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treten auf mich zu, welche wunderbare Versammlung. – er ist eingeschlafen.

      REINHARD kömmt zurück. Ich habe alles überlegt; – und warum könnt' ich es nicht selber thun? – Er gewinnt im Tode und die Welt gewinnt mit ihm. – Die sorgfältige Feigherzigkeit hält uns immer von Thaten zurück, deren wir uns freuen würden, wenn nur der Augenblick der Ausübung erst vorüber wäre. – Hier liegt er, ich finde keine günstigere Gelegenheit, – dieser Dolch soll mir Luft machen.

      KARL träumend. Bruder!

      REINHARD. Er nennt mich im Schlafe? er denkt an mich? – Es war ein seltsamer Ton, mit dem er dies Wort aussprach, – diesen Ton hab' ich noch nie von ihm gehört. – Bin ich denn ein Kind geworden? – Wie sanft er schläft. – Man sagte mir, er schliefe keine Nacht, – dies ist vielleicht nach langer Zeit seine erste Erquickung. – So traf ich ihn einst schlafend im tiefen Walde an, als er noch ein Knabe war, und er lag so holdselig und unschuldig da, daß ich es nicht lassen konnte, ihn in meine Arme zu schließen, und ihn mit Thränen und Küssen zu bedecken; er erwachte damals und wir gingen nach Hause und schwuren uns ewige brüderliche Liebe. – Ach Gott! er hat viel zu leiden, wie bekümmert sein Gesicht aussieht, er hat nichts auf dieser Welt. – Wie kommt der Dolch in meine Hand? – Ach! er ist ja derselbe Karl, der er damals war, sein Vater ist todt, seinen Bruder hatte er schon früher verloren – ich muß ihn wecken – so schlug mein Herz noch nie, – Bruder, Bruder Karl, wache auf!

      KARL. Was ist? – Was willst Du? – Ach Gott, Reinhard!– Laß mich, ich habe Dir nichts gethan.

      REINHARD. Ermuntre Dich um's Himmelswillen, damit ich Dir nicht unversehens den Dolch in die Brust stoße, – es ist Nacht, die Gedanken der Menschen wechseln wunderlich. – er schließt ihn in seine Arme. O mein Bruder! kannst Du mich noch lieben?

      KARL. Wie ist Dir, Reinhard; kennst Du mich? – Mir träumte eben, ich schlief' so sanft, ich versöhnte mich mit Dir, und darf ich's glauben? – Du stehst vor mir, – oder ist es nur ein neuer Traum?

      REINHARD. Nein, nein, es ist, – o vergieb mir, Karl, es war fürchterlich, – so eben haßt' ich Dich noch von Herzen, – so eben wollt' ich Dich ermorden. – Horch! wie fürchterlich die Bäume noch deswegen um mich rauschen, der Mond entfloh, so wie ich die Hand erhob, – o mein Bruder, jetzt ist mein brüderliches Gefühl zurückgekommen, – Du bist wohl sehr unglücklich, – ich habe Dich schon seit lange verlassen.

      KARL. Wie wunderlich seltsam wird mit mir gespielt! – weinend. Wozu all' diese Liebe? Sie nützt mir nun nicht mehr. – Es kann nichts mehr gut werden.

      REINHARD. Es kann, es soll. – Liebst Du Adelheid?

      KARL. Von meiner frühsten Jugend, – ach ja! und sie erklärte mir heut, daß sie mich liebe.

      REINHARD. Nimm sie, sie sei Dein, ich trete freiwillig zurück, – aber söhne Dich mit dem Leben wieder aus, an Eurer Freude will ich meine Schmerzen vergessen.

      KARL. Warum muß mir alles Wunderbare begegnen?

      REINHARD. Ich kann auf mancherlei Art noch glücklich sein – ich bin über mich selbst belehrt, aber Du bist verloren, darum nimm sie, liebe sie, liebe mich, – laß die Brüdereintracht wieder hergestellt sein.

      KARL. Ihr wollt mich alle wahnsinnig machen. Ich werde mich nicht retten können – so viel Liebe, – o mein Herz möchte brechen – ich ging im Elend zu Grunde und mir war besser, – jetzt zerreißt mich die Freude. – Ach, Bruder! ist es Dein Ernst? Kannst Du mich vor Augen sehn? kannst Du meine Hand mit Herzlichkeit fassen? – Bist Du mir gut?

