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Kerl geworden.

      Er hatte sogar den Kommandanten herausgefordert, nachdem von diesem der Erste Offizier hinterrücks erschossen worden war. Und jetzt hatte es dieser Kommandant sogar fertiggebracht, den verletzten Teniente vom Floß wegzujagen.

      Der Capitán schlug mit dem Messer wie ein Wahnsinniger um sich. Dazu kreischte und heulte er.

      Sie untertauchten das Floß und stemmten es an der einen Seite hoch. Mit einem irren Schrei verlor der Capitán den Halt und rutschte ins Wasser. Dabei verlor er das Messer.

      Die vier Männer warfen sich über ihn und drückten ihn unter Wasser. Er zappelte und strampelte. Luftblasen blubberten nach oben. Dann wurden die Bewegungen langsamer und erstarben schließlich.

      Sie hatten ihren Kommandanten ersäuft wie eine junge Katze.

      Dann zogen sie das Floß zu dem Teniente, redeten nicht viel, sondern griffen einfach zu und packten ihn auf das Floß.

      Sie sahen es alle. Sein rechter Fußknöchel war nicht gebrochen, sondern zerschmettert.

      „Danke“, sagte der Teniente leise, „aber hier ist auch Platz für euch.“

      „Och, wir schwimmen lieber, Teniente“, sagte der Bootsmann. „Uns genügt’s schon, wenn wir uns festhalten können.“

      „Der Capitán ist ertrunken?“ fragte der Teniente.

      „So nennt man das wohl“, brummelte der Bootsmann.

      „Der Teufel hat ihn geholt“, sagte ein anderer.

      „Haben Sie Schmerzen, Teniente?“ fragte der Bootsmann.

      „Nein, überhaupt nicht. Ich fühle mich – so frei …“

      Es war das letzte, was der Teniente in seinem Leben sagte. Sein Kopf fiel zur Seite. Es war vollbracht.

      Der Bootsmann drückte ihm die Augen zu. Sanft ließen sie ihn ins Wasser gleiten, zogen sich auf das Floß und hockten sich hin.

      Zwei Tage später wurden diese vier Männer von Fischern auf einer Schaluppe abgeborgen – als einzige Überlebende der Kriegskaravelle „El León“. Sie hatten vereinbart, nichts über ihr Schiff und die Ursache seines Untergangs verlauten zu lassen. Sie erzählten irgendeine Geschichte von einem morschen Frachter, der ihnen unter dem Hintern wegsoff.

      Die Schaluppe segelte nach Huelva. Dort gingen die vier Männer von Bord, und ihre Spuren verloren sich.

      Die Admiralität verbuchte die Kriegskaravelle „El León“ als vermißt, und schließlich wurde sie auf die Verlustliste gesetzt.

      Mit Mann und Maus auf See geblieben …

      ENDE

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       1.

      Kapitän Miguel Pigatto, ein muffiger Querkopf mit stechendem Blick und unangenehmen Launen, verstand es, seinen Leuten derartige Gedanken auszutreiben, in dem er sie bis zum Umfallen schuften ließ. Mit jedem Tag kehrte er mehr den Schinder heraus, den die Crew allmählich zu hassen lernte.

      Mario Morales, im Begriff, in den Wanten des Großmastes aufzuentern, spuckte wütend aus, als der Kapitän unter ihm wieder neue Befehle brüllte.

      „Sklaventreiber“, murmelte er heiser und mit ausgedörrter Kehle. „Die Krätze wünsche ich dir an den Hals!“

      Für die Dauer einiger Atemzüge verschwammen der Mast und die Taue vor seinen Augen. Instinktiv klammerte sich Mario an den Webeleinen fest, den dünnen, geteerten Tauen, mit denen die Wanten horizontal ausgewebt waren, so daß Stufen entstanden. Ihm brach der Schweiß aus allen Poren, im nächsten Moment begann er verkrampft zu zittern. In seinen Eingeweiden schienen Dolche zu bohren. Jeder dieser Anfälle war schlimmer als der vorangegangene, und die Abstände zwischen ihnen immer kürzer.

