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werden,“ meinte ich warnend. „Wird ihr Fehlen bemerkt, haben wir beide die Trümpfe schon aus der Hand gegeben, bedenken Sie das, Old Dobber.“

      „Ich kenne ihre Gewohnheiten,“ beruhigte er mit einer verächtlichen Handbewegung. „Carrell und die beiden anderen spielen hier stets die Köche, und die übrigen beginnen regelmäßig sofort ein großes Gelage. Armand insbesondere ist hemmungsloser Säufer, und wenn erst das Glücksspiel noch im Gange, vergessen sie den Teufel und seine Großmutter, und die stehen ihnen doch am nächsten.“ Sein beißender Witz erschien mir in diesem Falle wenig angebracht.

      „Ich darf besonders Daisy diesen Kerlen nicht länger als nötig überlassen,“ warf ich noch nachdrücklicher ein. Die letzten Worte schon wieder gedämpften Tones.

      Ich horchte …

      „Ah, – da haben wir’s schon!“ flüsterte ich überstürzt. „Licht aus!! Man kommt …!“

      Wir hatten keine andere Deckung als die Särge, wir kauerten uns hinter ihnen zusammen, und Old Dobber, heute hier Optimist und kein kalter Rechner, raunt mir zu: „Kein Anlaß zu Umständen, El Gento … Möglich, daß sie nicht genug Sprit oben haben. Der Lagerkeller ist dort nebenan.“

      Das Geräusch, das ich auf der Treppe durch die offenen Türen der Kellerabteilungen gehört habe, war nur schwach und kurz gewesen. Die Finsternis um uns her und die nunmehr herrschende Totenstille sind ärger als das klare Trampeln von Männerstiefeln. Diese Dunkelheit schießt auf mich die bösen Pfeile sorgender Gedanken ab. Bisher hat der Verlauf der letzten, allerletzten Geschehnisse mir die leicht auszumalenden Bilder der blutigen Szenen draußen in der Wüste ferngehalten: Der Goldbrunnen, dann Carrells Auftauchen, der kurze Kampf nach seinen brutalen Andeutungen über den Sieg der zwölf über Percy und Austin, – – jetzt erst erkenne ich, wie es zwischen den beiden Parteien bei den Lehmpilzen hart auf hart gegangen sein muß und wie heimtückisch Armands Bande den Angriff vorbereitet gehabt haben müßte, um einen Erfolg zu erzielen!

      Torheit ist es von Old Dobber, unter diesen Umständen mich beiseite schieben zu wollen, – doppelte Torheit, mir zuzumuten, wie ein kläglicher Horcher durch ein Loch der Decke Zuschauer zu spielen und die Entscheidung zu verzögern.

      Er kennt mich nicht. Wie soll er?! Was ist er: Großkaufmann, Millionär, vielleicht ein Mensch mit bewegter Jugend in diesem Lande der schärfsten Gegensätze: Vor vierzig Jahren noch ein Kontinent, von dem nur die Küstenstriche notdürftig vermessen waren, das Innere auf Karten ein weißer Fleck! In vierzig Jahren eine Kultur aus dem Boden gestampft, die nur die äußerlichsten Merkmale der Zivilisation tragen konnte, dennoch ein Glied des Riesenreiches des weltenverschlingenden England mit eigener Flotte, eigenem Heer, Musterhäfen, ungezählten Dampferlinien, Eisenbahnen … – und wieder ein zweites dennoch: Geblieben ein Land des Durstes und Hungers und der leeren Riesengebiete mit fahlen Buschwäldern, in denen die berittenen Gesetzesächter lauern und ihr Spiel mit ebenso gut berittener Polizei treiben … –

      Ringsum die Totenstille der undurchdringlichen Finsternis. Nichts belebt sie. Kein Ton dringt irgendwoher an das lauschende Ohr, in dem das Blut singt und klingt in ewigem Kreislauf, bis der kleine Motor, armseliger Klumpen Fleisch, Nerven, Muskeln, Adern, die Arbeit einstellt.

      Ein feines Kratzen da …

      Ein Zündholz flackert, brennt ruhiger, und die kleine Flamme zittert mit dürftigem Schein über das schwarzbraune Gesicht des Bengels Achi hin.

      Maleachi steht vor den Särgen, und seine Haltung ist die des scheuen wilden Känguruhs, das sich zum Sprunge anschickt, der Gefahr zu entrinnen.

      Das Zündholz erlischt.

      Eine Freude quillt in mir hoch, die dem Geretteten gilt. Ich hatte Achi bereits zu den Toten gezählt. Niemals hätte Armands Bande mit dem Jungen, dem Niggerboy, viel Federlesens gemacht.

