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Dr. Daniel Paket 1 – Arztroman. Marie Francoise
Читать онлайн.Название Dr. Daniel Paket 1 – Arztroman
Год выпуска 0
isbn 9783740948535
Автор произведения Marie Francoise
Жанр Языкознание
Серия Dr. Daniel Paket
Издательство Bookwire
Mitleidig sah Daniela ihre Freundin an. »Versucht ihr’s wirklich schon seit fünf Jahren?«
»Ja… Jedenfalls fast. Horst war damals der Meinung, daß er mit seinen achtundzwanzig Jahren nicht mehr zu lange warten sollte. Und ich war bei unserer Hochzeit ja auch schon beinahe vierundzwanzig. Außerdem wünschen wir uns Kinder – je mehr, desto besser.« Sandra seufzte. »Allerdings fürchte ich, wir können froh sein, wenn wir wenigstens eines bekommen. Schau, ich bin mittlerweile neunundzwanzig, und allmählich bekomme ich wirklich ein wenig Panik.«
»Ach was!« wehrte Daniela resolut ab. »Meine Mutter war vierunddreißig, als ich zur Welt kam. Und ich habe noch drei jüngere Geschwister, dann kannst du’s dir ausrechnen, wie alt sie bei unserem Nesthäkchen war.« Sie überlegte einen Moment. »Warst du noch nie beim Arzt?«
»Doch. Er meint, bei mir wäre alles in Ordnung. Und auch Horst hat sich untersuchen lassen. An ihm liegt’s ebenfalls nicht.« Wieder seufzte Sandra. »Nachdem mein Arzt uns Luftveränderung empfohlen hatte, kaufte meine Schwiegermutter dieses verdammte Haus in Bayern. Sie hat überhaupt nicht begriffen, daß der Arzt nur einen Urlaub meinte – einen Urlaub, bei dem Horst und ich einmal völlig allein und ungestört sein sollten.«
»Sie hockt euch ständig auf der Pelle, was?« fragte Daniela mitleidig und dankte dabei dem Himmel, daß sie mit keiner solchen Schwiegermutter belastet war.
»Das kannst du laut sagen.« Sandra seufzte. »Das Schlimme daran ist, daß sie nicht wirklich bösartig ist. Sie meint es immer nur gut, aber damit kann sie einem gewaltig auf die Nerven gehen. Und jetzt wird alles noch ärger werden. Bisher hatte sie wenigstens ihre eigene Wohnung – wenn auch im selben Haus wie Horst und ich. Aber in Steinhausen bewohnen wir dasselbe Haus; ich habe sie also von morgens bis abends um mich.« Sie schwieg einen Augenblick und fügte dann bissig hinzu: »Wenn sie nicht auch noch bei uns im Schlafzimmer übernachten wird.«
Daniela mußte lachen. »So schlimm wird’s schon nicht werden Sandra.« Dann warf sie einen Blick auf ihre Armbanduhr. »Du, ich muß nach Hause. Volker wird bestimmt schon auf mich warten.«
Die beiden Freundinnen bezahlten, dann verließen sie das Restaurant und verabschiedeten sich sehr herzlich voneinander. Daniela versprach immer wieder, daß sie oft zu Besuch kommen würde, doch Sandra wußte, daß das nicht so einfach war. Schließlich war Daniela ja weiterhin berufstätig, und ihren Urlaub würde sie nach wie vor mit ihrem Mann Volker im Süden verbringen.
Niedergeschlagen machte sich Sandra auf den Heimweg. Sie haßte das unschuldige Steinhausen schon jetzt, obwohl sie es noch gar nicht kannte.
*
Der Steinhausener Pfarrer Klaus Wenninger war mit seinen Nerven am Ende. Seit einer Woche war seine Schwester Martha Heimrath bei ihm zu Besuch und brachte seinen ganzen Rhythmus durcheinander. Sogar ein Wastl – eine liebenswerte Promenadenmischung, die nur mit dem Briefträger gelegentlich aneinandergeriet – lag nur noch trübsinnig unter dem Sofa und sah seinen Herrn mit nahezu vorwurfsvollem Blick an, als wollte er ihn bitten, die neue Hausgenossin so bald wie möglich wieder wegzuschicken.
Ganz unverhofft hatte Martha am letzten Samstag mit zwei Koffern vor dem Pfarrhaus gestanden.
»Mein Arzt hat mir Luftveränderung empfohlen«, hatte sie behauptet und war ohne weiteren Kommentar an ihrem Bruder vorbei ins Haus getreten. Damit war es mit der Ruhe vorbei gewesen.
