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die Stadt Zürich entstand, die zuerst nur ein kleines keltisches Jäger- und Fischerdorf war.

      Die verlassenen Pfahldörfer an den Seen aber zerfielen nach und nach, bis sie die Wasser bei hochgehender Flut völlig zerrissen oder bis sie irgendwie Feuer fingen und verbrannten. Heute spielen dort die blauen Wellen, wo in grauen Vorzeiten einst die merkwürdigen Pfahlbaudörfer am See gestanden hatten. Aber aus der geheimnisvollen Tiefe heben die Fischer und Forscher heute noch zuweilen seltsame, goldig schimmernde Schwerter, Beile und Dolche, womit das verschollene Urvolk einst mit den wilden Tieren, mit den wilden Menschen und mit der ganzen wilden Zeit ums Leben rang.

      Einst lebte in der Schweiz ein großes keltisches Volk, die Helvetier. Ihre Städte und Dörfer standen vorab im mittleren und westlichen Schweizerland. Sie trieben Ackerbau und Viehzucht und waren glücklich dabei.

      Unter ihnen aber lebte ein mächtiger Fürst namens Orgetorix. Der war sehr ruhmsüchtig. Es gefiel ihm nicht, bloß ein Fürst in den Gauen Helvetiens zu sein. Er wollte nach Gallien ziehen, wo heute Frankreich liegt, und dann die Römer angreifen und Rom erobern. Von dort aus wollte er die Welt beherrschen. Er begann die Hirten in allen Gauen heimlich aufzuhetzen und ließ ihnen sagen: »Warum wollt ihr denn in einem so kleinen und dürftigen Lande bleiben und zeitlebens arme Hirten sein? Laßt uns aufbrechen und das Land der Gallier erobern, wo der gute Feuerwein wächst. Niemand wird eurer Tapferkeit widerstehen können.« Nach und nach stimmte ihm in geheimen Versammlungen fast alles Volk zu, und sie beschlossen, zusammen mit Weib und Kind zur Eroberung Galliens auszuziehen.

      Aber endlich vernahmen die höchsten Fürsten des Landes doch des Orgetorix Anschläge und luden ihn vor Gericht, damit er sich verantworte, denn sie bedrohten ihn als einen Landesverräter mit dem Feuertode. Jedoch Orgetorix kam zum öffentlichen Gerichtstage nicht allein, ihn begleiteten zehntausend Männer seines Gaues, die ihn vor seinen Feinden beschützen sollten. Doch da strömte das ganze helvetische Volk herbei, und es drohte ein furchtbarer Bruderkrieg auszubrechen. Da stürzte sich Orgetorix ins eigene Schwert und starb.

      Nach seinem Tode vergaßen aber die Helvetier seine großen Pläne nicht mehr. Sie blieben unzufrieden in ihrem schönen Berglande. Und eines Tages beschlossen sie dennoch, in Gallien einzubrechen, um das fruchtbare Land zu gewinnen. Sie rüsteten also für drei Monate Lebensmittel. Darnach steckten sie ihre zwölf Städte und vierhundert Dörfer in Brand, denn nie mehr wollten sie nach Helvetien zurückkehren. Sieg oder Tod war ihr Losungswort.

      Mit Frauen und Kindern, die sie in Wagenburgen mitschleppten, zogen sie am großen Lemansee entlang gegen Genf, ihrer über zweimalhundertfünfzigtausend Menschen. Ihr oberster Anführer war der alte, schneeweiße Held Diviko, der einst als junger Mann die Römer zurückgeschlagen hatte.

      Aber die Römer hatten den Anzug der Helvetier schon vernommen. In Eilmärschen rückte ihnen ihr berühmtester Feldherr, Julius Cäsar, entgegen und schlug sie in einer furchtbaren Schlacht bei Bibracte [Montmort beim heutigen Autun], nicht mit überlegener Tapferkeit, aber mit besseren Waffen und größerer Kriegskunst. Über hunderttausend Helvetier bedeckten das Schlachtfeld. Die Überlebenden zwang der römische Feldherr, wieder in ihr eben verlassenes Land zurückzukehren, wo sie ihre Städte und Dörfer wiederaufbauen mußten. Aber Kraft und Mut des helvetischen Volkes war für immer gebrochen. Bald rückten römische Besatzungen und Heere ins Land, die auch die tapferen Walliser und die wilden Rhätier im heutigen Graubündnerland unterwarfen. Diese gingen nach und nach in ihnen auf und nahmen sogar ihre Sprache an, die die Rhätier der wundervollen Bündner Bergtäler heute noch sprechen. Große Städte entstanden, wovon Vindonissa [Windisch] im Aargau und Aventicum [Avenches] im Waadtland die größten waren. Durch das ganze Land hinauf vom Lemansee bis zum Bodensee und bis ins Hochgebirge des Oberrheins gingen die römischen Türme.

