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das.«

      »Zwei Stunden Fußmarsch…?«

      Die Fahlinger-Greti nickte lachend. »Ja sicher. Das ist net gar so viel. Der Markus ist schon weiter gegangen. Mit dem Julchen ist er einmal…!«

      »Wir wollen jetzt keine Märchen hören, sondern unseren Sohn abholen!« Dr. Josef Lehner verfiel wieder in seinen alten Jargon. »Stellen Sie sicher, daß mein Sohn bald da ist. Sonst können Sie Ärger bekommen. Großen Ärger.«

      »Was ist?« Die Fahlinger-Greti verstand den plötzlichen Stimmungsumschwung nicht.

      »Markus’ Eltern möchten, daß Markus bald zurück ist.«

      »Nicht bald, sofort…!«

      »Aber das geht net.« Der Föhrenhoferin war inzwischen klar geworden, daß es keine freundlichen ­Worte mehr geben würde. Daß Heidrun und Josef Lehner nicht gekommen waren, um ihr Dank zu sagen. ­Denen paßte offensichtlich einiges nicht.

      »Was geht und was nicht, Gnädigste, das bestimmen nicht Sie.« Lehner war dabei, vollkommen die Beherrschung zu verlieren.

      »Hören S’ doch mit dem Quatsch auf, Doktor«, versuchte Monika ihn zu beruhigen. »Wenn der Alfons, Julchen und Markus unterwegs sind, dann kann sie niemand erreichen. Dann muß man warten.«

      »Sie hat recht.« Heidrun Lehner lächelte Monika mit süßsaurem Lächeln an. »Sagen Sie, kennen Sie Clemens schon lange? Ich meine, sind Sie schon lange mit ihm zusammen?«

      »Was verstehen Sie darunter?« Monika versuchte, ganz cool zu bleiben, obwohl sie ihr Herz plötzlich bis zum Hals herauf schlagen spürte.

      Heidrun Lehner, deren Art bisher zurückhaltend und bestimmend war, lächelte säuerlich. »Aber Kindchen, Sie wissen doch, was ich meine. Seit wann haben Sie eine Beziehung mit Clemens?«

      Monika fiel es schwer, ganz ruhig zu bleiben, aber es gelang ihr ausgesprochen gut. »Ist es bei Ihnen üblich, über seine Beziehungen zu reden? Da schau her, ich lern’ nicht aus. Bei mir ist das nicht üblich. Aber da Sie offensichtlich einen so großen Wissensdrang haben: ich habe keine Beziehung zu Clemens. Es soll ja früher, zu Ihrer Zeit, üblich gewesen sein, sich sehr rasch in wechselnden Beziehungen wiedergefunden zu haben. Heute ist das nicht mehr üblich. Jedenfalls nicht bei mir. Bei mir dauert’s etwas.«

      Heidrun Lehner hatte einen knallroten Kopf, wandte sich zuerst ab, dann verließ sie türeschlagend die Stube.

      »Ich verlange jetzt, daß Markus sofort da ist.« Josef Lehners Stimme deutete seine Streitbereitschaft an.

      »Ich kann Ihnen den Weg beschreiben, Doktor!« Monika war in einer Stimmung, die ihre Geringschätzung für Markus’ Vater sehr gut ausdrückte. »Entweder sind S’ jetzt geduldig oder Sie regen sich weiter grund- und sinnlos auf. Ihrer Gesundheit kommt das Aufregen nicht grad entgegen.«

      Da schloß die Föhrenhoferin die Augen. »Du meine Güte. Der Alfons. Er darf sich net aufregen. Was meinst, wie der sich aufregt, wenn der Bub nachher weg muß.«

      »Wenn man Sie reden hört, könnt man auf die Idee kommen, Markus’ Aufenthalt hier würd’ Ihnen einen großen finanziellen Gewinn bringen.« Lehner lachte. »Das wär’ ja noch schöner.« Er sah sich geringschätzig um. »Der alte Kasten bricht eh bald zusammen.«

      Die Fahlinger-Greti wußte inzwischen, mit was für einer Art von Mann sie es zu tun hatte. Sie schloß die Augen und schüttelte den Kopf.

      »Der Bub«, murmelte sie dann, »der Bub tut mir unendlich leid.«

      Im gleichen Augenblick wurde die Stubentür aufgestoßen, und Markus kam hereingestürmt. Er, Julchen und der Fahlinger-Alfons hatten den Hof durch die hintere Tür betreten und deshalb noch nicht mitbekommen, daß der Wagen Josef Lehners auf dem Hof parkte.

      Als Markus seinem Vater so plötzlich und unerwartet gegenüberstand, drängte er sich an Julchen und den Fahlinger, der inzwischen auch die Stube betreten hatte.

