Скачать книгу

lassen. Um seine Hütte herum spielten seine zwei Raben. Und wenn nachts der Föhn von den Bergen kam und der Urwald um ihn herum krachte und Bären und Wölfe und ein greulicher Spuk von höllischen Geistern um sein Hüttlein tobte und heulte, fürchtete er sich doch nicht, denn die Engel eilten zu seiner Hilfe herbei und trösteten ihn.

      Nach und nach, als er viele Jahre in der Wildnis gelebt hatte, wallfahrteten doch wieder die Leute zu ihm, die von seinem heiligmäßigen Leben gehört hatten. Einst aber schlichen sich heimlich zwei Räuber durch den Wald, die in der Hütte des Einsiedlers Schätze zu finden hofften. Doch er hatte sie im Geist schon nahen sehen.

      Wie sie nun in seine Hütte kamen, war er gar freundlich mit ihnen und bewirtete sie, so gut er vermochte. Aber auf einmal überfielen ihn die zwei Räuber und schlugen ihn mit ihren Keulen tot. Sie erschraken aber doch schier, als nun die zwei Raben St. Meinrads wie wild krächzten und um sie herumflatterten. Als sie aber die Kerze zu seinen Füßen anzünden wollten, wie er’s gewünscht hatte, brannte die von selber.

      Jetzt packte sie ein großer Schrecken. Sie erkannten, daß sie einen Heiligen ermordet hatten, und flohen durch die dichten Wälder davon, Stunden und Stunden weit. Aber hoch über den Riesentannen flatterten ihnen die Raben immer nach. Endlich sahen sie die Stadt Zürich. Dort glaubten sie sich nun wohlgeborgen. Sie gingen in eine Wirtschaft und wollten wegen ihrer Angst schon zu lachen anfangen, da schoß plötzlich das treue Rabenpaar durchs offene Fenster auf die Mörder los, und das bedünkte die andern Gäste gar seltsam. Sie nahmen die beiden Räuber fest, und siehe, bald erkannte man in den zwei Raben die Raben des Heiligen im Finstern Walde. Die Mörder gestanden ihre Untat und mußten darnach auf dem Rade sterben.

      Den heiligen Meinrad aber begrub man in der Wildnis, wo später das Kloster Maria Einsiedeln gebaut wurde.

      Sein Herz jedoch wollte man ins Kloster Reichenau im Bodensee bringen, wo der Heilige einst Klosterherr gewesen war. Als man aber mit dem Herzen an der Kapelle auf dem Etzelberge vorbeifahren wollte, brachte man den Wagen so lange nicht weiter, bis man das Herz des heiligen Einsiedlers in der dortigen kleinen Kapelle beigesetzt hatte. Denn gar zu gerne war er früher vor der Kapelle gesessen und hatte von seinem Berge aus auf den blauen See und die schöne Welt hinunter geträumt.

      Die zwei treuen Raben St. Meinrads aber fliegen heute noch im Fähnlein der schwyzerischen Waldleute von Einsiedeln.

      Auf den Trümmern der großen Römerstadt Vindonissa [Windisch] im Aargau, nahe beim heutigen Prophetenstädtchen Brugg, hauste einst ein heiliger Klausner namens Teutbert. Er war aus dem fernen Schottland übers Meer gekommen und hatte überall fleißig das Christentum predigen und das heidnische Wesen abstellen helfen.

      Als er nun alt geworden war, hatte er sich an die friedlichen Gelände der Aare zurückgezogen und auf den Trümmern der alten Heidenstadt ein schlichtes Kapellchen und eine kleine Hütte erbauen lassen. Darin führte er seit langem ein heiliges Leben und gedachte in süßem Gottesfrieden seine Tage zu beendigen.

      Eines Tages saß er in seiner Klause. Die Abendsonne erleuchtete seine Hütte also schön, daß die kahlen Wände, das harte Lager und der ungehobelte Tisch gar herrlich vergoldet wurden. Es war dem Heiligen, als sitze er schon in der Wartstube des Himmels und als müsse alle Augenblicke die Türe zum Paradiese aufgehen. Da begann er sein langes Leben zu überschauen. Und als er sah, wie es voll war von Mühsal und Kampf, von Geduld und Entsagung zur Ehre Gottes, wurde ihm wohl wie einer Blume im Sommermorgentau. Er war zufrieden mit sich, denn nun hatte er alle Sünden abgetan, und nichts sollte ihn mehr bewegen können, Gott zu mißfallen, und wenn man ihm dafür die Grenzberge des ganzen Aargaues in Gold verwandelte. Und er freute sich in seinem Herzen, daß er die Welt so völlig überwunden und den Sieg über sich für immer davongetragen hatte. Nun durfte er ruhig, ja freudvoll sterben, denn die kleinen pausbackigen Engelein würden ja wohl die Geigen frisch stimmen, wenn er durchs offene Himmelstor eintreten wird. Ei, das wird ein Halleluja werden!

