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anlangten, trieben sie die Speere in den Boden und riefen: »Hier wollen wir wohnen in alle Ewigkeit!«

      Also ließen sich Swyt und Schej im Tal nieder mit all ihren Leuten. Aber als sie dem Lande einen Namen geben sollten, gerieten die beiden Brüder in Streit, da jeder das Tal nach seinem Namen nennen wollte. Und sie sagten sich voneinander los, und wie sie sich früher geliebt hatten, so haßten sie sich jetzt.

      Eines Abends, als das Alpenglühen auf den Schneebergen lag, fielen sie mit den Schwertern übereinander her und kämpften so lange miteinander, bis endlich Schej tot hinsank. Darnach wurde das ganze Tal nach dem siegreichen Anführer Swyt das Land Schwyz genannt, wovon dann in späterer Zeit die ganze Schweiz ihren Namen erhielt.

      Im Lande Unterwalden, am Vierwaldstättersee, hauste vor undenklicher Zeit ein fürchterliches Untier. Ob dem Dörflein Wyl [Wil] hatte es seine Höhle. Es war ein greulicher Lindwurm, der einen Schuppenpanzer um den Leib und messerscharfe Krallen hatte. Wenn er aus seiner Höhle durch die Luft schoß, sah er aus wie ein ungeheures, fliegendes Krokodil. Aus seinem Rachen aber konnte er Feuer speien. Die ganze schöne Gegend um das Dörflein wurde von ihm verheert und in Furcht und Schrecken gehalten, also daß man das Dörflein Wyl zuletzt Ödwyl nannte.

      Der Drache verschlang nicht nur das Vieh, sondern auch die armen Hirten. Und wenn ein Hirtenbüblein sich noch so sachte und still mit seinem vollen Milchtanslein den Hecken und Wäldern entlangschlich, der Lindwurm sah es gewiß. Auf einmal schoß er heran, und weg war das Hirtenbüblein. Einmal suchten zwei arme Mägdlein Beeren in der Weid. Da schoß der Drache auch herbei und hätte gewiß beide verschlungen, wenn sie sich nicht im Farnkraut hätten verstecken können. So war denn weder Mensch noch Vieh des Lebens sicher.

      Da erbot sich ein ritterlicher Mann namens Struthan, der aus dem Geschlecht der Winkelriede war, den Kampf mit dem Drachen aufzunehmen, wenn man ihn wieder in seine Heimat zurückkehren lasse, aus der er einst eines unbedachten Totschlages wegen verbannt worden war.

      Die Unterwaldner nid dem Wald, die nicht mehr wußten, wie sie sich des Lindwurms erwehren sollten, sagten ihm’s feierlich zu.

      Jetzt kam der Ritter Struthan Winkelried ins Land und ging nach Ödwyl, wo der Drache in seiner Höhle hauste. Er hatte ein Panzerhemd an, und seine Lanze umwand er mit einem Dornbusch.

      Plötzlich schoß der Drache feuerspeiend aus seiner Höhle und geradewegs auf den Ritter los. Schon dachten alle Leute, die von weitem aus den Wäldern zuschauten, jetzt sei’s aus mit ihm. Doch Struthan Winkelried hielt dem Lindwurm die dornenumwundene Lanze entgegen, und blindlings fuhr dieser in seiner Drachenwut in sie hinein, also daß er nach kurzem, heftigem Kampfe daran erstickte.

      Jauchzend eilte nun alles Volk herbei. Als aber der Ritter, schweißdampfend, die Lanze aus dem Ungeheuer herauszerrte, rann ihm etwas von dem Drachenblut auf den bloßen Arm. Obwohl er’s gleich wieder abwusch, mußte er doch auch sterben.

      Da trauerte das Volk um seinen Erretter aus großer Not und baute ihm auf der Stelle, wo er den Drachen erlegt hatte, eine Gedächtniskapelle.

      Einst fuhr ein Königssohn namens Fridolin aus dem grünen Irland über das Meer, bis er nach Frankreich kam. Von dort aus ging er weiter und predigte überall den Heiden das Christentum, bis er nach Säckingen am Oberrhein gelangte.

      Dort lebten auch zwei reiche Brüder, Urfo und Landolph. Diese waren aber sehr ungleiche Brüder: der eine war wohltätig und der andere geizig. Da schenkte Urfo, der wohltätige, dem heiligen Fridolin ein großes Gut, das er in Glarus besaß, wohin nun der Heilige zog.

      Als er dort ankam, beschaute er mit großer Verwunderung das Dorf Glarus, das unter einem schrecklichen Berge lag, dessen Schatten darüber hing. Weil die Glarner aber noch Heiden waren, fing er an, sie zum Christentum zu bekehren, was nicht so leicht ging, denn die Leute von Glarus glaubten an eine Göttin, die sie Frau Vrene nannten und die hoch oben auf einem ganz von Felsen abgeschlossenen Gletscher wohnen sollte. Den Gletscher aber nannten sie Vrenelisgärtlein.

