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an.

      »Ich verstehe das nicht«, erklärte er, und sein Gesichtsausdruck bewies, daß er die Wahrheit sagte.

      Marina grinste. »Dann hast du aber eine verdammt lange Leitung, mein lieber Ricky.«

      Und jetzt endlich begriff er. »Heißt das etwa…, du bekommst ein Kind?«

      Marina nickte glücklich, und dann gelang es ihr nicht mehr, auch nur ein weiteres Wort zu sagen, denn Ricky nahm sie stürmisch in die Arme und wirbelte sie überglücklich herum.

      »Wir bekommen ein Baby!« rief er. »Meine Güte, Marina, ich werde Vater! Stell dir vor, ich werde tatsächlich Vater!«

      Dann stellte er sie mit plötzlicher Vorsicht auf den Boden.

      »Du mußt dich jetzt sehr schonen, Liebes«, meinte er besorgt.

      Da lachte Marina. »Ach, Ricky, eine Schwangerschaft ist doch keine Krankheit.« Sie küßte ihn voller Zärtlichkeit. »Ich bin sicher, wir werden ein ganz wunderbares Baby bekommen.«

      Dabei wanderte ein dankbarer Gedanke zu Dr. Daniel, denn schließlich verdankte sie es ja nicht zuletzt ihm, daß sie in einigen Monaten Mutter werden durfte. Und als sie den Blick ihrer wunderschönen blauen Augen jetzt wieder auf Ricky richtete, da fing sie sein Lächeln auf – ein strahlendes, von unsagbarem Glück durchleuchtetes Lächeln. Und sie spürte, daß dieses Glück nun endlich von Dauer sein würde.

Cover Als Pascal sie verließ

      Mit recht langsamen, schleppenden Schritten verließ Saskia Felber das kleine Kinderheim, in dem sie bis heute gearbeitet hatte. Nun war sie also arbeitslos – wieder einmal. Allerdings hatte sie die Tätigkeit hier in den letzten Wochen zunehmend belastet. Ständig mit Kindern zu tun zu haben und gleichzeitig zu wissen, daß man selbst keine bekommen konnte, war nicht gerade einfach. Noch dazu, wo vor einem Jahr noch alles ganz anders für sie ausgesehen hatte.

      Gewaltsam schüttelte Saskia die trüben Gedanken ab. Es hatte keinen Sinn, weiter darüber nachzugrübeln. Das Baby ließ sich nicht mehr zurückholen, und auch Pascal hatte seine Entscheidung getroffen.

      Mit quietschenden Rädern schaukelte die Straßenbahn heran und blieb schließlich stehen. Saskia drückte auf den Knopf, der die Tür mit einem leisen Zischen aufgehen ließ, dann stieg sie ein – froh, dem gerade einsetzenden Regen entfliehen zu können.

      Trübsinnig starrte sie aus dem Fenster. Sie haßte die Stadt. Sie haßte jede Stadt, denn bis jetzt hatte ihr noch keine Glück gebracht. Und sie haßte das Wetter in der Stadt. Wenn die Sonne schien, dann wurde es schwül und stickig, und der Asphalt verwandelte sich in eine schmierige Masse. Wenn es regnete, dann war die ganze Stadt grau und trostlos, und im Winter – da wurde aus dem herrlichen Schnee in Sekundenschnelle schwarzbrauner, feuchter Matsch.

      Jetzt schien der Himmel seine Schleusen endgültig geöffnet zu haben. Es regnete in Strömen. Die Scheiben der Straßenbahn waren beschlagen, die Tropfen trommelten auf das Blechdach, und wahre Sturzbäche rannen über die Fenster. Drinnen roch es nach nassen Regenschirmen und feuchten Haaren. Von der gelben Ölhaut des neben ihr stehenden Mannes tropfte es beständig auf ihren Rock.

      »Hey, Saskia! Mensch, bist du’s wirklich?«

      Saskia blickte auf und direkt in die strahlend blauen Augen einer hübschen, blonden Frau.

      »Kennst du mich noch?« wollte die wissen, und ein freundliches Lächeln erhellte ihr sympathisches Gesicht.

      Saskia nickte. »Natürlich, Brigitte. Sollte ich meine Banknachbarin aus der Berufsschule etwa vergessen haben? Was machst du denn hier in Köln?«

      Brigitte lachte und warf ihr wallendes blondes Haar zurück. »Du bist gut. Ich lebe hier. Seit drei Jahren bin ich verheiratet und schon Mutter. Meine Kleine habe ich gerade bei der Oma abgeliefert, weil ich zum Arzt muß.«

      Saskia senkte den Kopf. Verheiratet und ein Kind. Ja, sie könnte auch schon verheiratet sein. Und ein Kind haben, wenn…

      »Und du?«

      Brigittes Stimme riß sie in die Wirklichkeit zurück.

