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mit dem Alfons.

      »Wir müssen drüber sprechen«, sagte er nach einer Weile, »weil es ja schiefgehen kann. Der Professor und ein Arzt vom Herzzentrum in München haben mit mir über die Risiken gesprochen. Also ganz so, als würd’ man einen Pickel ausdrücken, ist es sicher nicht.«

      »Es wird gutgehen, Alfons, da bin ich mir ganz sicher.«

      »Und wenn net, dann…!«

      »Hör auf damit.« Greti Fahlinger wollte davon nichts hören.

      Doch ihr Alfons ließ sich nicht abbringen. »Jetzt bist mal stad. Also, wenn es net gutgehen sollt’, ich hab’ an deiner Seite ein schönes Leben gehabt. Wer hat in der heutigen Zeit schon sechs Kinder mit einer Frau.«

      Verlegen sah die Greti zu Boden. »Du sollst dich net bedanken. Das hört sich so endgültig an.«

      »Schmarrn.« Der Alfons lächelte. »Jetzt kann ich endlich mal was sagen, was ich sonst nie gesagt hätt’, und dann läßt du mich net.«

      Da nahm die Greti seine Hand und lächelte auch. »Dann sag schon, was du sagen willst.«

      »Daß ich dir viel zu selten gesagt hab’, daß ich dich immer sehr geliebt hab’ und daß ich noch heut’ genauso auf dich steh’ wie damals, als du mich erhört hast.«

      »Erinnerst du dich denn noch daran?« Um Gretis Mundwinkel spielte ein schmales, zurückerinnerndes Lächeln.

      »Das will ich doch meinen.« Plötzlich wurde der Fahlinger ernst. »Es war eine schöne Zeit. Und wenn sie zu Ende ist, dann gehst zum Greiner, das ist ein Anwalt in Garmisch. Zu Haus’ liegt alles in der Kommode. In der untersten Schublade ziemlich weit hinten.«

      »Was ist mit dem Anwalt?« Gretis Herz klopfte plötzlich wesentlich heftiger als sonst.

      »Da ist aufgeführt, wie du verfahren sollst. Er berät dich. Den Hof kannst erhalten, aber den ganzen Wald mußt verkaufen. Und zwar auf der Stell’. Der Greiner wird dich beraten und hat möglicherweise auch einen Käufer…!«

      »Du bist jetzt still.« Greti Fahlinger stand auf. »Ich geh’ jetzt. Also…!«

      »Jetzt wartest noch solang’, bis ich ausgeredet hab’, viel ist’s ja eh nimmer.«

      »Alfons, bitte…!«

      »Der Greiner hat auch ein Testament von mir. Da ist alles festgelegt, wie ich’s gern hätt’. Es ist aber net bindend für dich. Immerhin… also du könntest ja noch mal einen anderen Mann…!«

      Da beugte sich die Greti herunter zu ihrem Mann, küßte ihn sehr zärtlich auf den Mund und versuchte, ihn zuversichtlich anzulächeln. »Laß es dir gut gehen morgen. Ich schau am Abend vielleicht bei dir herein. Also, pfüat dich, Al­fons.«Wenige Sekunden später hatte sie das Krankenzimmer verlassen, ohne sich noch mal umzuschauen.

      Während die Greti zu Hause saß und Apfelmus kochte, hatte man den Föhrenhofer bereits an die Herz-Lungen-Maschine angeschlossen, der Brustkorb war eröffnet worden, und Professor Stolzenbach war gerade dabei, den Herzbeutel zu eröffnen.

      Währenddessen hatte Dr. Wolfgang Schröder, der 2. Assistent, im Bein mehrere kleine Einschnitte vorbereitet, Venenstücke freipräpariert, von denen Stolzenbach eines aussuchte, abklemmte und entnahm. Dieses Venenstück würde dann in Mikroarbeit an der Aorta und hinter dem Verengungsteil eingenäht werden müssen.

      Stolzenbach arbeitete konzentriert und sehr rasch. Dr. Schnabl vom Herzzentrum in München nickte ein paarmal anerkennend, und als Stolzenbach nach reichlich vier Stunden den Herzbeutel wieder schloß, war Fahlinger bereits wieder von der Herz-Lungen-Maschine abgeklemmt, und sein Herz arbeitete wieder selbständig.

      Als man ihn auf die Intensivstation schob, standen Dr. Schaubner, der Herz-Lungen-Anästhesist aus Erlangen, und Dr. Schnabl, der Herzspezialist vom Herzzentrum in München, vor dem OP beisammen.

