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unverantwortliche Begünstigung des Bischofs zu machen.

      Odas Gefangennahme war schnell bekannt geworden im Lande, und Albrechts Feinde, namentlich die Städter, erhoben ein großes Geschrei darüber. Abenteuerliche Erzählungen knüpften sich daran, wie sie in Hinterhalt gelockt und, natürlich wieder von der bösen Sieben, mit ihrem reisigen Gefolge überwältigt sei dicht bei der Stadt Quedlinburg, die nun wohl werde ausbaden müssen, was innerhalb ihrer Feldmark gefrevelt sei, denn der Falkensteiner werde sowohl ihr wie ihrem Schirmvogt – ein schöner Schirmvogt, dieser Raubgraf! – bald genug Fehde ansagen.

      Graf Hoyer, dem die beiden von Bock entlassenen Reisigen die Nachricht überbrachten, hatte die Gefangennahme Odas durch einen Regenstein'schen Dienstmann für einen Irrtum gehalten, den Graf Albrecht gewiß schnell gutmachen und gebührend entschuldigen werde. In dieser Absicht glaubte er den Grafen Bernhard gekommen. Als er sich jedoch hierin getäuscht sah, und vollends als er auf seine Frage erfuhr, daß seine Schwester noch nicht freigegeben war, machte er sehr ernsthafte Miene, dafür den Gast in den Turm zu werfen. Erst als ihm Bernhard mitteilte, in welcher Weise Oda, die ihnen nur ein glücklicher Zufall in die Hände gespielt hätte, auf dem Regenstein gehalten würde und daß ihr dortiges mit der größten Freiheit ausgestattetes Verbleiben vielmehr eine Maßregel gegen den Bischof als gegen ihn, den Grafen Hoyer, wäre, beruhigte er sich einigermaßen und erklärte, daß ihm die Abtretung der Grafschaft keineswegs so eilig wäre wie dem Bischof, dessen heftigem Drängen nachzugeben er durchaus nicht gesonnen sei.

      Mehr war nicht von ihm zu erreichen, am wenigsten ein bindendes Versprechen, von seinem Vorhaben gänzlich abzustehen. Gegen dieses Verlangen schützte er teils sein dem Bischof gegebenes Wort, teil seinen und seiner Gemahlin dringenden Wunsch vor, sich aus der Welt zurückzuziehen, und wollte Rücksichten auf seine Schwester Oda nicht gelten lassen; nur gefangen wollte er sie nicht wissen und forderte ihre sofortige Freilassung. Diese verweigerte Graf Bernhard mit der bestimmten Erklärung, daß die Regensteiner die Übergabe der Grafschaft Falkenstein an den Bischof nun und nimmer dulden würden. So schieden sie in Unfrieden voneinander, und Bernhard kehrte unverrichteter Dinge zurück.

      Um so gespannter waren die Grafen von Regenstein auf die immer noch nicht eingetroffene Antwort des Bischofs. Und als sie kam, was war ihr Inhalt? Kein Wort von der Grafschaft. Sondern der Bischof bezichtigte den Grafen Albrecht des Jungfrauenraubes und bedrohte ihn mit seinem Banne, falls er die Gräfin Oda von Falkenstein nicht sofort auf freien Fuß setzte.

      Albrecht lachte laut auf. Das war ein Schachzug des Bischofs, auf den er nicht gefaßt war.

      »Schade, Herr Rudolf von Dorstadt,« sprach er zu dem Dienstmann des Bischofs, der ihm dessen Schreiben überbracht hatte, »schade, daß ich Euch die geraubte Jungfrau nicht in ihrem Kerker zeigen kann, aber sie ist mit meinem Bruder Siegfried auf die Beize geritten, die arme, trostlose Gefangene!«

      »Der hochwürdige Bischof, mein gnädigster Herr, verlangt Euer ritterliches Wort, Herr Graf, daß Ihr die Gräfin Oda des ehesten los und ledig gebt,« erwiderte der Ritter.

      »Verlangt!? wer hat von mir etwas zu verlangen?« sauste der Graf ihn an. »Bin ich des Bischofs Mann wie Ihr? Soll ich das Fräulein vielleicht Euch ausliefern, daß Ihr sie dem Bischof bringt und er sie zu den Ursulinerinnen sperrt? Das wäre dem Erbschleicher wohl das liebste?«

      »Dort wäre ihre Unschuld wenigstens sicher,« gab Dorstadt boshaft zur Antwort. »Sagt mir doch, Herr Graf: zu welchem Zwecke haltet Ihr die Jungfrau hier?«

      »Danach hat kein Pfaffenknecht zu fragen!« rief Albrecht zornig.

      »Herr Graf, ich bin des Bischofs Gesandter!« fuhr Dorstadt auf, fast berstend vor Wut.

