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      HEINRICH. So sind wir ja alle zufrieden und glücklich.

      REINHARD. KARL.

      KARL. Und es ist Euer Wille? – Ihr verstoßt mich nicht?

      HEINRICH. Ich begrüße Dich als meinen Schwager; ich freue mich, daß ich Dich so nennen darf.

      KARL. O so sind die Menschen doch besser, als ich glaubte! – Aber noch kann ich mich in meinem jetzigen Himmel nicht zurechtfinden, meine Augen sind wie geblendet; vergebt diesem schwachen Herzen, das an Glück noch nicht gewöhnt ist. – O Adelheid! er sinkt vor ihr nieder. Du bist ein Engel vom Himmel, der mir die Versöhnung Gottes ankündigt; – auch meinen lieben Bruder hab' ich wieder gewonnen, alles endigt besser als ich

       dachte.

      ADELHEID. Steht auf, steht auf. – leise. Ich konnte nicht in den Garten kommen, ein langes Gespräch mit dem Bruder hielt mich zurück.

      REINHARD. Bist Du nun ganz glücklich, Karl?

      KARL. Ich hoffe, die Schuld ist nun von mir hinweggenommen, mein Bruder hat es ja auch gesagt; was wollen sie mehr? – er sieht sich furchtsam um. Rührt sich nichts? Hört Ihr nichts die Wände herabschleichen?

      REINHARD. Fasse Dich, lieber Karl, falle nicht wieder in Deine alten Phantaseien.

      KARL. O Bruder, ich bewache mich sehr. Aber soll der arme Mensch denn nicht wahnsinnig werden, wenn ihn das Wundervollste wie das Gewöhnlichste umgiebt? Ihr alle würdet eben so sein, wie ich, wenn Euch alles eben so begegnet wäre.

      HEINRICH. Ich glaube Dir, sieh, Du taumelst.

      ADELHEID. Karl, kennst Du mich? bist Du froh?

      KARL. O, ich bin vom Glanz geblendet, Adelheid, – theures Mädchen, für die ich glücklich sein möchte, – o wenn es nur jetzt ruhig bleiben wollte, – mein Herz klopft so ängstlich – mein Kopf schwärmt. – er kniet nieder. Ich beschwöre Dich, ich flehe es von Dir, laß es mir jetzt verziehen sein; sieh, das schönste Glück der Erde wird mir angeboten, so halte Dich nun auch still und abwärts, verzeih endlich Deinem unglücklichen Sohne: sieh diese Thränen und laß es nun genug sein. – er steht auf. Ich hoffe, es ist nun alles vorüber und ich fasse frischen Muth. Jede Strafe ermüdet endlich; warum sollte diese Rache nicht langsamer werden, und immer um mehrere Schritte hinter mir zurückbleiben, und immer mehr, bis ich sie ganz aus dem Augen verloren habe und ich davon wie von einem fernen Traume sprechen kann?

      HEINRICH. Gieb mir Deine Hand, Adelheid. – er legt die Hände in einander. Der Himmel segne Euch.

      REINHARD weinend. Seid immer glücklich!

      Der Geist Mathildens steht zwischen ihnen.

      ADELHEID. Welcher Schauder geht durch mein Gebein! –

      Der Geist geht ab.

      KARL schleudert Adelheid weit von sich, die übrigen entsetzen sich. Ha! es ist vorüber – es soll nicht sein! Und immer ungeheurer wird die Gegenwart und Mord und Tod kömmt aus der aufgeregten Erde wieder. – Und auch ich will nicht mehr leben. – Kommt heran, Ihr Mörder, hier ist mein Herz! – Sei verflucht, Mutter, dreimal verflucht, verflucht sei dieser Sohn, den du geboren hast, hundert, tausendmal verflucht! – Du hast kein Mutterherz, die Verdammniß hat dich zu einem Geiste der Quaal umgeschaffen. – er steht knirschend da, Adelheid und Heinrich entfliehn. Lauter und lauter donnerts! Herauf Verdammniß aus dem tiefsten Abgrund! – Wie Wolken steigen die Flüche empor.

      REINHARD. Fasse Dich, Bruder,

      KARL. Wer bist Du? Ich kenne Dich nicht! Eine wilde ungeheure Gestalt. – O hört, wie sie heulen im Abgrunde der Finsterniß, im tiefsten, letzten, vor dem jeder Lichtstrahl scheu zurückbebt, dort liegen sie an ew'gen Ketten, die Vatermörder, die Muttermörder; ein hohles Echo wirft aus den tiefen feuchten Schlünden ihre Schuld zurück, sie wünschen sich in das Getöse, in die Feuerfluthen der Verdammniß, um ihren Gedanken zu entkommen.

