Скачать книгу

dann haben wir hier im Haus immer noch eine ausgezeichnete Frühgeborenen-Intensivstation mit einem Spezialisten, dessen Namen man in München und Umgebung kennt.«

      Marina spürte, wie ihr allmählich leichter ums Herz wurde. Die beruhigenden Worte Dr. Sommers zeigten ihre Wirkung.

      Inzwischen hatten sie auch die Station erreicht, und Marina kam in ein Zimmer, in dem eine junge Frau lag, die ebenfalls unter vorzeitigen Wehen litt.

      »So, Frau Schermann, Sie ziehen sich jetzt um und legen sich dann gleich ins Bett«, erklärte Dr. Sommer. »Schwester Ingrid wird Ihre Sachen auspacken, undin einer halben Stunde kommt der Stationsarzt zu Ihnen, um die Wehentätigkeit nochmals aufzuzeichnen.« Er lächelte. »Mich müssen Sie leider entschuldigen. Ich habe noch eine Menge zu tun.«

      »Das kann ich mir vorstellen«, meinte Marina. »Vielen Dank, Herr Doktor.«

      Dr. Sommer tätschelte väterlich ihre Wange, dann wandte er sich Dr. Daniel zu. »Sehen wir uns noch, Robert?«

      Doch Dr. Daniel schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Schorsch, ich muß wieder in die Praxis.«

      Dr. Sommer nickte. »Gut. Ich halte dich auf dem Laufenden.« Dann verließ er das Zimmer.

      »So, Frau Schermann«, meinte Dr. Daniel. »Wie Sie sehen, sind Sie hier in den besten Händen. Dr. Sommer hat erklassige Ärzte, die alles Menschenmögliche tun werden, um eine Frühgeburt zu verhindern.« Er sah sich im Zimmer um und entdeckte den Telefonapparat, der auf dem Nachttischchen stand. »Von hier aus können Sie Ihren Mann verständigen. Oder soll ich ihn anrufen?«

      Marina schüttelte den Kopf. »Sie haben schon so viel für mich getan, Herr Doktor.« Dann lächelte sie. »Und ich glaube, Ricky erschrickt nicht so sehr, wenn ich ihn anrufe.«

      »Da können Sie recht haben«, stimmte Dr. Daniel zu, dann reichte er Marina die Hand. »Ich werde im Laufe der Woche noch mal nach Ihnen sehen. Bis dahin alles Gute, Frau Schermann.«

      Marina verabschiedete sich sehr herzlich und sah ihm noch nach, als er das Zimmer verließ.

      »Meine Güte, so einen Arzt möchte ich auch haben«, erklärte die Frau vom Nachbarbett. »Wenn ich da an meinen denke…« Sie winkte ab.

      Marina lächelte. »Dr. Daniel ist wirklich erstklassig – als Arzt und als Mensch.«

      *

      Ursprünglich hatte Saskia gleich nach München fahren wollen, doch dann überlegte sie es sich anders. Sie würde abwarten, ob Stefan am Wochenende nach Hause käme.

      Am Samstag, gleich nach dem Mittagessen, verließ Saskia das Pfarrhaus und machte sich auf den Weg zur Daniel-Villa. Ihr Herz klopfte dabei bis zum Hals. Sie hoffte, daß Stefan nach Steinhausen gekommen war, hatte aber gleichzeitig Angst davor, ihm nach so vielen Jahren wiederzubegegnen.

      Dann stand sie vor der schweren eichenen Haustür und rang mit sich, ob sie auf den Klingelknopf drücken sollte oder nicht. Sie wurde dieser Entscheidung enthoben, als Dr. Daniel heraustrat. Im Gegensatz zu Saskia erschrak er nicht über dieses unverhoffte Zusammentreffen vor der Haustür – ganz im Gegenteil. Sein Lächeln zeigte an, daß er mit dieser Begegnung gerechnet hatte.

      »Ich nehme an, du möchtest zu Stefan«, erklärte er.

      Saskia nickte. »Ist er… zu Hause?«

      »Ja. Karina und Stefan sind gestern abend gekommen, und weil er dich nicht erwähnte, wußte ich schon, daß du ihn in München noch nicht besucht hast.«

      Saskia senkte den Kopf. »Ich… ich weiß auch nicht, warum. Plötzlich hatte ich Angst.«

      Dr. Daniel nickte verständnisvoll, dann legte er einen Arm um Saskias schmale Schultern und führte sie ins Haus und die Treppe hinauf. Vor einer Tür im ausgebauten Dachgeschoß blieb er stehen und klopfte.

