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      H. Die Furcht, Angst oder Vermeidung ist nicht Folge der physiologischen Wirkung einer Substanz (z. B. Substanz mit Missbrauchspotenzial, medikamentöse Wirkstoffe) oder eines medizinischen Krankheitsfaktors.

      I. Die Furcht, Angst oder Vermeidung kann nicht besser durch die Symptome einer anderen psychischen Störung erklärt werden, wie z. B. Panikstörung, Körperdysmorphe Störung oder Autismus-Spektrum-Störung.

      J. Falls ein medizinischer Krankheitsfaktor (z. B. Morbus Parkinson, Adipositas, eine Entstellung durch Verbrennung oder Verletzung) vorliegt, so steht die Furcht, Angst oder Vermeidung nicht damit in Zusammenhang oder geht deutlich darüber hinaus.

      Bestimme, ob:

      »Nur in Leistungssituationen«: Zu verwenden, wenn die Soziale Angststörung ausschließlich auf das Sprechen vor anderen bzw. das Erbringen von Leistungen vor anderen (oder in der Öffentlichkeit) beschränkt ist.

      Diagnostische Kriterien für eine Emotionale Störung mit sozialer Ängstlichkeit nach ICD-10 (F93.3)

      • Anhaltende Ängstlichkeit in sozialen Situationen, in denen das Kind auf fremde Personen, auch Gleichaltrige, trifft, mit vermeidendem Verhalten.

      • Befangenheit, Verlegenheit oder übertriebene Sorge über die Angemessenheit des Verhaltens Fremden gegenüber.

      • Deutliche Beeinträchtigung und Reduktion sozialer Beziehungen (einschließlich der Gleichaltrigen), die infolgedessen vermindert sind; in neuen oder erzwungenen sozialen Situationen deutliches Leiden und Unglücklichsein mit Weinen, Schweigen oder Rückzug aus der Situation.

      • Befriedigende soziale Beziehungen zu Familienmitgliedern und zu gut bekannten Gleichaltrigen.

      • Wie ist die Soziale Angststörung von Schüchternheit abzugrenzen?

      • Wie ändert sich die Symptomatik der Sozialen Angststörung von der frühen Kindheit hin zum Jugendalter?

      • Markus (12 Jahre) sorgt sich sehr um seine Leistung in der Schule. Was müssen Sie insbesondere abklären, um eine umgrenzte Soziale Angststörung diagnostizieren zu können?

      2 Während die ICD-10 dieses Störungsbild (image Kap. 3) als Elektiven Mutismus bezeichnet, sprechen ICD-11 und DSM-5 von Selektivem Mutismus. Letztere Variante wird auch hier bevorzugt, da diese beinhaltet, dass das Kind in einzelnen (also selektiven) Situationen schweigt.

      2 Epidemiologie, Verlauf und Folgen

      Fallbeispiel

      Markus war bereits im Kleinkindalter ein zurückhaltender Junge. Insbesondere in neuen Situationen und im Kontakt mit unbekannten Kindern und Erwachsenen verhielt sich Markus oft abwartend und vorsichtig. Oft weigerte er sich, neue Dinge auszuprobieren und reagierte mit Anspannung, Verweigerung und Weinen in Situationen mit vielen Reizen. Im Kindergarten- und Grundschulalter tat Markus sich schwer, Freundschaften zu schließen, hatte jedoch einen guten Freund mit dem er regelmäßig spielte. Mit dem Wechsel auf die weiterführende Schule im Alter von neun Jahren berichtete Markus von zunehmenden Leistungsängsten und beteiligte sich in den meisten Fächern nicht mehr am Unterricht. Von anderen Kindern wurde Markus zunehmend ausgegrenzt und war sozial isoliert. Im Jugendalter beschäftigt sich Markus hauptsächlich mit exzessivem PC-Spielen. Seine Eltern berichten, dass Markus zunehmend traurig gestimmt wirke und weitere Ängste entwickelt habe.

      Lernziele

      • Sie wissen, wie häufig die Soziale Angststörung im Kindes- und Jugendalter ist.

      • Sie wissen, welchen Verlauf starke soziale Ängste in den meisten Fällen bei Kindern und Jugendlichen nehmen.

      • Sie können häufige negative Folgen einer Sozialen Angststörung im Kindes- und Jugendalter benennen.

      • Sie kennen realistische und unrealistische Erwartungen hinsichtlich des Störungsverlaufs unter psychotherapeutischer Behandlung.

      2.1.1 Beginn der Sozialen Angststörung im Kindes- und Jugendalter

      Angststörungen, darunter auch die Soziale Angststörung, gehören zu den häufigsten psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter überhaupt. Jedoch sind epidemiologische Studien insbesondere zu Erkrankungsraten im Grund- und Vorschulalter vergleichsweise selten (Cartwright-Hatton, McNicol & Doubleday, 2006). Im Erwachsenenbereich legen aktuelle Schätzungen eine Lebenszeitprävalenz der Sozialen Angststörung von ca. 4–7% nahe (z. B. Beesdo-Baum et al., 2012; Stein et al., 2017). Konsistente Befunde zeigen sich dahingehend, dass in der deutlichen Mehrzahl aller Fälle die Soziale Angststörung vor dem 18. Lebensjahr beginnt. Es wird geschätzt, dass die Soziale Angststörung bei etwa der Hälfte aller Fälle ihren Beginn vor dem 13. Lebensjahr hat (Beesdo-Baum & Knappe, 2012). Insbesondere bei stark generalisierten und breiten sozialen Ängsten beginnt die Soziale Angststörung fast immer vor dem Erwachsenenalter (Wittchen et al., 1999). Die Frage, ab wann die Soziale Angststörung am frühesten auftritt, kann aufgrund der aktuellen Forschungslage nicht eindeutig beantwortet werden. Einzelne Studien berichten, dass Kinder bereits ab einem Alter von drei oder vier Jahren die Kriterien für eine Soziale Angststörung erfüllen können (Dodd et al., 2015). Im Hinblick auf die äußerst geringen Prävalenzzahlen vor dem Alter von acht Jahren (image Kap. 1.1.2), scheinen diese Fälle jedoch im klinischen Alltag nur sehr selten vorzukommen. In vielen Fällen gehen einer Sozialen Angststörung – wie im Fallbeispiel – bereits ein deutlich gehemmtes Temperament und Schüchternheit im Vorschulalter voraus.

      Definition: Epidemiologie

      Epidemiologische Studien untersuchen Erkrankungsmerkmale wie Häufigkeit, Neuerkrankungsraten, Geschlechterverteilungen oder Krankheitsverläufe. Epidemiologische Untersuchungen finden häufig in großen repräsentativen Bevölkerungsstudien in einem Land statt. Häufigkeitsangaben beziehen sich in der Regel auf einen bestimmten Zeitpunkt (Punktprävalenz) oder einen Zeitraum (z. B. 12-Monats-Prävalenz oder Lebenszeitprävalenz). Weiterhin untersuchen epidemiologische Studien die Rate der Neuerkrankungen in einem bestimmten Zeitraum (Inzidenz).

      In Deutschland

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