      REINHARD heftig. Bruder! komm zurück, ich beschwöre Dich! –

      KARL. Und diese erwarten mich! – Ich will zu Euch, ich will nicht lange zögern, die Stunde ist gekommen.

      REINHARD. Bruder, ich bin allein mit Dir und ich fühle, wie mich Dein Wahnsinn mit ergreifen könnte. – Um Gottes Barmherzigkeit! halt ein! oder ich fange mit an zu toben, bis wir uns das Gehirn an einander ausgerennt haben.

      KARL fällt weinend in seine Arme. Ach! Bruder! – Du siehst, wie elend ich bin.

      REINHARD. Karl.

      KARL. Wie soll es werden?

      REINHARD. Welche plötzliche Wuth hat Dich ergriffen?

      KARL. Die Mutter stand zwischen uns, als ich kaum Adelheids Hand in der meinigen fühlte.

      REINHARD. Du hast sie hinweggejagt, das Entsetzen ergriff alle gewaltig.

      KARL. Ach! Ihr seid das nicht gewohnt, – ich dachte wohl, daß es so kommen würde. Es giebt kein Glück, das nicht abblühte und verwelkte, so wie ich es berühre.

      REINHARD. Adelheid ward blaß wie eine Leiche, – o lieber Bruder, mein Herz ist zerrissen, alle meine Hoffnung ist dahin.

      KARL. Die meinige auch.

      REINHARD. Warum hab' ich Dich nicht immer geliebt?

      KARL. Liebst Du mich jetzt?

      REINHARD. O zweifle nicht länger.

      KARL. Recht mit dem Herzen? Mit einer wahren brüderlichen Seele?

      REINHARD. O wohl, alle Liebe, die mich Jahre hindurch hätte begleiten sollen, ist auf diesen Augenblick zusammengedrängt.

      KARL. So tödte mich. – Warum fährst Du zurück?

      REINHARD. Du erinnerst mich bitter an diese Nacht.

      KARL. Das will ich nicht. – Bruder! wenn ich Dich so nennen darf, so zieh den Dolch, – Du hast ihn doch bei Dir? – Hier ist er. –

      REINHARD. Unmöglich! – Dich ergreift ein neuer Wahnsinn.

      KARL. Nein, ich bin jetzt kalt. – Aber was soll ich noch im Leben? Was erwartet mich noch, daß es der Mühe werth wäre, daß diese Tropfen mit Pein durch diese Adern rinnen? Auch die Liebe ist für mich todt, ich soll nicht daran glauben.

      REINHARD. Höre auf.

      KARL. Meine Verbrechen mag ich nicht dadurch häufen, daß ich mir selbst den Dolch in die Brust stoße; das wirst Du nicht von mir hoffen und wünschen.

      REINHARD. Ach nein, Karl! – Aber es kann ja noch alles anders werden.

      KARL. O ja, und das wird es auch, unfehlbar wird es das. Mein Wahnsinn wird nun immer älter, er schießt immer giftiger empor. Ich bin dann von jedermann verlassen, ich weiß dann von mir selber nichts und zerstoße mir an der Mauer den Kopf unter Gotteslästerungen. – Dann ist alle Hoffnung der Vergebung entflohn. – Oder Du siehst mich vielleicht auf offnem Markte vor den Augen des Volks langsam auf einem Scheiterhaufen sterben, denn ich habe meine Zunge nicht in meiner Gewalt, ich weiß nicht, was ich thun kann, was ich gewiß thun werde.

      REINHARD laut schluchzend. Hör' auf, Du zerreißest mein ganzes Herz.

      KARL. Oder Du siehst es, wie ich mich wahnwitzig in schweren Ketten schleudre und mich und den Himmel verfluche. – Willst Du darauf warten? so wird es sich ändern.

      REINHARD. Laß mich sterben, Bruder.

      KARL. Geh, Du bist ein Nichtswürdiger; so lange hast Du mich meiner Quaal überlassen, und nun kömmst Du, um mich mit Deiner Liebe erst ganz elend zu machen. Als Du mich haßtest und den Dolch gegen meine Brust erhobst, da warst Du mir theurer, da warst Du mein Bruder, jetzt kenn' ich Dich nicht mehr, – ich fluche Dir, so wie mir!

      REINHARD kniet vor ihm nieder. Bruder! – Ach! wie jedes Wort mein armes Herz zerspaltet.

      KARL, der auch niederkniet und ihn so umfaßt. O lieber Reinhard, so erhöre mich. Bei unsern Kinderjahren, bei allen Erinnerungen

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