      »Ich habe bis heute in einem kleinen Kinderheim hier in der Stadt gearbeitet. Leider wird das Heim jetzt aufgelöst.«

      »Noch nicht verheiratet?«

      »Nein, noch nicht«, antwortete Saskia leise, dann stand sie abrupt auf. »Ich muß aussteigen. War nett, dich zu sehen, Brigitte. Mach’s gut!«

      Sie sprang vom Trittbrett und lief durch den Regen. Innerhalb von Minuten war sie völlig durchnäßt. Das sonst so weiche, schwarze Haar hing in dicken, nassen Strähnen bis weit über ihren Rücken. Regentropfen liefen über ihr zartes Gesicht – Regentropfen undTränen.

      Wieder einmal haderte Saskia mit ihrem Schicksal. Brigittes Fragen hatten alles wieder so gegenwärtig werden lassen. Mit dem Handrücken wischte Saskia über ihre Augen, doch das war ein sinnloses Unterfangen, denn immer wieder strömten neue Tränen nach – sie wußte, daß es Tränen waren, denn der Regen hatte so plötzlich aufgehört, wie er begonnen hatte.

      »Warum?« fragte sie verzweifelt. »Meine Güte, warum nur?«

      Noch immer konnte sie Pascals Reaktion von damals nicht verstehen. Wenn sie das Baby abgetrieben hätte… aber so, es war doch ein Unfall gewesen – ein Unfall, an dem sie völlig schuldlos gewesen war.

      »Ist Ihnen nicht gut, Fräulein?« wurde sie in diesem Augenblick von einer Dame mittleren Alters angesprochen.

      Saskia schüttelte den Kopf. »Alles in Ordnung, danke.«

      »So sehen Sie aber nicht aus«, beharrte die Dame.

      »Bitte… lassen Siemich…«, stammelte Saskia, riß sich los und rannte blindlings über die Straße. Ein Auto hupte, Bremsen kreischten, und die Dame, die Saskia noch hatte festhalten wollen, schrie entsetzt auf, dannlief sie auf die Fahrbahn und beugte sich über das am Boden liegende junge Mädchen.

      Noch ein wenig benommen versuchte Saskia sich aufzurichten. Ihr rechtes Bein schmerzte, und aus einer Schürfwunde an ihrem linken Arm sickerte Blut.

      »Ich konnte nichts dafür«, beteuerte der Autofahrer den herbeigeeilten Passanten gegenüber. »Sie ist mir direkt ins Auto gelaufen.«

      »Lassen Sie mich durch!« ertönte jetzt eine energische Stimme. »Ich bin Arzt.«

      Bereitwillig wurde dem Mann Platz gemacht, dann beugte er sich über Saskia und tastete ihren Körper ab.

      »Da hatten Sie aber Glück, junges Fräulein«, meinte er. »Es scheint nichts gebrochen zu sein.« Er blickte auf und direkt in das Gesicht des Autofahrers. »Ich nehme an, Sie wollen die Polizei holen, oder?«

      Der Autofahrer zuckte die Schultern. »Besser wär’s wohl. Wegen der Versicherung und so.«

      Der Arzt nickte. »Gut. Ich bin Dr. Schuhmacher, und meine Praxis befindet sich gleich in diesem Haus, 1. Stock. Ich werde das junge Fräulein mitnehmen, um die Wunden zu versorgen.«

      Der Autofahrer nickte. »Ist in Ordnung. Ich schicke die Beamten dann zu Ihnen hinauf.«

      Schwer auf den Arzt gestützt, erhob sich Saskia und ließ sich in die Praxis bringen.

      »Ich weiß überhaupt nicht, was in mich gefahren ist«, erklärte sie, während Dr. Schuhmacher die Schürfwunde mit einem Antiseptikum bestrich.

      Jetzt bedachte er Saskia mit einem prüfenden Blick. »Ich bin zwar kein Psychiater, aber auch ich sehe, daß Sie eine Menge Probleme mit sich herumzuschleppen scheinen.«

      Saskia nickte.

      »So ist es tatsächlich«, flüsterte sie.

      Der Arzt griff nach ihrer Hand und hielt sie fest. »Möchten Sie darüber sprechen?«

      Saskia zögerte,

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