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gegen meinen Geschmack.

      Aber diese Frau wendet sich jetzt mir zu, und ihre ersten Worte schon ändern die Dinge nur zu gründlich.

      »Denken Sie an Margrit, Mr. Abelsen … Sie haben noch nie einem Weibe Ihre Hilfe versagt. Ich bin ein zu Unrecht gehetztes Wild. Steenpool ist Beamter, und für ihn existiert nur die Fülle trockener Paragraphen. Ich habe nichts getan, was diese monatelange Verfolgung rechtfertigen könnte.«

      Der kleine Howard raucht eine neue Zigarette. Sein Kautschukgesicht ist nur trostlose Betroffenheit.

      »Ach nein, – man könnte staunen!! Nicht rechtfertigen – – schau schau!! Und Edward Bix?! Starb er nicht durch Ihre Kugel?! Und Lord Fattmoore, – wer stürzte ihn in den Amur?! – Fürstin, Ihr Gedächtnis ist beklagenswert löcherig, ein Sieb ist eine Panzerplatte dagegen.«

      Die Sonne scheint so wunderschön warm, das Tal mit seinen grünen Rändern und Buschinseln und den fernen Tannenkulissen ist so poetisch in seiner friedvollen Einsamkeit. Nur der Mensch mit seiner Niedertracht entweiht es.

      Wera blickt mir fest in die Augen.

      In ihren Augen ist mehr als Sonne …

      Ich sage entschieden: »Wenn Sie an den Gentleman appellieren, Fürstin, so ist das leider verfehlt. Mr. Steenpool hielt mir soeben einen Steckbrief vor. Ich bin nichts als Abenteurer, Flüchtling, Totschläger aus Notwehr. Dennoch, Mr. Steenpool, ich möchte klar sehen.«

      Gowin muß die Frauenstimme vernommen haben, Er tobt für mich in seinem Erdloch, und Wera Zubanoff wechselt die Farbe und schaut sich ratlos um, als ob sie die Möglichkeit eines Entweichens prüfen wollte.

      Der alte Giljake – ich möchte die Läuse in seinem Zopf nicht zählen – deutet vielsagend auf sein Hundegespann, das hundert Meter weiter halb im Gestrüpp steht. Es ist ein langer Schlitten mit plumpen Kufen, unter denen jetzt sechs kleine plumpe Räder für die Sommerzeit angebracht sind. Sieben zottige Hunde sitzen abgeschirrt mit gespitzten Ohren da und beobachten uns. Der achte liegt auf der Seite und leckt den Hinterschenkel. Er muß verwundet sein.

      »Die Hunde zerreißen jeden,« meinte Chedee warnend.

      Steenpool hat sich gebückt und eine seiner Keulen und meine Büchse aufgehoben, läßt den Patronenrahmen herausschnellen, gibt ihn mir und … schüttet Sand in den Lauf.

      »Es ist besser so, Mr. Abelsen … Wir werden uns trennen. Sollten Sie uns folgen, werde ich Sie verhaften.«

      Ich habe nur noch die Pistole im Lederfutteral, und Steenpool belächelt Pistolen.

      »… Wenn wir eine halbe Stunde fort sind, dürfen Sie Gowin herauslassen, früher nicht. Versprechen Sie es mir, – es ist besser so.«

      Die Keule in seiner Hand schwingt hin und her.

      »Ich verspreche es …«

      Die Fürstin dreht mir den Rücken zu, und Chedee schreitet zu seinem Schlitten und hält seine verrostete Flinte halb im Anschlag.

      Der verletzte Hund ahnt wohl sein Schicksal und kriecht mit schleppendem linken Hinterbein eilend davon. Es ist ein rostbraunes kräftiges Tier mit starker Halskrause, größer als die anderen. Aber Hunde sind auf Sachalin nichts wert, und verwilderte Hunde treiben sich in ganzen Rudeln umher.

      Mich dauert der Hund. Ich rufe Chedee ein paar Worte zu, und er dreht den Kopf und nickt.

      Als der Schlitten, Chedee, die Fürstin und der affenarmige Keulenwerfer verschwunden sind, habe ich den Hund zu meinen Füßen und streichele ihn und besichtige die frische Wunde, die bis auf den Knochen geht.

      So bin ich zu Wrangel gekommen. Ich habe ihn Wrangel getauft, es war eine Eingebung des Augenblicks. Das Geschlecht der Wrangel ist in Schweden ziemlich verbreitet, und einer meiner Freunde von einst hatte genau so runde treue Augen wie dieses Tier. –

      Eine halbe Stunde …

      Mag Gowin nur toben. Ich pflege mein Wort zu halten. Ich melde mich nicht. Ich kann ihm alles nachher erklären.