      Dann seine Stimme, – ich kenne die feinen Abstufungen ihrer Klangfärbung, und jetzt wird Achi ironisch:

      „Mussu, du nur kommen hervor,“ meint er halblaut. „Australier dicke Nasen und feine Geruchsnerven … Bekannt dafür … Du riechen zu sehr nach Zigaretten mit süßlichem Tabak, Mussu. Kleider sein angezogen davon …“

      Ich zog die Blende von der Karbidleuchte und richtete mich auf.

      „Achi, Bengel, – wie steht es um die Freunde?“

      Seine Hand wird gequetscht … Alles, was ich ihm nachtrug, ist vergessen.

      „Wie stehen? – Hm, sein eingesperrt und gefesselt und Knebel im Munde, Mussu Olaf … Sein da Austin und zwei Freunde von ihm, die anderen erschossen.“ Er zuckt die Achseln und rollt die Augen … „Erschossen, Mussu … Und Percy wurden abgefangen ohne Schuß, und Daisy auch, nur mich sie nicht finden, die zwölf … Ich hüpfen als weißes Känguruh.“

      Sein Blick ruht auf Old Dobber, der sich gleichfalls erhoben hat.

      „Oh – Old Dobber!!“ – und damit ist für ihn der alte Mann abgetan. Nur als Nachsatz noch, – eine höfliche Redensart: „Sehr froh sein werden Percy, daß Onkel leben … Ich mir das schon denken.“

      Im Moment interessiert mich anderes.

      „Wie rettetest du dich, Achi? Du liefst davon?“

      „Nein, ich sagen schon: Hüpfen, Mussu, wie Känguruh. Sehr einfach das: Ich doch gehen weg von Lagerplatz letztem … Percy hatten versteckt weißes Ziegenfell, womit er stets in Gefahr spielen rechtzeitig weißes Gespensterkänguruh. Ich holen sollen Fell, so mit ihm verabredet. Da knallen Schüsse, Reiter jagen durch Ebene, ich Fell nehmen, hineinschlüpfen, zubinden und springen wie Känguruh, und Schurken mich gar nicht beachten und Missu Daisy fortführen.“

      Old Dobber meint belustigt: „Also mein Junge war das geheimnisvolle Känguruh …! – Kein schlechter Witz! Die zwölf hier faselten übergenug von dem Tiere, und – –, aber erzähle weiter, Boy!“

      „Nicht viel zu erzählen, Mussu Old Dobber. Ich immer bleiben hinter Reitertrupp … Als sie mit gefesselte Freunde und Pferde in Burg hier verschwunden, ich kriechen über Steinwall und denken immer, Kugel kommen werden … Kamen nicht Kugel, ich finden kleine Tür mit Salz benagelt und Riegel, und waren in Vorhalle zuerst in Schrank versteckt. Nachher mich wagen hinaus und schleichen hinter langen Carrell Treppe hinab … Da kommen Schurke Armand, ich wieder nach oben in Küche, er nur rufen nach Old Dobber, gehen wieder zu andere, ich wieder Treppe hinab in Keller und hier sein …“

      Sein Kauderwelsch war klarer als manche Parlamentsrede.

      „Prachtbursche!“ – Old Dobber drückte ihm die Hand. „Was treiben die Halunken da oben?“

      „Saufen und spielen … Spielen um Missu Daisy …“ erklärt er mit plötzlich hochgezogener Oberlippe, die seine weißen Hauer entblößt. Dämonische Wildheit flammt über seine Züge. „Spielen um Daisy … Werden nicht mehr lange bunte Karten verteilen und einander betrügen … Haben Tür offen, Mussu … Armand spielen für die drei, die hier unten. Wo sein die drei? Tot? Dann gut.“

      Er nickt mir zu.

      „Noch leben sie, Achi …“ – und das enttäuscht ihn. Ich zeige auf die Särge. „Aber sie sind sicher verwahrt.“

      „Sind die schlimmsten, Mussu, die drei … Carrell führen großes Wort, Carrell Spieler und Mörder, Carrell morden Mann, den Percy sollen gemordet haben, Carrell Percy das ins Gesicht schreien und Fußtritte geben … – Nun gehen und schießen, Mussu …“

      Für ihn und sein primitives Gerechtigkeitsgefühl gab es hier nur eine Lösung: Abrechnung mit Kugeln!

      Old Dobber sagte sehr bestimmt: „Es bleibt bei dem, was ich vorhabe, El Gento …! – Tragt die Zinkkisten nach oben … Beeilt euch … In die Küche bringt sie und werft sie durch das linke Fenster hinaus, – fragt nicht viel. Beeilt euch. Und dann hinauf in das obere Zimmer, El Gento. Ich habe hier noch eine Kleinigkeit zu erledigen.“

      Ich widersprach nicht mehr. Mit Achi neben mir und mit nunmehr sechs Pistolen waren die neun

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