      Aber nach und nach bekehrte er sie doch und ließ sich unter ihnen nieder, ihnen von seinem geschenkten Gute große Wohltaten erweisend.

      Als nun Urfo, der wohltätige Bruder, in Säckingen starb, ritt sein geiziger Bruder Landolph zum Gaugrafen Baldebert und klagte den heiligen Fridolin an, er habe sein großes Gut im Glarnerlande widerrechtlich an sich gebracht, denn es sei eine Lüge, daß ihm’s sein Bruder Urfo jemals geschenkt habe.

      Der Graf Baldebert schickte sogleich nach Glarus zum heiligen Fridolin, er solle die Schenkung des Gutes durch Zeugen beweisen, ansonsten es an Landolph, den Bruder des Verstorbenen, falle.

      »Ich will die Zeugen bringen«, sagte der Heilige zu dem Boten. Alsobald reiste er mit ihm an den Rhein nach Säckingen. Dort lud er das ganze Volk und den Grafen Baldebert ans Grab des verstorbenen Urfo.

      Wie nun alle beisammen waren, erhob sich der Heilige und rief mit lauter Stimme: »Urfo, Urfo, im Namen Gottes, der über Tote und Lebendige herrscht, stehe auf und zeuge für mich!«

      Da bewegte sich die Erde; das Grab tat sich auf, und der tote Urfo stieg heraus. Stillschweigend winkte er und ging der erschrockenen Menge voran zum Gericht, an dem eben die fünfzehn Gaugrafen tagten.

      Dort trat er vor seinen todbleichen Bruder Landolph hin und redete ihn mit tiefer Grabesstimme an: »Landolph, Landolph! Was störst du meine Ruhe im Grabe und beraubst mich also des Lohnes, den Gott mir für meine Schenkung gegeben hat?«

      Voll Entsetzen fiel Landolph in die Knie und bat ihn um Verzeihung und fügte auch noch sein Gut, das er im Glarnerlande besaß, zu Urfos Schenkung hinzu. Darauf kehrte Urfo wieder ruhig zu seinem Grabe zurück und legte sich hinein, und sofort schloß es sich für immer bis zum Jüngsten Tage.

      Die Glarner aber nahmen den heiligen Fridolin in ihr Landeswappen auf, das nachher in Hunderten von siegreichen Schlachten über ihren Reihen wehte.

      Nach der Zeit, als der heilige Gallus, der heilige Fridolin und der heilige Kolumban das heidnische Schweizerland mit Not und Mühe zum Christentum bekehrt hatten und überall Kirchen und Klöster gebaut wurden, lebte auf dem Etzelberge, da wo die Alpen der Urschweiz anfangen, ein gottesfürchtiger Einsiedler. Er hieß Meinrad und war aus dem Geschlecht der Grafen von Hohenzollern, der späteren Herrscher des Deutschen Reiches.

      Es war ihm in der Welt und im Kloster Reichenau zu laut geworden, darum hatte er sich auf den Etzel in die Einsamkeit zurückgezogen.

      Da saß er nun vor seiner kleinen Kapelle, las in einem Buch und sah sinnend auf den kristallblauen See, der tief unten lag, und schaute hinaus über unzählige, in Obstwäldern versteckte Dörflein zum verschneiten Säntis.

      Nun hätte es ihm auf dem verschneiten Etzelberge gar gut gefallen, allein die Leute hörten von seiner großen Frömmigkeit, und nach und nach stiegen sie von allen Seiten zu ihm hinauf, also daß er Gott und der Jungfrau Maria nicht mehr so dienen konnte, wie es doch allezeit sein sehnlichster Wunsch war.

      Aber eines Tages, als die Leute wieder auf den Etzel kamen, fanden sie den Klausner nicht mehr. Er war über den wilden Sihlbach und tief, tief in die Wildnis hineingegangen, wo nur noch wilde Tiere lebten. Aber er fürchtete sie nicht. Auf dem Weg sah er in einer Tanne ein Nest, das ein Sperber bedrohlich umkreiste. Er jagte den Sperber vom Nest ab. Als er aber das Nest erstieg, fand er darin zwei junge Raben, die er sorgsam hinabtrug und mit sich nahm. Er ging, bis er an eine Quelle kam, die als ein eiskaltes Bächlein im finstern Walde entsprang. Bei ihr ließ er sich eine Hütte und eine kleine Kapelle erbauen. Danach blieb er ganz allein in der Wildnis, die die Leute den Finstern Wald nannten.

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