      »Der Stolzenbach hat es total drauf«, sagte Schnabl, »das muß ihm der Neid lassen. Ich habe nie einen perfekter eine Aortennaht legen sehen. Warum der sich hier in den Bergen verkriecht, das versteh’ ich nicht.«

      »Ich schon«, antwortete Schaubner, »hier gibt es keine Hektik, und ausgerüstet ist die Bergklinik super.«

      »Sie würden in ein solches Haus wechseln?«

      »Warum nicht?« Schaubner zuckte mit den Schultern. »Schauen S’ sich doch mal hier um. Stolzenbach ist hier der unumschränkte König. Er kann tun und lassen, was er will. Außerdem habe ich nie eine schönere Umgebung gesehen. Sie schauen aus dem OP direkt in eine wunderschöne Bergwelt.«

      »Ich hätt’ jetzt noch was auf dem Herzen.« Dr. Wolfgang Schnabl sah seinen Erlanger Kollegen fragend an.

      »Und das wäre…?«

      »Hat der Stolzenbach auch mit Ihnen gewettet?«

      Schaubner schmunzelte und nickte schließlich. »Ja, auch mit mir hat er gewettet.«

      »Um was ging’s bei Ihnen?«

      »Also hat er auch Sie hereingelegt?«

      Dr. Schnabl nickte grinsend. »Man kann’s so nennen.«

      »Clemens Stolzenbach ist ein unmöglicher Typ.« Schaubner grinste kopfschüttelnd. »Schon während des Studiums war er immer super drauf. Er hat Dinge getan, von denen wir nur geträumt haben.« Dann grinste er. »Ich sag’ Ihnen aber nur, um was er mit mir gewettet hat, wenn Sie mir Ihr Stillschweigen zusichern.«

      Wolfgang Schnabl nickte. »Heraus mit der Sprache, ich muß wissen, ob ich oder Sie ihm mehr auf den Leim gegangen sind.«

      Dr. Schaubner sah sich um, ob ihnen auch niemand unbemerkt zuhörte. »Mit mir hat er gewettet, daß er mit weniger als einem Liter Ersatzblut auskommt.«

      »Du liebe Zeit, das ist nicht möglich… und?«

      »Er hat die Wette gewonnen.« Schaubner sah seinen Münchener Kollegen amüsiert an. »Und Sie… wie hat er Sie drangekriegt?«

      »Daß er die Aortennaht einhändig legt, und dieser Teufelskerl hat es geschafft. Und wissen Sie wie? Ich hab’ ihm quasi die zweite Hand ersetzt. Das hat er verlangt, und ich hab’ mich drauf eingelassen.« Dann lachte er. »Der Kerl hat sich zwei sonst hochbezahlte Spezialisten geholt und alles für ein Abendessen. Sie sind doch auch zum Abendessen nach Mittenwald eingeladen?«

      Schaubner nickte. »Das bin ich. Und ich hab’ mir vorgenommen, so viel und teuer zu essen, wie ich es noch nie getan hab’.«

      *

      Nach drei Tagen verließ Alfons Fahlinger die Intensivstation und nach zwei weiteren Wochen konnte er die Bergklinik verlassen.

      Dr. Trautner gab ihm zum Abschied die Hand. »Also, Föhrenhofer, jetzt kannst wieder nach Haus’. Laß dich net bitten, sie warten sicher schon auf dich. Du bist lang genug net daheim gewesen. Und grüß’ die Greti von mir. Aber denk’ dran, zuerst ein bisserl kurz treten.«

      Alfons Fahlinger wischte sich verlegen eine Träne aus den Augenwinkeln. »Ich dank dir, Doktor, und dem Professor richtest auch meinen Dank aus. Ich würd’s ihm ja gern selbst sagen, aber er ist im OP, hat man mir erklärt.«

      Eine dreiviertel Stunde später war der Föhrenhofer zu Hause. Ein Krankenwagen brachte ihn, aber er ließ sich schon ein paar hundert Meter weiter unten absetzen. Er nahm seine Tasche, bedankte sich bei dem Fahrer, stellte die Tasche auf eine Bank – die konnte später der Toni abholen – und ging dann ganz langsam in Richtung des Föhrenhofes.

      Alfons Fahlinger wußte, daß der Termin der Rückzahlung genau in acht Tagen war. Und wie er den Steiger kannte, würde der keine Sekunde zögern und sein Geld verlangen.

      Der Föhrenhofer wußte aber auch, daß es nur eine Möglichkeit gab, den Hof zu retten, und das war, einen Großteil seines Waldes zu verkaufen. Ihm grauste davor. Der Wald hatte immer zum Hof gehört, seit der erste Fahlinger vor mehr als hundert Jahren den Hof auf dieses wunderschöne Fleckerl Erde

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