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Teil, dort, wo die Clarence-Insel ein unbenanntes Vorgebirge mit wüsten Klippenmassen in das ohnedies oberfaule Fahrwasser hineinschiebt. Natürlich hatte ick Jrips jenuch im Schädel, nich etwa den alleenigen Nüchternen zu spielen. Ins Jejenteil …! Ick markierte eene richtige unauffällige Durchschnittsbesäuseltheit, ließ jeden Tag den Fraß anbrennen, kochte Kaffee mit Teezusatz und machte ähnliche Scherze. So kam denn also der Abend heran, an dem der »Starost« dem Clarence-Vorgebirge sich näherte. Als wir dicht vor den Klippen waren, ließ der alte Turido die olle Kaffeemühle von Maschine stoppen, und nachdem das Großboot ausjesetzt war, wurde der »Starost« vorsichtig über den riffreichen Meeresarm bis zur äußersten Südspitze von Santa Ines geschleppt. Darüber ward es finstere Nacht, und ohne den Scheinwerfer hätten wir nachher kaum die zehn Riesenrohrteile so glatt mit der Dampfwinde auf die Felsen bekommen. Der »Starost« hatte nämlich an einer Art natürlichem Bollwerk anjelegt, Herr Abelsen, – eine ähnliche Felsterrasse wie hier. Und bei diesem Entladen der Fracht des Äppelkahns stieß mir nun abermals so allerlei auf. Zunächst aber jeben Sie mir bitte noch ein Jlas Maitrank … Ich habe seit Monaten nich so viel jeredet wie heute, denn wenn ich mal mit der aschblonden Tatjana an der Reling so ein bißchen Konversation machte, war immer gleich der lange Bengel, der Leon, zur Stelle und jagte mich in die Kombüse zurück. – Danke … Etwas mehr Rum … So, Ihr Wohl, Herr Abelsen … Ihnen werden noch die Ohren klingen, was ich noch so zu berichten weiß …«

      Er trank, und sein Gesicht war düster wie eine Gewitterwolke …

      »… Allerlei fiel mir auf … Zum Beispiel: die Olga bediente den Scheinwerfer, beleuchtete aber immer nur die nächste Uferpartie, und da es regnete und pechfinster war, konnte ich mir leider von der Umgebung dieser Steinmole wenig einprägen. – Dann: der Leon, der Bengel, suchte mich dauernd in der Kombüse zu beschäftigen. Ich sollte nicht an Deck. Man hatte Angst vor mir. Drittens: außer den zehn Rohrstücken wurden noch fünfzehn große Kisten an Land geschafft und hier mit einer Ölplane bedeckt. – Dann befahl der alte Garzia dem Mestizen-Kapitän, den »Starost« wieder über den Meeresarm nach dem Clarence-Vorgebirge zu bringen und dort den Morgen im Schutz der Klippen abzuwarten. Morgens um acht sollte der Dampfer sich hier an der Naturmole wieder einfinden. – Ich stand dabei, als der Alte diese Befehle erteilte, und selbst Leons Anschnauzer, ich solle mich um das Nachtessen der Besatzung kümmern, entlockte mir nur ein Grunzen. Ich war scheinbar besoffen wie ein Schwein. Hierauf gingen die sämtlichen Turidos, auch die angeblich kranke Tatjana, an Land. Letztere freilich nicht ohne besonders gearteten Abschiedsgruß für mich. Ich lehnte neben der Relingpforte, als die Herrschaften den »Starost« verließen. Der Regen hatte gerade ein wenig abgeflaut. Wie Tatjana so dicht an mir vorüberschritt, raunte sie mir hastig zu: »Fliehen Sie sofort – – Höllenmaschine!« – Sie sprach nämlich leidlich deutsch, Herr Abelsen. Hm – klingt Ihnen dies zu romanhaft?! Tut mir leid … Ist die Wahrheit … – Sie können sich wohl unschwer vorstellen, wie diese Warnung auf mich wirkte …«