      »Ja, bitte!« ertönte von drinnen Stefans Stimme, und Saskia fühlte, wie sie zu vibrieren begann. Nach fast sieben Jahren sollte sie nun also Stefan wieder gegenüberstehen.

      »Geh nur hinein«, meinte Dr. Daniel aufmunternd. »Er wird sich freuen, dich zu sehen.«

      »Und Sie?« fragte Saskia zurück.

      Dr. Daniel schmunzelte. »Ich glaube nicht, daß ihr beide mich braucht.«

      Saskia holte tief Atem, dann drückte sie die Klinke hinunter und öffnete langsam die Tür. Im nächsten Moment stand sie Stefan gegenüber, denn als auf seine Aufforderung hin niemand hereingekommen war, war er aufgestanden und zur Tür gegangen.

      Sekundenlang blieben dann beide schweigend stehen. Ihre Blicke versanken ineinander, und Saskia erinnerte sich, wie gern sie immer in diese strahlend blauen Augen geschaut hatte – Augen wie ein See, in dem sich die Sonne spiegelte… Augen, in denen man ertrinken konnte.

      »Saskia.« Stefans Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Dann hob er die rechte Hand und streichelte zärtlich durch ihr dichtes, schwarzes Haar. »Meine Güte… nach so vielen Jahren…«

      Saskia fühlte den Zauber, der noch immer zwischen ihnen herrschte.

      »Hast du denn ab und zu an mich gedacht?« fragte sie leise.

      Stefan nickte. »Sehr oft sogar… das heißt… in letzter Zeit nicht mehr.«

      Saskias Blick glitt suchend über seine Hände, doch sie konnte keinen Ring entdecken, der anzeigte, daß er gebunden war.

      Stefan verstand die stumme Frage, die in ihren Augen lag. Er schüttelte den Kopf.

      »In meinem Leben gibt es niemanden«, erklärte er, dann trat er einen Schritt zurück und ließ sie eintreten.

      »Ich kann es noch immer nicht glauben«, meinte er. »Sieben Jahre ist es her…« Er unterbrach sich, weil er den schmalen goldenen Ring an ihrer linken Hand entdeckt hatte. »Du bist verlobt?«

      Da wandte Saskia den Kopf zur Seite und schluchzte leise auf. Spontan nahm Stefan sie in die Arme, und Saskia lehnte sich wie schutzsuchend an ihn.

      »Stefan, können wir reden… ich meine… nicht hier, sondern… so wie früher… wir zwei – allein.«

      »Natürlich, Saskia.« Er überlegte, dann lächelte er. »Fahren wir nach Schliersee?«

      Mit glänzenden Augen blickte sie zu ihm auf. »In unser kleines Café?«

      Stefan nickte. »Du erinnerst dich also noch.«

      »Ach, Stefan, wie sollte ich ausgerechnet das vergessen? In diesem Café haben wir uns zum ersten Mal geküßt, und ich dachte…« Sie stockte, dann senkte sie den Kopf. »Warum konnte dieses Glück keinen Bestand haben?«

      »Weil es ein Jahr später diesen Pascal gegeben hat«, entgegnete Stefan, und Saskia glaubte, leise Bitterkeit aus seiner Stimme herausgehört zu haben.

      »Ich habe dir sehr weh getan, nicht wahr?«

      »Ja, Saskia«, gab Stefan offen zu. »Damals glaubte ich, ich müsse sterben vor Sehnsucht und unerfüllter Liebe.«

      »Und du hast nie… ich meine…« Saskia schaffte es nicht, den Satz zu beenden.

      »Ich bin ein ganz normaler Mann, Saskia«, entgegnete Stefan ernst. »Und natürlich hatte ich Mädchenbekanntschaften. Schließlich konnte ich nicht damit rechnen, daß du irgendwann zurückkommen würdest.«

      Saskia seufzte. »Ich weiß, Stefan. Es ist nur… ich bin im Augenblick sehr unglücklich.«

      »Das sieht man dir an. Aber wir haben Gelegenheit, um darüber zu sprechen. Der Tag gehört dir, Saskia.«

      *

      Das kleine, abgeschiedene Café am Ortsrand von Schliersee war nur mäßig besucht, doch das störte Stefan und Saskia nicht. Sie setzten sich an einen Nischentisch, an dem sie ungestört reden konnten.

      »Also, Saskia, was ist passiert?« wollte Stefan wissen, nachdem der Ober ihnen Kaffee und Kuchen gebracht hatte.

      Saskia

Скачать книгу