ТОП просматриваемых книг сайта:
Die Bergklinik Staffel 1 – Arztroman. Hans-Peter Lehnert
Читать онлайн.Название Die Bergklinik Staffel 1 – Arztroman
Год выпуска 0
isbn 9783740916947
Автор произведения Hans-Peter Lehnert
Жанр Языкознание
Серия Die Bergklinik Staffel
Издательство Bookwire
Magdalena Grothe, von Markus Tante Magda genannt, war blaß geworden. Sie hatte einen Augenblick nachgedacht, dann losgelegt. »Jetzt will ich Ihnen mal was sagen, Frau Lehner, lasten S’ mir bitte nicht an, was Sie versäumen. Der Bub kann einem leid tun, und zwar gewaltig. Schauen S’ sich den Markus doch an. Wie es ihn nach Liebe und Anerkennung verlangt. Aber Sie lieben nur sich und sonst nix. Ja, schauen S’ nur. Und jetzt wünsch’ ich Ihnen einen guten Tag.« Dann war die Magda gegangen und bisher nicht wieder aufgetaucht.
Im Grunde ihres Herzens wußte Heidrun Lehner, daß ihre langjährige Haushälterin mit ihren Vorwürfen recht gehabt hatte. Daß Markus seine Mutter und keine Haushälterin brauchte. Sie wußte auch, daß es sie viel mehr getroffen hatte, als sie zugeben wollte, daß ihr Mann sie verlassen hatte.
Josef stritt zwar ab, eine neue Frau zu haben. Ihm wachse zu Hause einfach alles über den Kopf, war seine Antwort gewesen, als sie ihn gefragt hatte, warum er denn ausziehe. Doch Heidrun ahnte, daß es eine andere Frau gab.
Daß sie wieder in ihrem alten Beruf arbeitete und Aufträge angenommen hatte, diente nur einem Zweck, sie wollte ihrem Mann beweisen, daß sie es beruflich auch zu etwas gebracht hätte. Daß sein Managerjob ihm schon lange nicht mehr das bedeutete, was er einmal bedeutet hatte, das ahnte Heidrun.
Darüber gesprochen hatte sie nie einen Ton mit ihrem Mann. Er lehnte jede Diskussion über das Thema ab, war der Ansicht, daß zu Hause alles auf ihn zugeschnitten zu sein habe, schließlich habe er einen sehr anstrengenden Beruf.
Um Markus’ Erziehung hatte er sich nicht gekümmert. Josef hatte mit dem Jungen stets nur Schönes erlebt. Anfangs hatte er mit ihm einmal alle zwei Wochen was unternommen, dann einmal im Monat und schließlich gar nicht mehr.
Daß Markus sich nach seiner Nähe sehnte, war Josef nie aufgefallen, das heißt, als er es spürte, hatte er seine Unternehmungen zuerst reduziert und schließlich ganz eingestellt. So als fürchtete er sich davor, von seinem Sohn geliebt zu werden.
Heidrun wußte, daß Josef eine schwere Kindheit gehabt hatte. Er hatte sich gegen seinen überaus harten Vater durchsetzen müssen und war vollkommen ohne gefühlsmäßige Zuwendungen aufgewachsen. Etwas leisten war stets die Devise seines Elternhauses gewesen, und Josef hatte das in seine Familie übernehmen wollen.
Dabei hatte er vollkommen übersehen, daß mit einem sensiblen Jungen wie Markus anders umgegangen werden mußte.
Markus war jetzt zwei Wochen von diesem Bergbauernhof weg. Magda hatte erzählt, er habe jeden Tag stundenlang auf der Terrasse gesessen und nach Süden geschaut, wo er den Föhrenhof und Julchen wußte.
Daß er zu Beginn immer von ihr erzählt habe, aber schließlich immer schweigsamer geworden sei. Seit zwei Tagen habe er kaum was gegessen.
Heidrun machte sich inzwischen große Sorgen. Sie rief bei Josef an, auch in der Firma, aber er war nicht zu erreichen. Dann rief sie eine befreundete Ärztin an, erzählte ihr alles, und als die kam und mit Markus sprechen und ihn untersuchen wollte, weigerte der sich. Er stellte sich in eine Ecke seines Zimmers und verschränkte die Arme.
»Du wirst den Jungen in eine Klinik geben müssen«, sagte die in ihrer Eitelkeit getroffene Ärztin. »Wenn er hier alles verweigert, dann wird er in einer Klinik lernen, sich helfen zu lassen.«
»Es war falsch, ihn dort wegzunehmen«, sagte Heidrun Lehner leise vor sich hin. »Vollkommen falsch. Ich habe mich von Josef übertölpeln lassen. Clemens hatte vollkommen recht, die Psyche des Jungen ist krank, daran beißt keine Maus einen Faden ab.«
Als die Ärztin gegangen war, rief sie noch mal in Josefs Firma an und hinterließ, daß er sich bei ihr melden solle. »Sofort. Es geht um Markus. Sagen Sie ihm das. Auch daß er mich kennenlernt, wenn er seine Mitarbeit verweigert.«
Keine fünf Minuten später rief Josef zurück. »Wenn du mir drohst«, schrie er in den Hörer, »dann lernst du mich kennen.«
Heidrun legte einfach auf. Sie schloß die Augen und begann leise zu weinen. Sie wußte, daß sie vieles und Markus gegenüber so gut wie alles falsch gemacht hatte. Jetzt stand sie vor den Trümmern ihrer Ehe, und wie es mit Markus weitergehen sollte, das wußte sie auch nicht.