      Morales atmete kurz und hastig, um das Prickeln zu vertreiben, das sich in seinem Brustkorb ausbreitete. Aber diesmal wollte es ihm nicht gelingen. Sein Kopf fiel nach hinten. Ein knackendes Geräusch im Nacken löste einen zweiten Schweißausbruch aus. Trotz seiner Benommenheit fühlte der Decksmann, daß seine feuchten Hände abglitten. Mit letzter Kraft warf er sich wieder nach vorn und hakte die Arme bis zu den Ellenbogen in die Webeleinen ein. Die Wanten waren steif durchgeholt und prellten ihn bretthart zurück.

      Verzweifelt kämpfte er gegen die Übelkeit an. Alles um ihn herum war in einem wilden Reigen begriffen – Spieren und Taue, Segel und sogar die Decksplanken verschmolzen zu einem Wirbel von Sinneseindrücken, die er nicht mehr auseinanderzuhalten vermochte.

      Dröhnend pochte das Blut durch seine Adern. Mario stieß einen halb erstickten Aufschrei aus und sackte in sich zusammen. Daß auf der Kuhl Männer aufmerksam wurden und zu ihm aufenterten, bemerkte er schon nicht mehr.

      „Morales soll sich zusammennehmen!“ brüllte Kapitän Pigatto vom Achterdeck her. „Verdammt, tut denn neuerdings jeder, was er will?“

      Jorge Zapata, ebenfalls Decksmann, turnte über das Besanstengestag heran. Er war als erster bei Morales und schaffte es gerade noch, ihn am Kragen zu packen. Augenblicke später erhielt er Unterstützung von den anderen.

      „Vorsicht!“ sagte er warnend. „Mario ist ein schwerer Brocken.“

      Das stimmte allerdings. Morales war ein Fleischkloß, nicht sehr groß, aber stämmig, mit einem Schmerbauch, der weit über den Gürtel hing, und aufgequollenem Gesicht. Während der letzten Monate hatte er sich zusehends zu seinem Nachteil verändert, war noch fetter geworden als früher, und unter seinen ungepflegt wirkenden Bartstoppeln zeichnete sich ein bläulichrot aufgeplatztes Adernetz ab. Die kleinen, unruhig blickenden Augen lagen tief in den Höhlen. Sie waren von dunklen Ringen gezeichnet.

      Besinnungslos hing er wie ein nasser Sandsack in den Wanten. Endlich schlug jemand ein Tau an und verknotete das eine Ende in mehrfachen Schlägen unter Morales’ Achseln. Auf diese Weise fierten die Männer ihn ab wie eine sperrige Last.

      Kapitän Pigatto hatte seinen Platz auf dem Achterdeck verlassen und stieg auf die Kuhl hinunter.

      „Was ist mit ihm?“ fragte er.

      Sein Tonfall ließ weniger Sorge um die Gesundheit seiner Leute erkennen als vielmehr um den raschen Fortgang der Arbeiten im stehenden Gut. Einige Pardunen – Hanftaue, die die Stengen seitwärts und schräg nach achtern abstagten – waren mürbe geworden und drohten beim nächsten Sturm zu brechen. Nur fragte die Crew sich, ob das angekokelte Tauwerk aus der Vorpiek, das Pigatto durchholen ließ, tatsächlich mehr Vertrauen in seine Haltbarkeit verdiente.

      Die Männer zögerten mit der Antwort. Schließlich war nicht zu übersehen, daß Morales schlichtweg abgenippelt war. Jorge Zapata schlug dem Bewußtlosen mit der flachen Hand ins Gesicht.

      „Seid ihr schwerhörig?“ rief der Kapitän wütend.

      „Morales ist krank“, sagte endlich Juan Barbara, der Segelmacher.

      „Krank?“ Pigatto schnaubte verächtlich. „Überfressen hat er sich. Der Kerl wird jeden Tag fetter, kein Wunder, daß er die Arbeit nicht verträgt.“

      „Sie tun ihm unrecht, Capitán“, widersprach Zapata.

      „Ich weiß, was ich sehe.“

      „Kaum ein Tag vergeht, an dem sich Mario nicht erbricht.“

      Der Kapitän vollführte eine unmißverständlich herrische Handbewegung. „Das soll er mir selber sagen. Na los, holt ihn aus seinen faulen Träumen zurück!“

      Juan Barbara kippte eine Pütz voll Seewasser über dem Bewußtlosen aus und reichte den Eimer zur Verschanzung weiter, damit die Männer dort ihn nochmals füllten.

      Der zweite Schwall brachte Morales endlich so weit, daß er sich stöhnend herumwälzte.

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