Скачать книгу

auf den Summer, und als Birgit die steile Treppe hinaufgekeucht kam, stand ihre Schwester schon oben vor der Tür und strahlte über das ganze Gesicht.

      »Biggi!« rief sie und umarmte Birgit impulsiv. »Mensch, das ist vielleicht eine nette Überraschung! Was machst du hier in München? Bist du zufällig hier oder…«

      »Gnade!« bat Birgit in komischer Verzweiflung. »Laß mich doch erst mal hereinkommen und Luft holen.« Sie ließ sich auf einen der bequemen Wohnzimmersessel fallen. »Also, die Besteigung des Mount Everest kann auch nicht anstrengender sein. Warum, zum Teufel, ist dieser dämliche Lift denn ständig kaputt?«

      »Weil die Kinder von zwölf Mietsparteien mit wachsender Begeisterung damit spielen – meine zwei nicht ausgenommen«, erklärte Monika grinsend. »Aber jetzt sag endlich, was machst du morgens um acht in München?«

      Birgit senkte den Kopf. »Ich muß dringend mit dir sprechen, Moni.«

      Monika erschrak. »Du hast doch hoffentlich keine Probleme mit Frank.«

      »Wie man’s nimmt«, entgegnete Birgit. »Das heißt aber nicht, daß es in unserer Ehe Schwierigkeiten gäbe.« Sie zwang sich zu einem Lä­cheln. »Wäre ja auch ein bißchen früh nach einem halben Jahr.«

      »Ist alles schon vorgekommen«, meinte Monika. »Und Krisen gibt’s immer mal. Wichtig ist nur, daß man sich liebt. Dann kommt alles wieder ins rechte Lot.«

      Birgit nickte. »Da kannst du recht haben. Aber… um so etwas geht’s eigentlich gar nicht. Es ist vielmehr… es liegt an mir, weißt du. Ich habe seit einiger Zeit… na ja, wenn ich mit Frank zusammen war, dann… dann habe ich Schmerzen… und ich blute.«

      Besorgt runzelte Monika die Stirn. »Das klingt aber gar nicht gut. Warst du schon beim Arzt?«

      Birgit schüttelte den Kopf. »Ich geniere mich so sehr. Es hat mich schon Überwindung gekostet, zu dir zu kommen. Und mit einem Fremden über so intime Dinge zu sprechen… nein, ich glaube, das kann ich nicht.«

      »Das mußt du aber«, erklärte Monika ernst. »Schmerzen beim Verkehr sind meines Erachtens immer ein Alarmzeichen, denn dann kann etwas nicht in Ordnung sein. Und wenn du darüber hinaus auch noch blutest… Biggi, du mußt unbedingt zum Arzt gehen.«

      Birgit seufzte tief auf. »Moni, ich… ich kann nicht. Und… vielleicht vergeht es ja auch so wieder.«

      »Darauf würde ich mich nicht verlassen.« Monika schwieg einen Moment. »Hast du schon mit Frank darüber gesprochen?«

      Heftig schüttelte Birgit den Kopf. »Um Himmels willen, nein, natürlich nicht!«

      »So natürlich finde ich das ganz und gar nicht«, erwiderte Monika. »Der Mann sollte eigentlich der erste sein, der so etwas erfährt. Also, ich habe mit Karsten immer dar­über gesprochen, wenn ich keinen Spaß hatte oder mir irgend etwas weh getan hat.«

      »Dann hattest du so etwas auch schon?« fragte Birgit hoffnungsvoll. Wenn Monika ein ähnliches Problem gehabt hatte wie sie, dann würde sie sich den Arztbesuch in jedem Fall schenken und darauf warten, daß die Schmerzen von ganz allein vergehen würden.

      »Geblutet habe ich nie«, entgegnete Monika sofort. »Ich hatte mal eine Eileiterentzündung, und da hatte ich auch Schmerzen. Aber das wurde mit Antibiotika behandelt, und dann war alles wieder in Ordnung.«

      »Dann warst du also beim Arzt«, murmelte Birgit.