      Wenn nun die wilden deutschen Stämme jenseits des Rheins, die Alemannen und die Sueben, ins Land der Helvetier einzubrechen drohten, flammte auf dem nächsten römischen Wachtturm am Rhein ein Feuer auf und dann auf dem etwas weiter ab liegenden und dann auf dem noch weiter entfernten. Und so gingen nach und nach die Alarmfeuer von einem Wachtturm zum andern himmelan bis zu den Hauptlagern der römischen Soldaten, aus denen diese, sobald sie die Gefahr erkannten, mit Macht auszogen und zum bedrohten Rhein eilten, um die deutschen Völker von dem Fluß, der überall feste Grenzhäge hatte, abzuhalten.

      Mehr als zweihundert Jahre beherrschten also die Römer das Land Helvetien, bis eines Tages die Alemannen und Sueben wie ein lang gestauter Bergstrom über den Rhein hereinbrachen, alles vor sich niederwarfen und das schöne Land in Besitz nahmen. Die römischen und helvetischen Männer, ihre Frauen und Kinder machten sie zu ihren Sklaven, und heute noch kann man manch einem träumerischen, hellen Kinderäuglein ansehen, daß sein Urahne einstmals zu jenem seltsam verschollenen Volke gehörte, das einst aus Helvetien auszog, den sonnigen Süden zu erobern.

      Vor alter Zeit begab sich im Lande der Schweden im kalten Norden eine große Teurung, und erwuchs daraus eine greuliche Hungersnot, so daß die Leute gar übel daran waren. Sie wußten sich nicht mehr anders zu helfen, als daß sie einen kleinen Teil des Volkes durch den Beschluß der Landsgemeinde zwangen, das Heimatland zu verlassen.

      So zogen ihrer an die fünftausend mit Weib und Kind aus dem mitternächtigen Lande und gelobten sich im Namen Gottes, daß sie sich nie verlassen wollten im Leben und Sterben. Sie gedachten durch alle Länder bis nach Rom zu ziehen, denn sie hatten vernommen, daß dort die Sonne beständig am Himmel stehe und daß es statt der eisigen Schneekörner den Leuten süße Früchte auf die Kappen schneie. Ihre Anführer aber waren zwei Brüder, die Swyt und Schej hießen.

      Also zogen sie durch ganz Deutschland und raubten und nahmen alles mit sich, was sie bekommen konnten. Zwar stellten sich ihnen viele Fürsten mit ihren Kriegsleuten entgegen, allein das wandernde Volk hielt sich männlich und schlug so unbändig drein, daß ihm überall der Weg freigegeben werden mußte.

      Bei diesen schweren Kämpfen verloren aber auch die Stämme Swyts und Schejs gar viel Volk. So kam es, daß sie überall, wo sie hinkamen, offene Pfade fanden, denn die Menschen in den Ländern, die sie durchzogen, hatten allenthalben von ihrer wilden Tapferkeit gehört und blieben vorsorglich in ihren wohlbefestigten Städten und Burgen. Diese aber ließ das Wandervolk in Ruhe. Sie wollten nur ihren Weg nach Rom offen haben.

      Sie kamen durch viele hundert deutsche Gaue bis an den großen Bodensee, wo vor ihnen auf einmal die hohen Alpen und Schneeberge aufstiegen, die ihnen wie eine ungeheure Mauer den Weg zu versperren schienen.

      Doch sie ließen sich nicht aufhalten, umgingen den See, wateten und schwammen durch den Rhein und trieben sich durch rauhe Wälder und über Alpenweiden und blaue Seen, bis sie endlich dahin gelangten, wo heute nahebei, im Tale der Alp, das Salveglöcklein Unserer Lieben Frau zu Einsiedeln ertönt. Unerschrocken brachen sie in die dunklen Urwälder ein, bis auf einmal Swyt, der Anführer, mit seinem Haufen aus einem mächtigen Tannenwald heraustrat.

      Da sah er über sich zwei gewaltige, turmartige Berge stehen, und unter sich erblickte er einen ungeheuren Nebelsee, über den das Schneegebirge herschimmerte. Und nun begann es im Nebel zu wallen und zu wogen. Er fing an, aus der Tiefe heraufzusteigen und sich aufzulösen, und siehe, da zeigte sich tief unten ein weites, grünes Tal, und darin lagen ein kleiner, blauer Bergsee und ein großer, grüner, um den die Schneeberge standen.

      Jetzt stieß Swyt in sein Horn, bis auch sein Bruder Schej mit seinem Volk herbeieilte. Alsbald stiegen sie mit all ihren Herden ins Tal hinab und streiften bis an den grünen Bergsee, an dem ein einsamer Mann die Fähre hütete, von der aus man über den See und das Schneegebirge nach Rom gelangen konnte. Obwohl das wandernde Volk nun selber vorgehabt hatte, nach Rom zu ziehen, besann es sich jetzt doch eines andern. Die Anführer schauten nochmals zu den zwei Hakenbergen hinauf, die heute Mythen heißen, und dann kehrten sie mit allem Volk zu den grünen Weiden

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