      Wie er diesen lieblichen Gedanken noch so ausspann, klopfte es an die Türe der Klause, und jetzt ging sie auf, und ein schönes, rotwangiges Mägdlein trat über die Schwelle. Es schien ein Bauernmägdlein der Umgegend zu sein der Tracht nach, doch war es viel feiner, und er hatte es doch vordem noch nie gesehen. In der Hand hatte es ein irdenes Krüglein.

      »Gott zum Gruß, heiliger Vater«, grüßte das Mägdlein.

      »Sei mir gottwillkommen!« antwortete der Einsiedler. »Was suchst du, Kind, in meiner armen Hütte?«

      »Ich möchte bei Euch beichten, heiliger Vater«, sagte das Mägdlein und senkte in holder Verschämtheit sein blondlockig Köpfchen, also daß es schöner war als ein frohlockender Sonnenstrahl in einem Weihbrunn.

      Der heilige Teutbert hob seine Augen und sein Herz zu Gott und hörte an Gottes Statt die Beichte des lieblichen Mägdleins. Sie dauerte nicht lange, denn das Mägdlein wußte nichts Sündigeres zu bekennen, als daß es hie und da die Lust ankomme, die Leute ein bißchen zu necken. Als es der Heilige gesegnet hatte, sagte er freundlich lächelnd: »So geh nun, mein gutes Kind, und laß künftig deine Schelmerei.«

      Nun erhob sich das Mägdlein, das bisan vor dem Einsiedler auf den Knien gelegen hatte, und sagte zum Klausner: »Heiliger Vater, ich hätte Euch wohl gerne eine Gabe mitgebracht, wie es so Brauch ist, da Ihr arm seid und alt, aber ich habe nichts als dies irdene Krüglein, das will ich Euch gerne geben. Vielleicht, daß Ihr’s doch gut brauchen könnt, weil Ihr Euch gewiß schwertut, wenn Ihr wie bisher das Wasser mit der Hand aus dem Bache schöpfen müßt, der zudem weit weg ist.«

      Der Heilige lächelte und sagte gerührt: »Ich danke dir, mein Kind, aber das Krüglein kann ich nicht nehmen, denn zum ersten diene ich den Mitmenschen nicht um Lohn, und zum andern habe ich nun das Wasser dreißig Jahre lang mit der Hand aus dem Bach geschöpft; sie sei mein Becher, bis ich sterben darf.«

      Damit tat er dem Mägdlein die Türe auf, und es machte sich still aus der Einsiedelei. Aber als es draußen vor der Hütte stand, stellte es das Krüglein hart an die Türe und verschwand dann im Gestäude.

      Der heilige Teutbert aber saß noch ein Weilchen in der Hütte, die ein seltener Wohlgeruch erfüllte, also daß es ihm eine Zeitlang war, als sitze er wie ein honigsuchendes Bienlein in einem weißen Lilienkelch.

      Dann aber erhob er sich, um noch ein bißchen vor die Hütte zu gehen und die Abendkühle zu genießen.

      Wie er aber die Türe öffnete, schlug sie auf, und als er über die Schwelle trat, sah er das hübsche Henkelkrüglein vor der Hütte liegen. Er mußte lächeln und freute sich des braven Mägdleins, das ihm durchaus sein Krüglein schenken wollte. Und als er’s so besah, fiel es ihm ein, daß er ein alter, bresthafter Mensch sei und daß es ihm nichts schaden könnte, wenn er die fromme Gabe annehme und das Wasser künftig mit dem Krüglein statt mit der bloßen Hand zu seiner Labung schöpfe. Er sagte also der anmutigen und doch so demütigen Geberin in seinem Herzen Dank und machte sich gemächlichen Schrittes zum Bach. Dort füllte er das Gefäß und kehrte dann heiteren Sinnes, völlig zufrieden mit Gott und der Welt und sich, in seine Klause zurück.

      Wie er in der Hütte ankam, stellte er das Krüglein aufs Fenstergesims. Aber kaum hatte er’s abgestellt, fiel es um, und das kühle Wasser, das er sich für die lange Hochsommernacht so bequem in der Nähe zu halten gedachte, floß in der Klause herum. Das bedünkte den alten Einsiedler lustig. Er lachte auf, nahm das Krüglein und eilte dann so geschwind, als es ihm seine zitterigen Beine zuließen, wieder zum Bach zurück, aus dem er’s von neuem füllte. Als er damit nach der Einsiedelei zurückkam, stellte er’s wieder aufs Fensterbrett, und als es wieder umzufallen drohte, nahm er’s flink zur Hand, holte ein paar Steinchen vor der Türe, ging wieder hinein und sagte: »Wenn du hinkst, so sollst du mir nun doch gerade stehen.« Damit legte er die paar Steinchen aufs Fenstergesimse und stellte das Krüglein auf der Seite darauf, wo er glaubte, daß es ein wenig schief sei. Aber kaum war er davon weg, so fiel das Krüglein wieder um, und das Wasser floß aus.

      Jetzt wurde er aber ungeduldig. Brummend nahm er’s wieder auf, und da er sah, daß ein schweres Gewitter am Himmel stand, wollte er’s durchaus noch füllen,

Скачать книгу