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existiert nur noch ihr Unterleib. Es war vor der Operation schon schlimm genug, aber jetzt… es ist nicht mehr auszuhalten. Es scheint, als würde sie den ganzen Tag vor ihrer Fieberkurve sitzen.« Wieder vergrub er das Gesicht in den Händen. »Ich halte das einfach nicht mehr aus.«

      »Verständlicherweise«, stimmte Dr. Daniel ihm zu. »Hören Sie, Herr Gerhardt, morgen ist Samstag. Da werde ich Ihre Frau zu Hause aufsuchen und ein ernstes Gespräch mit ihr führen. Vielleicht kann ich sie zur Vernunft bringen, und wenn Sie sie nach wie vor lieben…« Er lächelte dem verzweifelten Mann aufmunternd zu. »Gemeinsam müßten wir mit dem Problem doch fertig werden.«

      *

      Patricia Gerhardt war in Tränen aufgelöst, als Dr. Daniel am Samstagvormittag bei ihr klingelte.

      »Herr Doktor, Sie kommen wie gerufen«, stieß sie hervor. »Oliver hat mich verlassen! Gestern abend hat er einen Koffer gepackt und ist einfach gegangen.«

      »Darüber wundern Sie sich doch hoffentlich nicht«, entgegnete Dr. Daniel ernst, während er die Wohnungstür hinter sich schloß.

      Mit großen Augen sah Patricia ihn an. »Das klingt, als wüßten Sie das alles schon.«

      Dr. Daniel nickte. »Darf ich mich setzen?«

      Mit einer fahrigen Handbewegung bot Patricia ihm Platz an.

      »Sie haben recht, Frau Gerhardt«, fuhr Dr. Daniel nun fort. »Ich weiß bereits, daß Ihr Mann Sie verlassen hat. Und ich kenne auch den Grund dafür. Sie nicht?«

      Patricia schüttelte den Kopf.

      »Das glaube ich Ihnen nicht«, erklärte Dr. Daniel. »Sie wissen ganz genau, weshalb Ihr Mann gestern diesen Schritt vollzogen hat. Er hat das Leben, das er seit zwei Jahren an Ihrer Seite führen mußte, einfach nicht mehr länger ausgehalten. Frau Gerhardt, Ihr ganzes Denken und Fühlen dreht sich nur noch um Ihren Unterleib. Sie leben mit Fieberkurven und Eisprung, aber Ihren Mann haben Sie dabei völlig vergessen.«

      »Das ist nicht wahr!« widersprach Patricia heftig. »Ich liebe Oliver! Und was ist daran auszusetzen, wenn sich eine Frau ein Kind wünscht?«

      »Im Grunde gar nichts«, gab Dr. Daniel offen zu. »Aber wenn dieser Wunsch zur Manie wird, dann muß jemand eingreifen. Hören Sie zu, Frau Gerhardt, als Ihr Arzt verordnet ich Ihnen und Ihrem Mann einen mindestens vierwöchigen Urlaub. Und ich verlange, daß Sie Ihr Fieber-thermometer, Ihren Kalender und was Sie für die Eisprungerrechnung sonst noch an Utensilien gebrauchen, zu Hause lassen, haben Sie mich verstanden?«

      Patricia schluckte. Einen solch strengen Ton war sie von dem immer freundlichen Dr. Daniel nicht gewohnt.

      »Aber… es scheint… als hätte ich gar keinen Eisprung mehr«, wagte Patricia zu entgegnen. »Kann es nicht sein, daß dieser Dr. Heller doch einen Fehler gemacht hat?«

      »Nein«, antwortete Dr. Daniel knapp. »Und daß Sie im Augenblick keinen Eisprung haben, wundert mich überhaupt nicht. Seit der Operation vor zwei Monaten stehen Sie unter ständigem Streß, den Sie sich selbst auferlegt haben. Und jegliche Streßsituation kann den normalen Zyklus einer Frau durcheinanderbringen. Das bedeutet, daß der Eisprung fast immer ausbleibt, wenn die Frau unter körperlicher oder psychischer Spannung steht. Verstehen Sie jetzt, warum ich will, daß Sie in Urlaub fahren?«

      Niedergeschlagen senkte Patricia den Kopf. »Ja, Herr Doktor.« Und dann wischte sie sich mit einer verlegen wirkenden Geste über die Augen. »Ich glaube, ich habe mich ganz entsetzlich dumm benommen.«

      »Das fürchte ich auch«, stimmte Dr. Daniel ihr zu. »Aber ich habe Sie oft genug davor gewarnt, sich so in die Sache hineinzusteigern.« Er stand auf. »Ihr Mann ist bei mir zu Hause, und ich bin der Meinung, Sie sollten ihn persönlich darum bitten, wieder heimzukommen.«

      Patricia nickte, während sie sich ebenfalls erhob. »Sie haben recht, Herr Doktor.«

      *

      Oliver Gerhardt glaubte seinen Augen nicht zu trauen, als Dr. Daniel in Begleitung von Patricia zu seiner Villa zurückkehrte. Und dann standen sich die Eheleute schrecklich verlegen gegenüber. Patricia schämte sich, weil sie nur noch für ihren Kinderwunsch gelebt und ihren Mann darüber fast vergessen hatte, und Oliver kam sich plötzlich furchtbar kindisch vor, weil er seinen Koffer gepackt hatte und ausgezogen war.

