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warf mir einen Blick zu. Auch ich merkte: hier stimmte etwas nicht!

      »Was du schon weißt!« höhnte Coy geringschätzig. »Dreckige Feuerländer dort Zelte haben, wenn Robben sich paaren … Feuerländer nachher wieder weg …«

      »Weiße,« brummte Chubur und warf die Spinne ins Feuer.

      »Also Europäer hausen dort irgendwo?« forschte Näsler weiter.

      »Ja, Mister … In Westbucht. Haben Jacht, haben Haus, haben Pferde …«

      Näsler zog die Augenbrauen gespannt hoch. Coy lachte …

      »Lügner, Chubur …! Du dich schämen …!«

      »Ich kein Schwätzer … Mich keiner fragen bis jetzt. Europäer vergiften Schafe … Streuten nachts über Gräser weißes Pulver …«

      Wieder schaute Näsler mich an. Ich nickte ihm zu. Wir verstanden uns. Es konnten die Turidos sein. Die Jacht gab den Ausschlag.

      »Beschreibe mir die Jacht, Chubur,« verlangte Näsler kurz.

      »Kleine Jacht, ganz grau gestrichen, zwei Masten, dicken Schornstein … – Ich zufällig mal an Bucht kommen, als Schafe tot. Ich suchten Reiter, die weißes Pulver streuten. Da sahen ich Jacht und Haus … Bald dann ich kehrten heim. Mehr nicht wissen.«

      »Gemütsathlet!« murmelte Näsler. Und laut: »Würdest du die Bucht finden, Chubur?«

      »Vielleicht, Mister … Küste dort Bucht an Bucht. Alle gleich … alle … Schwer finden. War nacht damals, Mister …«

      »Hm – waren die Reiter denn nur Männer?«

      »Zwei und eine Sennorita … Gute Pferde, Mister … Gute Büchsen …«

      Näsler lächelte hoffnungsfroh.

      Aber Coy Cala höhnte wieder: »Er ja lügen, Mistre … Bestimmt lügen … Chubur immer still. Wenn reden – Unsinn …«

      Chubur zog langsam sein langes Messer aus dem mit Muscheln besetzten Ledergürtel und hielt sich die Spitze an die Kehle …

      Feierlich erklärte er: »Chubur nie lügen … Coy größte Schwindler … Ich finden Bucht … Amen!« Und dieses Amen war auch Coys größter Schwur. Coy meinte ernst:

      »Gut, er reden Wahrheit … – Weshalb Mistre Näsler fragen nach Europäer?«

      »Weil … weil …«

      Er verstummte.

      Chubur hatte sein Messer blitzschnell und haarscharf an Näslers Kopf vorüber auf das im Winde leicht flatternde Fell geschleudert, das den niederen Zelteingang bildete …

      Ein gellender Aufschrei draußen … Dann fiel das Zelt plötzlich in sich zusammen. Wir lagen unter den Rudern, den zusammengenähten Häuten. Das Feuer qualmte stärker, und hustend und mit tränenden Augen arbeiteten wir uns schließlich ins Freie – hinein in den rauschenden Regen und die Finsternis …

      Coy war verschwunden. Und erst als wir das von fremder Hand umgestürzte Zelt wieder aufgerichtet hatten und Chubur uns längst erzählt hatte, daß er draußen vor dem Eingang ein menschliches Auge habe blinken sehen, tauchte mein Freund Coy wieder auf.

      »Nachen und Boot weg,« keuchte er … »Alles weg … alles … Rum- und Kognakkiste, Proviant … Alles …«

      Wir fachten das Feuer von neuem an.

      »Nette Bescherung!« meinte Joachim Näsler zu mir. »Natürlich die Turidos! Sie müssen mir gefolgt sein. Na – wenn der Bengel Leon nicht Chuburs Messer ins Auge gekriegt hat, will ich nie mehr Maitrank saufen! Die Stimme Leons kenne ich! Er war’s!« – Er hatte deutsch gesprochen. Und ich erwiderte ebenfalls deutsch, was die Araukaner nicht verstanden: »Dann sind es Verbrecher schlimmster Sorte, Herr Näsler!«

      »Und ob!!« – Aber meine Person galt ihm jetzt wenig. Er wandte sich an Coy.

      »Falls wir uns hier auf einer Insel befinden, – wie kommen wir weiter, Coy?«

      Freund Coy Cala grinste erhaben … »Boot bauen, Mistre, sehr einfach … Draußen kleine Bäume … Machen Gestell, darüber Zelthaut – fertig!«

      So war Coy: Fertig!! – Und wenn er’s sagte, klappte es auch. Er war ein Schwätzer, aber kein Prahlhans.