      »Und wenn Ihr des Teufels Gesandter wäret –! Doch was streit' ich mich mit Euch?« sprach der Graf verächtlich. »Wie der Herr so's Gescherr! Ah da kommt sie ja!«

      Der Graf stand mit dem Abgesandten des Bischofs auf dem oberen Burghof vor dem Palas, als Siegfried und Oda angeritten kamen, gefolgt von einem Falkonier, der einen verkappten Habicht auf der Faust trug und einen getöteten Entvogel am Sattel hängen hatte. Als sie vom Rose gestiegen herzu traten, sprach der Graf: »Ich bitte Euch, Gräfin Oda, sagt dem Ritter Rudolf von Dorstadt, ob Ihr hier als Gefangene gehalten werdet, oder ob Ihr mein gern hier weilender Gast seid.«

      Oda blickte verwundert erst den Grafen und dann den Ritter an und sagte darauf: »Ich genieße mit allem Dank die sorgliche Gastfreundschaft des Herrn Grafen.«

      »Schreibt's Euch auf, Herr, wenn Ihr schreiben könnt!« spottete der Graf.

      Aber Dorstadt sprach in einem sehr bestimmten Ton zu Oda: »Der hochwürdige Bischof von Halberstadt fordert Eure Entfernung vom Regenstein, gnädiges Fräulein, oder den Herrn Grafen trifft der Bann.«

      »Der Bann?!« rief Oda erschrocken, »um meinetwillen? Großer Gott! Dann muß ich fort, dann laßt mich fort, Herr Graf! gleich morgen, nein heute, heute noch!«

      »Nein! nein!« rief Siegfried schnell.

      Albrecht winkte ihm schweigen. »Darum doch nicht?« sprach er finster. »Jetzt will ich's, daß Ihr bleibt, Gräfin Oda!«

      »Und ich weiß, was ich von den Worten des Grafen von Regenstein zu halten habe«, sagte Ritter Dorstadt höhnisch.

      Graf Albrecht fuhr mit der Hand nach dem Dolch an seinem Gürtel, bezwang sich aber und sprach mit schallender Stimme und einem furchtbar drohenden Blick: »Verwegener! Laßt mich schleunig den Schweif Eures Rosses sehen, oder Ihr kommt nicht lebendig über die Zugbrücke!«

      Der Ritter wandte sich und bestieg sein Pferd. »Das will ich dir gedenken!« knurrte er, als er von dannen ritt.

      Oda war auf der Falkenjagd mit Siegfried so vergnügt gewesen. Sie ritt ihr eigenes Pferd und war eine gute Reiterin. Voll Freuden sprengten die beiden an dem lachenden Frühlingstage nebeneinander durch die Fluren dahin und pirschten auf das geflügelte Wild, das im Röhricht der Teiche um Michaelstein versteckt lag und dort von den Hunden aufgestöbert wurde. Siegfried strahlte von Glück an der Seite der Geliebten, die ihm so manches trauliche Wort, so manchen freundlichen Blick schenkte, und seine Hoffnung auf ihre Gegenliebe wuchs schneller als die Frühlingsblumen am Wegrain. Die Bäume prangten in leuchtendem Blütenschmuck, und die Höfe der Bauern standen wie in weißen Festgewändern, wie von luftigen Schleiern lieblich umwallt. Vogellieder tönten aus den Zweigen, und den beiden jungen Leuten klopfte das Herz in Lust und Fröhlichkeit.

      Als sie aber zu Hause Albrecht mit dem Ritter von Dorstadt trafen und das Verlangen und die Drohung des Bischofs hörten, kam es wie ein jäher Wassersturz über sie, der den einen mit ernüchternder Kälte aus wonnigen Träumen schreckte und die andere in Angst und Leid versenkte.

      Albrechts Antwort war allerdings ein starker Trost für Siegfried, denn er kannte seinen Bruder gut genug, um zu wissen, daß dieser nun, da es der Bischof forderte, Oda ganz gewiß nicht von sich lassen würde. Aber es konnten noch weitere Schritte des Bischofs folgen oder andere unvorhergesehene Ereignisse eintreten, die das Bleiben der Geliebten auf dem Regenstein zur Unmöglichkeit machten. Er überlegte sich daher, ob er nicht Oda seine Liebe gestehen sollte, damit sie nicht eines schrecklichen Tages von hinnen zöge ohne zu wissen, daß er sie liebte. Freilich bangte ihm, wie sie sein Geständnis aufnehmen würde. Eine fast geschwisterliche Vertraulichkeit hatte sich schnell zwischen ihnen eingebürgert, aber Oda war stets ruhig und gleichmütig, daß er in aller ihrer Huld und Freundlichkeit doch nicht das kleinste Zeichen von Liebe finden konnte. So verschloß er denn sein Geheimnis vorläufig noch und vertraute der Zukunft.

      Schon öfter hatte Albrecht in stiller Bewunderung die Augen an der anmutigen Erscheinung Odas geweidet. Ihr schlanker und doch kräftiger Wuchs paßte so gut zu der jungen Heldengestalt Siegfrieds, ihr schön geformtes Antlitz mit der zarten Farbe und den sanften, seelenvollen Augen war von unwiderstehlichem Liebreiz; ihre Bewegungen, so leicht und natürlich, hatten etwas angeboren Edles und Würdevolles, und bei aller mädchenhaften Zurückhaltung zeigte ihr Wesen doch etwas fest und sicher in sich Ruhendes.

      Das alles gewahrte Albrecht mit Freuden, und als er die Gefühle des jüngeren Bruders, der in Sachen des Herzens wenig Selbstbeherrschung

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