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Schweizer Sagen und Heldengeschichten. Meinrad Lienert
Читать онлайн.Название Schweizer Sagen und Heldengeschichten
Год выпуска 0
isbn 9783843801294
Автор произведения Meinrad Lienert
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
2. Die drei Rosse
3. Das Schwedenroß
Das goldene Kegelspiel
Die gestörte Seligkeit
Johann Chaldar
Aus dem alten Zürichkrieg
Vierter Abschnitt
an der Birs
Schneiderlein
Das goldene Tor
Die weiße Gemse
Goldbethli und Harzbabi
Die Beute von Grandson
Der verschwundene Herzog
Geistermusik
1. Die Homburger Schloßmusik
2. Der Nachttanz am Schallberg
Die Feengrotte
Der Tag von Giornico
Der Richter von Bellenz
Aus dem Schwabenkrieg
1. Benedikt Fontana
2. Die Frau von Roseneck
3. Die standhaften Krieger
4. Das mutige Thurgauer Mägdlein
5. Die Versöhnung
6. Der einfältige Allgäuer
Das Kätzlein
Der Hexenmeister
Die feurigen Männer
Der Schatz zu Weingarten
Die listigen Wildleutchen
Fünfter Abschnitt
Die Schlacht bei Marignano
Das Venediger Männlein
Das Bergmännlein
Der Wiegengeist
Die Zwergenfrau
Der Sodbrunnen
Kriegsdiensten
Die drei Kreuze
Der kleine Schweinehirt
Fenetta, das Inselfräulein
Die fliegende Viper
Das Echo am Lauiberg
Versöhnliche Herzen
Die Schlüsseljungfraun
Die Kraftwurzel
Die goldenen Kohlen
Die drei Spinnerinnen
Der Gifibuzen
Das Leserkäpplein
Die Wasserfrauen in der Troglosen
Die vornehme Mailänderin
Die Nachtspinnerin
Getreu bis in den Tod
Vorwort
Der Schweizer Jugend, den Nachkommen jener starken Männer, die ihrer schönen Heimat bis auf den heutigen Tag die Freiheit zu sichern vermochten, widme ich diese Sagen und Heldengeschichten in erster Linie, dann aber auch der Jugend der ganzen Welt.
Ihr alle, ihr frischen Jungen und behenden Mädchen, werdet in diesem Buche der Fee begegnen, die euch mit Glaube, Hoffnung und Liebe begnadet: mit dem Glauben an den treuen Gott und an die Kraft des Mutes, mit der Hoffnung auf den Sieg des Guten und mit der Liebe zu eurem Volk und Vaterlande, heiße es, wie es wolle. Denn eines Helden Geschichte ist die Geschichte aller Helden, und aus den Sagen eines Volkes schauen die Traumaugen der ganzen Menschheit.
Ich gebe euch eine bunte Blumenlese aus dem Sagengarten der Schweiz, und ich tat auch noch ein kleines Märchensträußchen aus meiner engeren Heimat dazu, das ich aus Sagen oder Sagenkeimen im allzeit blühenden Gärtlein meiner Phantasie aufgehen ließ. Mögen sich eure Herzen, die Herzen aller Welt daran erfreuen. Ich trommle aber auch die alten Eidgenossen aus den Gräbern und lasse sie ihre wahrhaften Schlachten noch einmal vor euch durchkämpfen. Hört ihr’s? Da rücken sie schon mit schwerem Berglerschritt heran. Hört ihr ihren Schlachtgesang?
Wir sind von guter Schweizerart,
wohlauf zur heißen Welschlandfahrt,
das Horn von Uri gellt!
Komm her, du treue Hellebard!
Und bin ich nur ein Hirtenknab,
du bist mein starker Wanderstab,
du bringst mich durch die Welt.
Haarus!
Meinrad Lienert
Erster Abschnitt
Die Pfahlbauer
In nebelgrauen Vorzeiten, als noch fast die ganze Schweiz mit Urwäldern bedeckt war, hauste im Zürichgau ein uraltes Volk, das nur mit Fellen bekleidet war.
Aber jenes Volk wohnte nicht drin im Lande, da die unabsehbaren Wälder voll von wilden Tieren waren, es wohnte an den schönen blauen Seen, dem Zürichsee, dem Greifensee und dem Pfäffikonersee, die alle drei gar nahe, nur durch anmutige Höhenzüge getrennt, beisammen liegen.
Am Rande dieser blauen Wasser hatten die alten Volksstämme, dicht an den Ufern, ihre Hüttendörfer auf unzählige Pfähle, über denen ein fester Bretterboden lag, gebaut und eingezäunt. Dort fühlten sie sich sicher. Allmorgendlich weckte sie das Waldhorn ihres Wächters aus dem ruhigen Schlafe, in den die Wellen ihr Schlummerlied sangen.
Dann erhoben sich die Pfahlbauer. Vergnügt schauten sie über ihre blauen Seen nach den Schneebergen aus und bestiegen ihre Kähne, um zu fischen, oder wagten sich ans dunkle Land, um mit ihren bronzenen Schwertern, Dolchen und Äxten auf die Jagd zu gehen.
Die Knaben und Mägdlein spielten um die Hütten und machten »Fang mich!« und allerlei Kampfspiele, daß der Bretterboden ob dem Sand krachte und die Hütten zitterten. Wenn aber die Wellen gar hoch gingen und sie der wilde Alpenwind, der Föhn, hetzte, stürzten sich die Pfahlbaujungen und die wilden Mägdlein in die hochgehenden Wogen und schwammen und tollten darin herum wie Nixen, denn das Schwimmen war ihnen schier angeboren. Aber beim Zunachten wurden sie stiller. Sie setzten sich auf den Landesteg vor den Hütten, ließen die Beine ins Wasser hängen und warteten mit Bangen auf die Heimkehr ihrer Väter. Wie jauchzten sie auf, wenn diese sicher am Pfahlbaudorf landeten mit ihren unförmlichen Einbäumen, in denen die Jagdbeute lag! Dann, bald darnach, sahen sie die wilden greulichen Untiere aus der Tiefe des Urwaldes hervorbrechen und an den See kommen, in dem sie ihren Durst löschten. Riesenhafte Höhlenbären, Urochsen, Wisent und Elch und heulende Wölfe, alles wanderte dem Ufer zu.
Die Mägdlein schüttelten gruselnd ihre Schöpfe und Tierfellschürzchen. Die Knaben aber ließen wohl gar von ihren Eibenbogen einen Pfeil zu den Ungeheuern hinüberschnellen. Wenn die Kinder dann nachts in ihren schilfgedeckten Hütten lagen, ward es gar laut am Ufer. Der ganze Urwald schien aufzuheulen und zu brüllen. Dann freuten sich die Pfahlbaukinder ihrer sichern Hütten und dankten ihren heidnischen Göttern, die ihnen ein so sicheres Heim gegeben hatten.
Also lebten die Pfahlbauer lange, lange Zeiten hindurch auf ihren Pfählen an den drei blauen Seen.
Als sie aber nach und nach bessere Waffen herzustellen vermochten und immer zahlreicher