      »Allerdings … Weiter!«

      »Der »Starost« wurde also von dem Großboot wieder abgeschleppt, und mit aller Vorsicht ließ der jelbe dicke Fettwanst nachher auch die Kaffeemühle arbeiten. – – Höllenmaschine …!! Nun – sie konnte nur unten im Laderaum versteckt sein, und ich kroch denn auch hinab und suchte, beleuchtete mit der Laterne die noch vorhandenen Kisten und roch mit einem Male den Jestank einer schwelenden Lunte. Aber wo diese Lunte steckte, war nicht festzustellen. Ich also nach oben. Inzwischen hatte der »Starost« schon innerhalb des Klippengürtels Anker geworfen. Ich hielt es für meine verdammte Pflicht und Schuldigkeit, das besoffene Jesindel zu warnen, erzählte dem Kapitän das Nötige und wurde ausgelacht. Der Lump war eben bis oben voll. Aber bei den anderen Leuten hatte ich mehr Glück. Einzelne waren recht helle, und so gingen wir denn zu Vieren nochmals in den Laderaum hinab und – – da war’s, daß der Niggerboy plötzlich das heulende Elend und Alkoholkrämpfe bekam, seine Petroleumlampe hinschmiß und beinahe einen Brand entfacht hätte. Natürlich war jetzt keine Möglichkeit mehr, den Gestank der Lunte zu riechen. Der ganze Raum war verqualmt, und als noch das gelbe Mastschwein erschien und uns wegjagte, war meine Rolle als Warner ausgespielt. Ich packte rasch meine Schiffskiste, etwas Proviant und Wasser in das Dinghy, das letztens frisch gestrichen worden war, und stieß vom »Starost« ab, während die Kerle in der Back zu einer Ziehharmonika Niggerlieder gröhlten und weitersoffen. Ich ruderte dicht am Vorgebirge entlang und bog dann in eine kleine Bucht ein, zog das Boot aufs Trockene und konnte von der Uferhöhe aus gerade noch die Topplaterne des »Starost« als winziges Pünktchen erkennen. Es war jetzt drei Uhr morgens. Und genau fünf Minuten später sah ich den Dampfer versinken, – das heißt, ich sah es weniger als ich es hörte. Der Knall machte alle Robben ringsum wild. Als es um fünf leidlich hell wurde, war von dem »Starost« nichts mehr zu sehen – nichts, Herr Abelsen! – Was hätten Sie nun getan?«

      »Ich?! – Was taten Sie denn?«

      »Ich hatte mir das Fernrohr des Fettwanstes entliehen, – seien wir ehrlich: ich hatte es gestohlen und mitgenommen. Sie haben es ja gesehen. Es ist ein vorzügliches Glas. Das Wetter hatte sich aufgeklärt, und mit Hilfe des Glases schaute ich drüben an der Küste von Santa Ines nach den Turidos und den zehn Rohrstücken aus. Da diese zum Schutz gegen Rost hellrot gestrichen waren, hätte ich sie gegen den dunklen Hintergrund der Felsen unbedingt erkennen müssen, obwohl ich ja nicht genau die Richtung wußte. – Wissen Sie, was ich sah?! Raten Sie mal …«

      »Gar nichts …!«

      »Sie irren, Herr Abelsen … Ich sah einen kleinen Dampfer, mehr eine Jacht, und auf deren Achterdeck waren die zehn Rohrstücke aufgetürmt. Die Jacht verschwand gerade nach Westen zu um das Santa Ines-Vorgebirge herum. – Und hiermit ist meine Geschichte zu Ende. – Wenn Sie jetzt etwa sagen, sie sei alltäglich und ohne Belang, so sind Sie ein Mensch ohne jede Phantasie, ohne jede Spur von Fähigkeit, das Unfaßbare dieses meines Erlebnisses richtig einzuschätzen. Im übrigen versichere ich Ihnen, das all dies Wort für Wort wahr ist.«

      Ich drückte ihm nur stumm die Hand.

      Coy und die beiden anderen Araukaner kamen und ließen sich am Feuer nieder.

      3. Kapitel

       Mammi – – Mammi …!!

       Inhaltsverzeichnis

      Coy hatte nur Augen für die Rumflasche – nur. Und ich hatte Erbarmen mit ihm.

      Chico litt auch an Spulwürmern. Der stille Chubur offensichtlich ebenfalls. Meinen Tee mieden sie, und es mußte eine zweite Flasche entkorkt werden.

      Es war nacht, und von Osten nahte drohendes Gewölk. Coy holte aus dem wieder heilen Nachen das Zelt aus Robbenfellen, dessen Stangen die Riemen des Nachens bildeten. Kaum fertig, goß es auch schon in Strömen. Wir hockten nun zu fünfen im stinkenden Zelt um das qualmende Feuer, und Coy und Genossen halfen stinken, denn ihre Fellkleidung war mit Tran reichlich imprägniert.

      Joachim Näsler begann Coy auszufragen.

      Ob er Santa Ines genau kenne?

      »Ja, ganz genau, Mistre … Viel Robben dort an Westküste …«

      Und Chico bestätigte: »Sehr gute Weiden dort im Innern, Mister … Sehr viel Berge … Schnee oben … Eis …«

      »Das habe ich gesehen,« nickte Näsler. »Ist Santa Ines bewohnt?«

      Coy zuckte die Achseln. »War, Mistre … Chilenische Sennor dort hatte drei Schaffarmen bis letzten Winter. Da kam Krankheit. Alle Tiere weg, alle … Keiner Krankheit kannte. Kam Arzt aus Calbico. Wußte nichts. Schafe starben. Mistre nur fragen Chubur. Der damals war Hirt bei Sennor.«

      Der braune Melancholiker sagte maulfaul:

      »Doktor aus Calbico dumm sein … Ich wissen – Gift!«

      »Wie?! Gift?!«

      Chubur tauchte seinen Zeigefinger in den Rumbecher und holte eine Spinne heraus. »Gift, Mister. Bestimmt Gift. Ich nicht darüber reden. Wozu?! Schafe tot …«

      »Bist

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