      »Dann bin ich beruhigt …« Und Joachim Näsler überlegte. »Coy, ihr werdet das Boot sofort bauen. Wie lange dauert das?«

      »Paar Stunden, Mistre … Mit Rum noch kürzer …«

      »Gut, dann fangt an … Abelsen und ich werden Vorrat schlafen. Hier habt ihr eine noch volle Flasche …«

      Coy strahlte. »Kommt,« forderte er seine Stammesgenossen auf. Und mit der Rumbuddel traten sie in Regen und Finsternis hinaus, Naturmenschen, deren Augen wie die von Katzen waren.

      Und Näsler und ich waren allein. Redeten ein langes und breites über die mysteriöse Familie Turido, ohne auch nur im entferntesten irgendwie erraten zu können, was diese Leute auf Santa Ines trieben.

      Bis ich plötzlich an das dachte, was mich dorthin hatte locken wollen.

      »Herr Näsler …«

      »Hören Sie mal zu … Ich will Ihnen etwas anvertrauen. Käpten Holger Jörnsen hatte mir gegenüber zugegeben, daß er als Rutengänger einst auf Santa Ines Gold gefunden hat – ungeheure Reichtümer, die er nie ausgebeutet hat. Ich wollte nun die Insel durchstreifen, nicht etwa, weil ich Gold graben möchte, nein, sondern nur um mir diese Ader anzusehen, die geradezu phantastisch ergiebig sein soll. Wo sie zu suchen – keine Ahnung! Aber ich habe ja Zeit, sagte ich mir. Wenn nun etwa die Turidos irgendwie von Jörnsens Geheimnis Kunde erhalten hätten!!«

      »Mann – und das sagen Sie mir erst jetzt!« – und Joachim Näsler funkelte mich durch sein Monokel empört an. »Das ist des Rätsels Lösung! Die Schufte haben die Schafe vergiftet, weil sie allein sein wollen. Die Schufte wollen die gewaltigen Rohrstücke zusammensetzen und das Gold durch eine Quelle auswaschen und …«

      »Stopp, Mann …! Stopp!! Genau demselben Irrtum fielen mein lieber Kamerad Boche Boche und ich vor Wochen zum Opfer, glaubten damals auch an Gold, Goldsucher … Und Jörnsen suchte etwas ganz anderes, wie ich Ihnen bereits mitgeteilt habe. Wollen nicht denselben Fehler begehen, Herr Näsler. Mit Rohren von drei Meter Durchmesser wäscht man kein Gold aus. Ich bin Ingenieur. Ausgeschlossen. Nein – die Leute treiben etwas anderes. Was – wir werden es erfahren, und wir werden, wir fünf, diesen Fremden dort nötigenfalls mit Gewalt entlocken, was sie nicht freiwillig beichten. Mörder sind’s, und …«

      »Stopp, Herr Abelsen, – stopp!! Niemals gewöhnliche Mörder …! Ich habe die Familie studiert. Ich kenne sie … Der Alte und Leon, – unheimliche Kerle, gewiß, aber Männer wie wir, Herr Abelsen, – Männer wie ich, abgerutscht vom Höhenpfade des Daseins … wie auch Sie, – Weltentramps, Abenteurer, brutal, aber – – vornehm, Kavaliere, gutes Blut, Abelsen …! Darauf Verstehe ich mich! Der alte Garzia sah wie ein fünfzigjähriger Herzog aus einem Courths-Mahlerschen Roman aus. Der Leon hätte in jedem Salon der alten Schule Figur gemacht, und die Sennora nicht minder, dann noch die Mädels: Rasse – – Rasse!! – Niemals Verbrecher gewöhnlichen Schlages, wiederhole ich! Wer so kaltblütig dreizehn Leute in die Luft sprengt, wer mit solchem Raffinement …«

      »Verbrecher bleibt Verbrecher,« unterbrach ich ihn …

      »Gestatten Sie: dann sind auch die Diplomaten, die den Weltkrieg zusammengebraut haben, Massenmörder – – Verbrecher!«

      »Hier Politik, Näsler?! Hier am Ende der Welt?! Hier, wo …«

      »Gut – – schlafen wir … Gute Nacht, Abelsen … Ich bin weiß Gott müde genug.«

      Und er schob sich sein Graspolster unter den Kopf und streckte sich lang.

      Beneidenswerter Mensch: in wenigen Minuten war er eingeschlafen. Ich hatte doch auch

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