      REINHARD. Sieh diese Thränen. Kannst Du noch zweifeln? – Ja, ich war schlecht, aber nun bin ich besser. Ja, nimm mich wieder an, ach! ich habe ja nur den einen Bruder; als Kind träumte mir oft, ich sähe Dich im Wasser untersinken, und ich mußte dann die ganze lange Nacht hindurch weinen, am Morgen sucht' ich Dich dann desto schneller auf und umarmte Dich um so inbrünstiger, – und jetzt ließ ich Dich der Verzweiflung ohne Rührung, meines Vaters Tod bewegte mich nicht, – alles kömmt nun in einem Augenblicke zurück! –

      KARL fällt in seine Arme. Nun, so habe Dank, sei mein, – ich bin Dein bis zum Tode! –

      REINHARD. Der Morgen bricht hervor. – Komm hinein, ich will selbst für Dich zu Heinrich sprechen. – Mir ist, als wärest Du von einer langen Reise zurückgekehrt. O daß sich Menschen so verkennen mögen!

      KARL. Ich taumle noch; leite meine Schritte, unterstütze mich.

      REINHARD. Ich möchte Dich auf meinen Armen hineintragen. – O lieber Bruder! Wir weinen beide: so wollen wir vor Adelheid treten. – sie gehen ab.

      (Saal in der Burg Orla.)

      HEINRICH. ADELHEID, die von verschiedenen Seiten auftreten.

      HEINRICH. Guten Morgen, Schwester, – bist Du auch schon wach?

      ADELHEID. Ich habe fast die ganze Nacht nicht schlafen können. Immer, wenn mir etwas Neues und Fröhliches begegnet, kann ich nicht müde werden. – Von hier sieht man die Sonne gar herrlich aufgehn.

      HEINRICH. Ich erinnere mich noch wohl dieses Fensters und eben darum kam ich herein.

      ADELHEID. Wie viel hat man sich zu sagen, wenn man sich in so langer Zeit nicht gesehn hat; mir ist in der Nacht noch manches eingefallen, was ich vergessen hatte.

      HEINRICH. Wir können uns ja nun aussprechen. – Bald, hoff' ich, sollst Du mich als verheiratheten Mann sehn, wenn mich die hiesigen Fräulein nicht ausschlagen wollen.

      ADELHEID. Wie denkst Du von Karl von Berneck?

      HEINRICH. Ich habe ein inniges Mitleid mit ihm, er ist gut und achtet sich unter den Menschen selbst für verloren.

      ADELHEID. Sein Bruder Reinhard liebt ihn nicht.

      HEINRICH. Die Jugend braust noch zu sehr in ihm, er wird vielleicht ein liebenswürdiger Mann werden.

      ADELHEID. Ach, lieber Bruder, es ist Unrecht, wenn ich vor Dir Geheimnisse haben sollte: – Karl von Berneck hat mir gesagt, er liebe mich, was sagst Du dazu?

      HEINRICH. Wichtiger ist, was Du dazu sagst.

      ADELHEID. Ich weiß nicht mehr, was ich ihm geantwortet habe, aber ich glaube, es war fast das nämliche, was er mir sagte.

      HEINRICH. Glück zu! er genest dann vielleicht von seiner Melankolie, die das Unglück seines Hauses in ihm erzeugt hat.

      REINHARD kömmt. Gott grüß Euch, ich dachte nicht, Euch beide schon munter zu finden.

      HEINRICH. Der schöne Morgen hat uns geweckt.

      REINHARD. Mein Fräulein, ich komme mit einer eigenen Botschaft. Ich habe meine Bewerbung um Euch geendigt, ich bin mit meinem Bruder versöhnt, und ich bitte für ihn um Eure Hand.

      ADELHEID. Gott! wie viele Freude auf einmal! – O verzeiht mir, Ritter, ich weiß nicht, was ich spreche. – Ihr seid mit ihm versöhnt?

      REINHARD. Wie schwer und schmerzlich zu hassen, und wie leicht ist dagegen die Liebe! Welch ein Leben führen wir im Haß? Wir haben keine Sonne, die uns leuchtet, kein Feuer, das uns erwärmt; wir verlieren in einer todten Einsamkeit unsern eigenen Werth.

      ADELHEID. So hör' ich Euch gern.

      REINHARD. In dieser Nacht ist eine wunderbare Veränderung mit mir vorgegangen. Mir fiel es zum erstenmale auf's Herz, wie elend mein Bruder sei, wie von aller Welt losgetrennt, fern von jedem Schimmer des Glücks, wie er nicht einmal sagen könne, daß er einen Bruder habe, – o wir werden innerlich oft anders, ohne daß wir sagen können, wie es geschieht; und so ist es mir ergangen. – O lieber Ritter, widersetzt Euch meiner Bitte, der Bitte meines Bruders nicht: vergeßt seine Fehler, er wird anders werden, er ist gut.

      HEINRICH. Ich habe nur so lange geschwiegen, weil ich Euch bewundert habe. Ihr seid ein edler Mann, ein zärtlicher Bruder; mich freut es, daß Ihr wieder einverständigt seid und ich kann gegen diese Verbindung nichts einwenden. Möge sie glücklich sein auf immer! – Aber wo ist Euer Bruder?

      REINHARD.

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