      »Natürlich war ich beim Arzt«, bekräftigte Monika. »Und ich rate dir noch mal dringend, ebenfalls dorthin zu gehen.«

      Wieder seufzte Birgit. »In Steinhausen gibt es nur einen Gynäkologen.«

      Monika zuckte die Schultern. »Na und? Einer reicht doch auch, oder?«

      »Na ja, aber… wenn er nun recht grob ist… und… und überhaupt…«

      Mit gerunzelter Stirn sah Monika ihre Schwester an. »Soll das heißen, daß du noch nie beim Frauenarzt gewesen bist? Du nimmst doch auch die Pille, oder nicht?«

      »Natürlich«, gestand Birgit. »Und ich war auch schon mal beim Frauenarzt… vor ein paar Jahren.«

      Fassungslos schüttelte Monika den Kopf. »Und seitdem nicht mehr? Ja… wie bekommst du denn die Pille verschrieben?«

      Birgit errötete. »Ach, da gibt es schon Mittel und Wege…«

      »Das ist doch nicht zu glauben«, erklärte Monika entsetzt. »Biggi, was du tust, ist unverantwortlich, und ich erwarte, daß du noch diese Woche zum Arzt gehst.« Sie stand auf und stellte das Telefon vor ihre Schwester hin. »Da, ruf an.«

      »Ich weiß die Nummer nicht auswendig«, wich Birgit aus.

      »Kein Problem«, entgegnete Monika und holte das Telefonbuch hervor. »Wie heißt er?«

      »Daniel«, murmelte Birgit. »Aber… es kann sein, daß er noch gar nicht drinsteht. Er ist erst seit ein paar Monaten in Steinhausen.«

      »Auch kein Problem«, urteilte Monika, nahm den Hörer ab und wählte die Nummer der Auskunft. Kaum eine Minute später hatte sie die Telefonnummer der Praxis von Dr. Robert Daniel erfahren.

      »So, und jetzt wirst du einen Termin vereinbaren«, verlangte Monika von ihrer Schwester. »Und ich erwarte, daß du ihn auch einhältst.«

      Birgit schluckte, dann nickte sie. »In Ordnung, Moni.« Sie zögerte und gestand dann: »Wahrscheinlich hast du recht. Es ist wirklich das Beste, wenn ich mich mal gründlich untersuchen lasse.«

      *

      »Ich fahre am Wochenende nach Steinhausen. Kommst du mit?«

      Stefan Daniel sah bei den Worten seiner jüngeren Schwester Karina nur für einen kurzen Augenblick von seinen Büchern auf.

      »Keine Lust«, war sein einziger Kommentar.

      Vorwurfsvoll schüttelte Karina den Kopf. »Also, weißt du, Stefan, du solltest Papa wirklich nicht so vernachlässigen. Seit Muttis Tod hat er doch nur noch uns.«

      Stefan winkte ab. »Tante Irene ist auch noch da, und sie verwöhnt ihn nach Strich und Faden, seit sie ihm den Haushalt führt. Außerdem habe ich keine Lust, mir schon wieder eine Predigt anzuhören, weil ich seine Praxis nicht übernehmen will.«

      »Daran bist du selbst schuld«, entgegnete Karina voller Überzeugung. »Erstens mal könntest du Papa an deinem Studium ruhig ein wenig teilhaben lassen. Du weißt genau, wie stolz er auf dich ist, weil du Medizin studierst. Und zweitens solltest du sein Angebot, später in seiner Praxis mit einzusteigen, nicht gar so hochmütig ausschlagen. Noch weißt du nämlich überhaupt nicht, ob du mal in einer Klinik unterkommst. Und vor allen Dingen, ob du das dann auch noch willst.«

      »Ach, laß mich doch in Ruhe«, knurrte Stefan. Er wußte genau, daß seine Schwester recht hatte, wollte es aber nicht zugeben. Und sein Prinzip, mit dem Vater nicht über sein Studium zu sprechen, kam auch nicht von ungefähr. Dr. Daniel war nämlich in dem Bemühen, seinen Sohn zu unterstützen, gelegentlich weit über das Ziel hinausgeschossen. Und so hatte Stefan schließlich beschlossen, überhaupt nichts mehr zu sagen oder zu fragen. Vielleicht wollte er seinem Vater auch nur beweisen, daß er durchaus in der Lage war, allein mit seinem Studium fertig zu werden.

      Das Klingeln des Telefons riß Stefan aus seinen Gedanken. Er hob den Hörer ab und hoffte dabei inständig, daß es nicht gerade sein Vater war, der jetzt anrief.

      »Hier ist Markus Wagner«, gab sich der Anrufer zu erkennen. »Kann ich Karina sprechen?«

      »Natürlich«, antwortete Stefan, legte eine Hand über die Sprechmuschel und rief seiner Schwester zu: »Für dich! Dein Freund!«

      »Ich habe keinen Freund!« zischte Karina, dann meldete sie sich.

      »Grüß dich, Karina, hier ist Markus«, erklärte der junge Mann am anderen Ende der Leitung.

      Ohne es zu wollen, errötete Karina ein wenig, was von Stefan mit einem spöttischen Grinsen

Скачать книгу