Dann klingelte das Telefon noch einmal. Sie ahnte, daß es Josef sein würde. Zuerst wollte sie den Hörer nicht abheben, dann tat sie es aber doch.
»Du solltest kommen«, sagte sie, »und zwar schnell. Unser Sohn ist sehr krank.«
»Ich habe keine Zeit…!«
»Du hattest nie Zeit.« Heidrun war außer sich. Sie zitterte am ganzen Körper. »Schau dir den Jungen an. Er ist genauso krank wie zu der Zeit, bevor er in die Bergklinik kam.«
»Er ist nicht krank, das weißt du. Er sträubt sich lediglich.« Josef Lehner schnaubte. »Der Junge muß lernen, sich zusammenzunehmen. Er muß lernen, seine Situation zu meistern.«
»Die Situation hast du ebenso geschaffen wie ich…!«
»Wieso?«
»Du bist sein Vater, ich seine Mutter.«
Josef Lehner schwieg. »Ich komme«, sagte er dann. »Ich werde mit ihm reden und ihn zur Vernunft bringen. Sehr viel Zeit habe ich allerdings nicht, aber es wird reichen, um ihm seinen Starrsinn auszutreiben.«
»Ich glaube nicht, daß der Junge mit sich reden läßt«, sagte Heidrun, »aber du kannst es versuchen.«
Eine halbe Stunde später war Josef Lehner da. Er hatte noch einen Schlüssel und stand deswegen unvermittelt im Wohnzimmer seiner Frau. Das ganze Haus war nach und nach in zwei Bereiche aufgeteilt worden, zuerst hatten sie getrennte Badezimmer, dann getrennte Schlafzimmer eingerichtet. Zum Schluß hatten sie dann völlig nebeneinander hergelebt, manchmal hatten sie sich tagelang gar nicht gesehen, obwohl sie beide zu Hause gewesen waren.
»Wo ist der Junge?« fragte er, ohne Heidrun zu begrüßen.
»In seinem Zimmer.«
»Was tut ein Junge in seinem Alter um diese Uhrzeit und bei dem Wetter in seinem Zimmer?« Josef Lehner schüttelte den Kopf, dann ging er in Markus’ Wohnbereich, der zwischen ihren beiden Wohnbereichen angesiedelt war.
Eine Viertelstunde später kehrte Josef Lehner zurück. Er war ganz offensichtlich sehr nervös. Er nahm sein Aerosol aus der Tasche und sprühte sich zwei Stöße eines zerstäubenden Medikaments in den Mund.
»Fehlt dir was?« Heidrun sah ihren Mann irritiert an.
»Der Junge macht mich nervös«, antwortete der. »Das da«, er zeigte auf die kleine Sprayflasche, »nehme ich, um mich abzuregen. Ich bekomme sonst Luftnot.« Dann atmete er tief durch. »Ich glaube, ich arbeite zu viel.«
Heidrun nickte, ging aber nicht näher auf das Thema ein. »Was ist mit Markus?«
Dessen Vater atmete tief durch. »Du hast recht, der Junge ist wirklich nicht in Ordnung.«
»Wir hätten ihn vorläufig auf dem Bergbauernhof lassen sollen.« Heidrun Lehner sprach sehr leise. »Da hat er sich wohl gefühlt. Die Leute haben ihm was vermitteln können, was wir nicht konnten. Wir beide sollten zuerst, wie auch immer, unser Leben in Ordnung bringen. Dann sollte der Junge wissen, woran er ist. Und einer muß immer für ihn da sein. Und ich darf das nicht alleine sein.«
Josef Lehner nickte, dann griff er wieder zu dem Aerosol.
*
Als Alfons Fahlinger in den OP geschoben wurde, saß seine Frau Greti zu Hause in der Küche und schälte Frühäpfel, weil sie sich beschäftigen wollte. Um nicht pausenlos an ihren Mann denken zu müssen, hatte sie sich entschlossen, Apfelmus zu kochen.
Dr. Trautner hatte ihr zwar angeboten, in der Klinik das Ende der Operation abzuwarten, doch da man von mindestens sechs Stunden Operationszeit ausging, hatte sie es vorgezogen, zu Hause zu bleiben, weil sie da ihre Nervosität besser in den Griff bekam und abgelenkter