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unseren Füßen ein seltsames Brausen …

      Das Wasser fiel …

      Der Bach hatte das Hindernis überwunden und nahm wieder seinen alten Lauf.

      Der Bach würde auch die Toten mit hinabziehen in die finsteren Schlünde der Erde … –

      Ich schritt dem Lagerplatz zu. Percy kam mir entgegen.

      „Olaf, ich würde dir raten …“ – er war ein wenig verlegen.

      „Laß’ nur, – ich gehe auf die Kaninchenjagd, Freund von 112, – ich werde dich vielleicht niemals wiedersehen … – Kein Aufsehen, Percy, – es sind sechs Beamte hier, die …“ – –

      Ich habe den Freunden nur zugenickt, als ich im Sattel saß …

      „In zwei Stunden bin ich zurück … Wir brauchen Fleisch …“

      Daisys trauriger Blick tauchte in den meinen.

      „El Gento, – einen Moment nur …“

      Sie folgte mir hinter die Felsen.

      „Olaf …“ – und sie wurde blutrot – „Olaf, Sie sollen mich in gutem Andenken behalten …“

      Und sie reckte sich hoch, ich beugte mich hinab, und sie küßte mich.

      „Olaf, ich habe Sie sehr gern – als Freund!“ – ihr Köpfchen sank, – „Olaf, – – und unser erster Junge,“ flüsterte sie, „– es wird ein Junge werden, Gott geb’s, soll Olaf heißen …!“

      Zwei Tränen rannen über ihre Wangen …

      Ich trabte an …

      Ich blickte nicht ein einziges Mal zurück, bis – schon draußen in der Steppe – hinter mir Hufschlag erklang …

      Achi, mein Boy, – Achi auf ungesatteltem Pferde, nur mit Trense reitend, ohne Hut – aber … die Augen feucht …

      „Mussu, nimm mich mit!“ keuchte er … „Mussu, ich … lieben dich … ich dich nicht lassen allein …!“

      Ein Australneger, der das Weinen zurückdrängt, würde selbst auf eine alte Blindschleiche komisch wirken. Mir war allerdings komisch zumute, nur daß ich die Rührung mit aller Gewalt niederkämpfen mußte.

      „Achi, das ist unmöglich,“ sagte ich rauh, – in meiner Kehle war ein abgenutztes Reibeisen … „Unmöglich, Achi, denn ich verlasse Australien für immer. Wie, wo, – das weiß ich noch nicht …“ Meine Worte überstürzten sich, denn Achis Miene machte mir den Abschied schwerer als nötig … „Ich will hinauf zur Queensbucht, vielleicht finde ich irgendeine Fahrgelegenheit – irgendwohin … Grüße noch Bell Dingo und Ethel … Ich habe es eilig, mein Junge, und ich danke dir für deine Treue …“

      Er hielt meine Hand umklammert, er schluckte und druckste, er war verständig genug einzusehen, daß dieses Land für mich fernerhin verbotenes Gebiet war.

      „Leb’ wohl, Mussu … Ich … ich …“

      Mehr hörte ich nicht und wollte ich nicht hören … Ich jagte westwärts, mein ausgeruhter Fuchs wieherte hell, warf den Kopf hoch und schüttelte sich vor Lust am wilden Galopp im weitgreifenden Sprunge … –

      … Auch das alles lag hinter mir. Am Abend erreichte ich die Hooker-Berge und den gleichnamigen kleinen Fluß und eine einsame Farm am Rande der Wüste. Meine Fährte war getilgt, ich hatte fünf endlos lange steinharte Lehmtäler durchritten und eine Wolldecke geopfert, um meines Pferdes Hufe umwickeln zu können.

      Der Farmer empfing mich mißtrauisch. Er war ein wortkarger schwarzbärtiger Mann. Sein Weib, seine Kinder, seine acht Schwarzen glaubten es mir nicht, daß ich von Südost käme aus dem Sandfeld. Die Leute behagten mir nicht, und das erste, wonach ich Ausschau hielt, waren die Stangen einer Telephonleitung. Es war keine Fernsprechverbindung vorhanden, das beruhigte mich, und als ich erst zwei Stunden mit den Einsamen zusammen gewesen war, tauten sie auf, – es waren Kurländer, Heimatlose, und erst fünf Jahre hier am Hooker-Fluß.

      Zwei Stunden, vielleicht drei, – dann mit kurzem Abschied wieder weiter. Wieder allein … hinaus in die sternklare Nacht, die immer noch der beste Freund der Einsamen ist …

      Die Quelle des Viktoria-Flusses, der in die Queensbucht mündet, war nahe. Die Natur des Landes hatte hier ein freundlicheres Aussehen, viel Buschwerk, Buchen und Zwergeichen. Erst am Viktoria wollte ich lagern. In den bergigen Tälern verritt ich mich, und als unter mir der schmale Silberstreifen lang entbehrter strömender Wassermengen, die bei Dürre nicht versiegten, auftauchte, als ich näher trabte und im Buschwerk des Ufers Stimmen vernahm und den würzigen Duft eines Feuers und das helle Flackern der Flammen mich grüßten, riß ich den Fuchs zurück – gerade unter einer uralten Blaubuche …

      Von einem schenkeldicken Ast hing eine Schlinge herab, in der Schlinge steckte der langgereckte Hals eines Chinesen …

      Das war Chi Api, der Tote …

      Mit diesem Toten verließ ich Australien. – –

      … In den stillen Nächten im Urwald, wenn ganz fern die Riesenaffen ihr Konzert beginnen, träume ich zuweilen von der Burg aus Salzquadern und von Daisy Dobbers weichen Lippen … Und von dem kleinen Propheten, der so tapfer das Weinen verbiß, und von Old Dobber, der an jenem Morgen Gericht hielt und das Wasser steigen und die Grundmauern schmelzen ließ …

      Andenken an jene Tage sind Achis schlechte Photographien der Geisterburg, in der nur höllische Geister ihr Wesen getrieben hatten.

      Aber all das liegt bereits so unendlich weit zurück. –

      Chi Api betritt unsere Hütte auf der Bergterrasse und mahnt zur Nachtruhe.

      Morgen werden wir die Orang-Fallen nachsehen. Das sind zwei Stunden Marsch durch den Dschungel, und das ist kein Vergnügen …

      Ich werde mit Schwung den Schlußstrich ziehen. Was ich über Arthur Bensons Burg zu sagen hatte, ist gesagt …

       — Ende —

      Das Herz der Welt

       Inhaltsverzeichnis

       1. Die Wolfsgrube

       2. Die Fürstin Zubanoff

       3. Nacht im Urwald

       4. Im lila Salon

       5. Hand aufs Herz!

       6. Das Haus des Dreizehnten

       7. Weshalb?!

       8. Der Tiger

       9. Tschanli, der Wang

       10. Die Spur im Sande

       11. »Arme Leute« vom Fluß

       12. Wüste Gobi

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