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Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch. Walther Kabel
Читать онлайн.Название Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch
Год выпуска 0
isbn 9788075835246
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Es waren Stunden tiefsten Grübelns über die Zusammenhänge dessen, was der Vormittag gebracht hatte. Wie ein Phantom schwebte Weras Antlitz vor mir, und ich erkannte letzten Endes, daß ich wohl auch ohne Gowins heimlichen Aufbruch aus mir selbst heraus Howard Steenpool und seine Gefangene gesucht haben würde.
Wrangel und ich erreichten das Tal mit der Menschenfalle. Hier war die Spur von Chedees Schlittenwagen leicht zu erkennen, und da der Hund immer munterer trabte, schlugen wir ein flotteres Tempo ein. Gowins deutliche Fährte, er ging stark einwärts und machte sehr lange Schritte, war unschwer aus den Spuren der drei anderen herauszufinden.
So gelangten wir, was ich stets vermutet hatte, an das Flüßchen. Es war immerhin zehn Meter breit, sein Wasser war klar, der Grund voller Steine und Kiesel und Felsbrocken, zwischen denen oft genug fette Lachse unseren Stoßspeeren zum Opfer gefallen waren. Hier am Ufer hatten die drei sich eingeschifft, – Gowin hatte hier eine Weile gestanden und war wohl mit sich zu Rate gegangen, welche Richtung er wählen sollte. Dann war er westeinwärts am Ufer weitergewandert, zum Teil im Wasser, und sehr bald bemerkte auch ich die Fährten von Chedees Zughunden, die ebenfalls zumeist im flachen Wasser sich neben dem Bootsschlitten gehalten hatten.
Es dunkelte bereits, als ich so ein Gebiet betrat, das wir nur selten aufgesucht hatten. Der Fluß wand sich hier durch eine Ecke des großen Urwaldes hindurch, und die letzten Strahlen der Sonne entschwanden mir, als ich in dieses Halbdunkel uralter Fichten und Tannen, Eichen, Erlen und Dornen zögernd eindrang. Das Flußufer war nun völlig verschwunden, das Wasser hatte Wurzeln freigelegt, und dicke Moospolster, die an den krummen Erlen hingen, kennzeichneten die höchsten Wasserstände der Frühjahrsschmelze. Meine Füße waren längst bis zu den Knien durchweicht und aufgequollen, die Stiefel schwer wie Blei, und die Kühle dieser sibirischen Wildnis machte mich frösteln. Die Urwälder von Sachalin gleichen durchaus denen Sibiriens. Vielleicht sind sie noch dichter, noch unwegsamer, da die warmen Luftströmungen des Pazifik die Vegetation begünstigen.
Hier die Fährte nicht zu verlieren, war ein Kunststück. Ich allein hätte es nie fertig gebracht. Wrangel half. Dem Hunde war das Waten im Wasser gut bekommen, und gerade an einer Stelle, wo eine Riesenfichte quer über das Wasser gestürzt war, so daß ich mich tief bücken mußte, um zwischen den bis ins Wasser hinabhängenden Zweigen hindurchzukommen, schwamm Wrangel plötzlich quer gegen die Strömung zur anderen Seite hinüber und bellte leise: Eine Aufforderung für mich, ihm zu folgen.
Wir betraten den Wald. Eine schmale Lichtung, bewachsen mit jenen fast mannshohen Grasbüscheln, die den Giljaken das Heu für die Wintermonate für ihre wenigen Kühe liefern, begünstigte zunächst das Vordringen. Ich erkannte hier noch die Fährte, doch hundert Meter weiter war wieder der Urwald mit seinen düsteren Mauern vor uns und mit seiner beklemmenden Kälte. Wrangel hinkte voran. Wir wanden uns durch Dickicht und Gestrüpp, wir trafen Windbrüche, die wie Berge waren, wir trafen Schneehalden im Schatten der Fichten, die keinen Sonnenstrahl durchließen. Und es wurde immer dunkler. An alles hatte ich gedacht. An eine Laterne nicht. Ich mußte Wrangel an die Leine nehmen und mich auf seine Augen verlassen. Mit gekrümmtem hochgereckten linken Arm schützte ich mich vor den Ästen, – ich war wie ein Blinder, denn hier in diesen Nadelholzdomen gab es kein freundliches Sternenlicht, nur Finsternis: Eulen und Käuzchen hausten hier, ihre Schreie klangen dumpf oder schrill, und das Konzert der großen Wasserfrösche in kleinen Tümpeln bildete die Dauerbegleitung zu dem widerlichen Geschrei der Nachtvögel.