      Drüben fließt das Flüßchen zwischen dichtem Weidengestrüpp dahin. Ich trage den Hund an eine freie Uferstelle, wasche die Wunde und streue von dem fein pulverisierten übermangansaurem Kali, jenen lila Kristallen, ein wenig hinein und schlinge mein Taschentuch um die böse, klaffende Verletzung. Wrangel leckt mir die Hand. Ich wünschte, die Menschen wären so dankbar wie Hunde.

      Die Zeit ist um, und ich öffne die Falltür, und ein stiller Gowin steigt heraus und blinzelt in das Sonnenlicht, befühlt seinen Hinterkopf, blickt ringsum, prüft die Fährten und versucht mich durch Zeichen auszufragen.

      Ich erzähle, aber ich rede nur von einer Frau und nenne keinen Namen.

      Gowins Zurückhaltung, was weitere Einzelheiten betrifft, setzt mich in Erstaunen. Er begnügt sich damit, nochmals all die Spuren zu betrachten und tut recht gleichgültig.

      Dann stellt er sich vor mich hin – ich reinige gerade meine Büchse – und will mir irgend etwas klar machen. Seine Erregung wächst, sein Gesicht verzerrt sich, und endlich begreife ich: Er möchte den dreien folgen!

      »Nein, Gowin, – ich kehre zu unserer Steinhütte zurück. Sie haben eine halbe Stunde Vorsprung, und wenn sie mit Chedees Bootsschlitten den Fluß hinaufgerudert sind, finden wir sie nie.«

      Das sieht er ein.

      Er bringt die Falle in Ordnung, wir machen noch einen Gang zu den anderen Gruben, und drei Füchse werden abgehäutet.

      Es ist mittag, als wir daheim anlangen.

      Wrangel bekommt einen ordentlichen Verband, Gowin bereitet das Essen auf dem offenen Herd und ich sitze dann an dem plumpen Tisch und mache mir Notizen und schaue zuweilen durch das Fenster über die Bucht hin.

      Hinter den Riffen, die eine kleine Mulde bilden, schaukelt der Schoner Sakramento, den Chi Api uns gespendet hat. Auf der Reling sitzen Möwen dicht bei dicht. Ich liebe sie nicht, sie beschmutzen das Deck.

      Meine Notizen sind kurz. Ich unterstreiche die Namen, schreibe möglichst wörtlich Steenpools Bemerkungen nieder und vergesse nicht Weras klassische Schönheit. Während ich so Wera Zubanoff fixiere, wird mir warm ums Herz, und nebenbei beschleicht mich Beschämung …

      Sie verachtet mich. Ich bin kein Gentleman. Ich hätte sie niemals Steenpool und Chedee überlassen dürfen. Gowin steht hoch über mir. Er wollte die drei verfolgen, ich ließ es nicht zu, und mögen seine Motive auch anderer Art gewesen sein, – ich habe diesmal wider mich selbst gesündigt, und es wird viele Tage dauern, bevor ich darüber hinweg kommen werde.

      Es gibt zu Mittag Renntiersuppe mit allerlei Wurzelwerk, Reis und geschmorte Pflaumen als Nachspeise. Gowin als Koch ist unübertrefflich. Er wäscht sich vor dem Kochen sogar die Hände.

      Die Mahlzeit verläuft diesmal nicht so stumm wie sonst. Im allgemeinen beschränkt sich der Meinungsaustausch zwischen uns auf den eng begrenzten Kreis unseres stillen Daseins. Dieser Kreis ist heute gesprengt worden. Unser Erleben hat keinerlei Anlaß zu großen inneren Krisen, selbst die Spuren des Fremden hatten immer nur eine Nebenrolle gespielt. Dies ist nun anders geworden. Taucht eine Frau auf, und diese Erfahrung machte ich nicht zum ersten Male, ändert sich vieles in einem weltabgekehrten Eremitendasein, ist die Frau jung und schön, beansprucht sie unweigerlich Beachtung, wenn wir uns auch dagegen sträuben.

      Gowin, der trotz seiner zwanglosen Manieren niemals irgendwie bei Tisch Anstoß erregte, verlangt Auskunft über die Frau, zupft an seinem Haar, und müht sich ab, mir klar zu machen, ob die Frau jung oder alt, hübsch oder häßlich gewesen.

      Es ist eine peinliche Frage für mich. Ich weiche aus. Gowin muß irgendwie Verdacht geschöpft haben, daß ich ihm so manches verschwieg. Er kennt Wera Zubanoff, – er glaubt mir nicht, daß die Frau, die Steenpool mit sich nahm, nicht einmal ihren Namen nannte. Seine dunklen Augen ruhen mit finsterer Beharrlichkeit auf meinem braunen Gesicht. Es ist sehr peinlich, und ich lüge ungern. Diesmal lüge ich mit kalter Entschlossenheit, denn, erfährt Gowin den Namen, so wird er unfehlbar seine Büchse nehmen und verschwinden

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