter aus den Pollern.

      Hasard schrie durch den Hafen: „Die Señores Kapitäne bitte zu mir an Land. Wir statten dem Gouverneur einen Höflichkeitsbesuch ab.“

      Das Kommando der falschen Spanier, angeführt von Don Juan de Alcazar, hielt sich auf dem schwankenden Steg bereit. An Bord der Schebecke wurden schon jetzt die leeren Fässer aus den Laderäumen gewuchtet. Hasard balancierte über die Planke. Auf den Galeonen bereiteten sich die Kapitäne und ein paar Offiziere auf den Landgang vor.

      Don Juan de Alcazar stand ein paar Schritte abseits, schaute sich schweigend um und richtete seine

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