Wrangel zog und zerrte an der Leine … Ihn hatte der Eifer gepackt, vielleicht war es auch die Sehnsucht nach den Artgefährten.
Und wieder verstrichen Stunden.
Meine Hände, mein Gesicht waren zerkratzt, die Füße hatten ich mir in den nassen Stiefeln wund gelaufen, aber in mir pulste derselbe Ehrgeiz wie in dem klugen Tiere, das mich, den Herrn, hier sicher und rasch vorwärtsbrachte.
Wie Gowin sich hier zurechtgefunden haben konnte, begriff ich nicht. Er mußte längst, längst die Spur verloren haben. Wahrscheinlich hatte er sich irgendwo zum Schlafen niedergelegt, denn er konnte schlafen, wann er wollte.
Stunden so …
Stunden in der bedrückenden Finsternis dieser Wildnis, die mich in vielem an die Wälder meiner schwedischen Heimat erinnerte. In Nordland droben hatten auch wir diese endlosen Forsten mit einsamen Sägewerken und einsamen Schmalspurbahnen. Die fehlten hier.
Aber schließlich mußte auch dieser Wald ein Ende haben, und ich wollte Wera Zubanoff wiedersehen, und Howard Steenpool wollte ich so manches fragen … Wie ein Beamter in das Zuchthaus Battersea gelangt sein könnte, und ob es wirklich erwiesen, daß Wera an dem Tode zweier Männer schuld sei …
Das würden nur zwei Fragen von vielen sein.
Dann – vor uns ein heller Fleck … Ein Blick empor: Sterne, die Mondsichel!
Eine Lichtung, mitten darin ein glühender Punkt wie ein Glühwürmchen.
Der Hund knurrt ganz leise und drängt sich an meine Knie.
Meine Augen zertrennen das Dunkel. Ich sehe die Umrisse einer Blockhütte, daneben eine zweite, und ich unterscheide ein erleuchtetes Fenster.
Hier ein Haus?!
Das war keine Giljakenwohnung aus dünnen Tannenstämmen mit Lehm und Steinen als Zwischenschicht, das war ein großes Blockhaus mit Schornstein, Glasfenstern, einem Stall und ein paar urbar gemachten Feldern.
Eine Hand legt sich schwer auf meine Schulter.
Wrangels Knurren habe ich falsch gedeutet. Es galt nicht der entlegenen Siedlung im Urwald und ihren Bewohnern, sondern meinem Gefährten Gowin.
Gowin steht neben mir.
In seiner Kopfhaltung allein spüre ich den hochmütigen Spott. Seine Gesichtszüge sind verschwommen.
Er … spricht …
Schwer nur kommen ihm die Worte über die halbe Zunge …
»Mr. Abelsen, ich sah Sie am Fenster … Und Sie sahen mich lesen. Wir wollen gemeinsam das Haus beschleichen, das ich ohne Sie und den Hund nie gefunden hätte.«
Nichts kam mir ungelegener als dieses Wiedersehen.
Verärgert, gereizt klang meine Frage:
»Wer bist du eigentlich, Gowin?«
Und er – im besten Englisch, nur etwas lallend, und doch mit dem Unterton gutmütigen Spottes:
»Ich bin Wasseli Gowin, und mir gehören drei Viertel der Goldwäschereien am Amur, und tausende von Mongolen lauschen meiner Stimme und gehorchen mir. Man nennt mich auch Wassili Charbinow, und vielleicht kennen Sie den Namen besser.«
Ich kannte ihn. Auf dem Schoner Sakramento hatten Pakete von fremden Zeitungen mir über die Kälte und Dunkelheit des Winters hinweggeholfen.
Wassili Charbinow war der reichste Spekulant des nördlichen Küstengebiets des fernen Ostens.
Er lachte jetzt lautlos in sich hinein.
»Abelsen, da du mich stets mit dem vertrauten Du angeredet hast, – bleiben wir dabei … – Wer war die Frau? Wirklich die Fürstin Zubanoff?«
Einer Antwort wurde ich überhoben, denn Chedee und fünf stämmige Giljaken warfen uns von hinten nieder, und ihre langen schmalen Jagdmesser kitzelten unseren Nacken, bis wir mit Renntierriemen gebunden waren.
Chedee riß mich hoch und stieß dann mit dem Messer nach dem Tiere, das mir bereits ans Herz gewachsen war.
Wrangel rettete sich durch einen Sprung rückwärts, und erst nach heftigem Hin und Her gab Chedee seinen Mordplan auf und sagte versöhnlicher: »Er mag leben bleiben, gut … Ob ihr beide leben bleibt, wird sich sehr bald herausstellen. Diese Nacht im Urwald kann eure letzte sein.«
Man schob