»Hochwürden.« Die Stimme seiner langjährigen Haushälterin Gerdi Schuster riß ihn aus seinen Gedanken. »Ich will nicht anmaßend sein, aber… wird Ihre Frau Schwester noch lange hier bleiben?«
Resigniert hob Pfarrer Wenniger beide Hände. »Das weiß nur der liebe Gott… das heißt, aus diesem Fall sollte man vielleicht sogar ihn heraushalten.«
Gerdi seufzte. »Ich habe ja nichts gegen Besuch im Pfarrhaus, aber…«
»Ich verstehe schon, Gerdi«, meinte Klaus Wenninger. »Meine Schwester ist schwer zu verkraften, und manchmal frage ich mich, wie mein Schwager die vergangenen dreißig Jahre überstanden hat.« Er schüttelte den Kopf. »Sie ist eine sehr resolute Person, die sich in alles einmischen muß, um glücklich zu sein. Ihnen redet sie in den Haushalt hinein und mir in meine Predigten. Aber ich fürchte, wir werden ihre Anwesenheit noch eine Weile erdulden müssen. Martha hat etwas von zwei Monaten verlauten lassen.«
»Ach, du liebe Zeit«, entfuhr es Gerdi, während sie sich vor Schreck auf das Sofa fallen ließ. »Zwei Monate!«
Pfarrer Wenninger nickte betrübt. »Ich weiß, was Sie denken, Gerdi. Nach diesen zwei Monaten sind wir beide vermutlich reif für die Insel, wie man so schön sagt.« Er winkte ärgerlich ab. »Dabei ist das mit der Luftveränderung nur eine Ausrede. Schließlich wohnt Martha in München, und recht viel anders ist die Luft hier in Steinhausen auch nicht… ein bißchen sauberer vielleicht – wenn man von dieser unerfreulichen Chemiefabrik einmal absieht.« Im selben Augenblick wurde ihm bewußt, daß er eben ein Wort benutzt hatte, das eines Pfarrers nicht würdig war, und warf einen entschuldigenden Blick nach oben, bevor er fortfuhr: »Der wahre Grund für Marthas plötzliche Sehnsucht nach mir ist, daß ihre Freundin Johanna hierherzieht, und ich wette, diese beiden Grazien haben irgend etwas ausgeheckt.«
Bei dem Ausdruck Grazien mußte Gerdi unwillkürlich schmunzeln. Sie liebte und verehrte »ihren« Herrn Pfarrer, doch mit einem würdigen Geistlichen hatte er nicht viel Ähnlichkeit – eher schon mit Don Camillo. Aber wahrscheinlich machte ihn gerade das so liebenswert.
»Na ja, uns bleibt eben nur die Hoffnung, daß Martha die meiste Zeit bei ihrer Freundin verbringen und uns beide weitgehend in Ruhe lassen wird«, fügte Pfarrer Wenninger hinzu, doch ihm war anzusehen, daß er mit dieser Möglichkeit eigentlich nicht rechnete.
*
Johanna Köster war in Hochstimmung. Endlich war es soweit! Heute abend würden sie schon in ihrem Häuschen in Steinhausen schlafen! Geschäftig lief die knapp sechzig-jährige, etwas korpulente Frau durch die Zimmer, die sie in den letzten Jahren bewohnt hatte, um sicherzugehen, daß sie nichts vergessen hatte. Ihr rundes Gesicht, das sowohl Gutmütigkeit als auch eiserne Entschlossenheit ausdrückte, strahlte vor Freude.
»Mama! Bist du soweit?« drang Horsts Stimme von unten herauf.
»Ja, mein Junge, ich komme sofort!« antwortete Johanna, dann ergriff sie ihren Koffer und ging vorsichtig die steile Treppe hinunter.
Der Möbelwagen war bereits vor einer Stunde losgefahren, und jetzt, da es soweit war, dachte Johanna doch ein wenig wehmütig an die Möbelstücke, die sie zurücklassen mußte. Sie mußte verhältnismäßig viel von ihrer Einrichtung dem Nachmieter überlassen, und das fiel ihr ziemlich schwer, aber sie sah natürlich ein, daß sich auch Horst und Sandra nicht von all ihren Einrichtungsgegenständen hatten trennen wollen. Und es war nun mal so, daß sie in Steinhausen nicht nur unter einem Dach, sondern eben auch in einer recht kleinen Wohnung leben mußten. Da mußte sich jeder von ihnen schon ein bißchen einschränken. Es war zwar ein zweigeschossiges Einfamilienhaus, und man konnte sich, wenn es nötig war, durchaus auch aus dem Weg gehen, aber es gab halt nur einen Eingang, und den mußten sie alle drei benutzen.
Doch Johanna war sicher, daß es keine Schwierigkeiten geben würde. Sie liebte ihren Sohn über alles, und auch mit der Schwiegertochter kam sie – ihrer Meinung nach – sehr gut zurecht.
Schließlich mische ich mich auch nicht in ihre Ehe ein, dachte sie. Ich stehe ihnen nur mit Rat und Tat zur Seite, wenn sie es verlangen.
Das stimmte so natürlich nicht. Johanna mischte sich sehr wohl in die Ehe ihres Sohnes ein, und ihre Ratschläge erteilte sie meistens dann, wenn Horst und Sandra sie gar nicht hören wollten, doch das bemerkte Johanna in ihrem Eifer gar nicht. Sie wollte nur Gutes tun und ging den beiden jungen Menschen dabei gehörig auf die Nerven.
»Freut ihr euch schon?« fragte sie, als sie zu Horst