      »Vati«, sagte er dann mit dünner Stimme.

      »Komm«, sagte der. »Deine Mutter wartet im Wagen. Wir wollen dich abholen.« Dann griff er nach dem Arm seines Jungen und zerrte ihn Richtung Tür.

      »Was ist denn los?« Alfons Fahlinger hatte noch gar nicht begriffen, was der Besuch zu bedeuten hatte.

      »Reg dich net auf«, flüsterte die Greti ihm zu. »Das ist Markus’ Vater. Seine Mutter wartet im Auto. Sie wollen den Jungen holen.«

      »Jetzt…?«

      »Ja, jetzt.«

      Da begann Lehner wieder am Arm seines Sohnes zu ziehen. Markus’ Augen waren schreckhaft geweitet, als sein Vater ihn gewaltsam aus der Stube des Föhrenhofes zerrte. »Julchen«, rief er mit erstickender Stimme, »Julchen…!«

      *

      Mitten in der Nacht, es war drei Uhr in der Früh, wurde Greti Fahlinger wach. Sie hatte ein Geräusch gehört, wußte es aber nicht einzuordnen. Doch als sie sich zu Alfons umdrehte, wußte sie, woher das Geräusch gekommen war.

      Der Fahlinger lag mit schmerzverzerrtem Gesicht im Bett, preßte beide Hände auf seine Brust und röchelte.

      »Alfons?« Bisher war nur das Mondlicht in die Schlafstube des Föhringerhofs gelangt, jetzt knipste die Greti die Nachttischlampe an. »Alfons, was ist mit dir?«

      »Einen Arzt«, stammelte er, »ich brauch einen Arzt.«

      Wie sie war, rannte die Greti hinunter in die Diele, wählte die Nummer der Bergklinik und sagte: »Sag dem Doktor Vinzenz Bescheid, der Alfons hat einen Herzanfall. Er soll ganz rasch kommen.« Dann rannte sie zurück ins Schlafzimmer, wo ihr Mann immer noch kreidebleich auf dem Bett lag.

      »Ich erstick«, keuchte der.

      »Du darfst net so heftig atmen, Alfons, ruhiger atmen… viel ruhiger.«

      Dann rannte die Greti ins Bad, nahm einen Waschlappen, ließ kaltes Wasser darüberlaufen und rannte zurück in die Schlafstube. Sie wischte ihrem Mann die schweiß­nasse Stirn ab und legte den kalt-feuchten Waschlappen dann auf seine Brust.

      Noch immer atmete der Föhrenhofer schwer, aber er versuchte, seinen Atemzügen eine gewisse Kontinuität zu geben, was ihm schließlich auch gelang.

      »So ist’s gut«, versuchte die Greti, ihm Mut zuzusprechen, »der Wagen von der Bergklinik wird bald da sein.«

      Es dauerte auch nicht mehr lange, da war der Notarztwagen da. Dr. Trautner war selbst mitgekommen, und außer ihm noch ein Notarzt und zwei Rettungssanitäter.

      Sie versorgten den Fahlinger in seinem Bett mit Erstmaßnahmen, dann transportierten sie ihn durchs Treppenhaus in den Notarztwagen.

      »Was ist mit dem Alfons, Doktor?« Ängstlich sah die Greti den Chef der Bergklinik an.

      »Zumindest ist es wieder ein Herzanfall, hoffentlich ist es kein Infarkt.« Dann zeigte Trautner in den Wagen. »Es wird schon ein EKG gemacht. Nachher in der Klinik die Enzymdiagnostik gibt uns den endgültigen Aufschluß.« Dann zuckte er mit den Schultern. »Aber es sieht net gut aus. Wenn du willst, dann kannst mit uns hinunterfahren.«

      Alle Fahlinger-Kinder waren inzwischen aus ihren Betten aufgestanden. Julchen, die Jüngste, drängte sich an ihre Mutter, Tränen rannen ihr übers Gesicht. »Muß der Vati jetzt sterben?«

      Dr. Trautner fuhr dem Mädchen mit einer zärtlichen Geste über den Kopf und schüttelte den Kopf. »Der liebe Gott wird ihn noch eine Weile bei euch lassen. Aber die Mutti fährt jetzt mit uns in die Klinik. Morgen müßts ihr euch mal selbst Frühstück machen. Das könnt ihr doch, oder?«

      Julchen nickte, dann fuhr der Notarztwagen vom Föhrenhof, der vom Mondlicht beschienen wurde, es war eine gespenstische Szene.

      Am nächsten Nachmittag stand endgültig fest, daß der Fahlinger wieder Glück im Unglück gehabt und keinen Herzinfarkt erlitten hatte.

      »Mehr Chancen

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