      Dr. Daniel spürte die Befangenheit der beiden und zog sich diskret zurück. Was die Eheleute sich zu sagen hatten, ging ihn nichts an. Er hatte getan, was möglich war, aber sie mußten selbst wieder zueinander finden.

      »Oliver, es… es tut mir leid.«

      Nach Minuten des Schweigens hatte sich Patricia endlich dazu durchgerungen, den Anfang zu machen. Zärtlich zog Oliver sie in seine Arme.

      »Ach, Liebes, mir doch auch«, bekannte er. »Ich habe mich schrecklich benommen… wie ein Kind, das schmollt, weil es keine Süßigkeiten bekommen hat.«

      Da schüttelte Patricia den Kopf. »Nein, Oliver, deine Reaktion war schon richtig.« Mit einem schüchternen Lächeln blickte sie zu ihm auf. »Dr. Daniel hat mir ganz gehörig den Kopf gewaschen, und… ich glaube, er hat recht. Ich habe mich ganz entsetzlich benommen. Ich wollte unter allen Umständen ein Baby, und darüber habe ich fast vergessen, daß ich einen Mann habe, der mich liebt und… den ich auch liebe. Aber ich verspreche dir, daß so etwas nicht mehr passiert… das heißt, ich werde mich jedenfalls bemühen.«

      Oliver lächelte. »Das ist schön.« Zärtlich streichelte er durch ihr dichtes, langes Haar. »Ich liebe dich, Patricia.«

      Sie schmiegte sich dicht an ihn. »Ich liebe dich auch, Oliver.«

      In diesem Augenblick schaute Dr. Daniel zur Tür herein.

      »Darf ich stören?« fragte er.

      Oliver drehte sich um. »Natürlich, Doktor. Immerhin sind wir ja in Ihrem Haus, und da wäre es ja noch schöner, wenn Sie nicht hereinkommen dürften, wann Sie wollen.«

      Dr. Daniel lächelte. »Wie ich sehe, sind Sie sich wieder einig.«

      »Wir lieben uns«, bekannte Oliver. »Wir werden also noch mal von vorn beginnen.«

      »Und ich werde versuchen, nicht ständig an eine Schwangerschaft zu denken«, fügte Patricia hinzu.

      »Das ist gut«, meinte Dr. Daniel, dann sah er das junge Ehepaar ernst an. »Beherzigen Sie bitte meinen Rat, und fahren Sie zusammen in Urlaub. Sie mögen sich im Augenblick zwar einig sein, aber wenn es einmal zu einem solchen Bruch gekommen ist, dann ist es oftmals nicht ganz einfach wirklich wieder zusammenzufinden und nicht nur so zu tun. Sie sollten sich jetzt ein paar Wochen Zeit nehmen und nur für Ihre Beziehung leben… das Gefühl füreinander wiederfinden. Verstehen Sie, was ich meine?«

      Oliver nickte. »Das werden wir auch tun, Herr Doktor. In den vergangenen zwei Jahren wurde viel zwischen uns zerstört, und daran trägt nicht nur Patricia die Schuld. Ich hätte viel früher sagen müssen, was mich belastet.« Er bedachte seine Frau mit einem liebevollen Blick. »Aber ich bin sicher, daß wir das alles wieder in Ordnung bringen.«

      *

      Nach drei Monaten war Dr. Scheibler mit seiner Kraft und seinen Nerven am Ende. Nachdem er von Professor Thiersch eine so gute Beurteilung bekommen hatte, hatte er sich seinen weiteren Weg doch recht einfach vorgestellt. Sicher, es fiel ihm schwer, die Thiersch-Klinik zu verlassen, aber er hatte nicht eine Sekunde daran gezweifelt, daß er gleich wieder eine Anstellung finden würde.

      Doch mit jeder Bewerbung, die er schrieb, wurde seine Hoffnung, jemals wieder in einer Klinik arbeiten zu können, geringer, denn er bekam eine Absage nach der anderen. Und die Gründe für diese Absagen waren teilweise so fadenscheinig, daß Dr. Scheibler rasch begriff, was geschehen war. Irgendwie mußte es sich herumgesprochen haben, was in der Thiersch-Klinik vorgefallen war.

      In seiner Verzweiflung rief er schließlich bei Rabea Gessner an. Vor einigen Monaten hatte er mit der jungen Medizinstudentin ein Verhältnis gehabt, das jedoch von vorn herein nur auf Zeit bestanden hatte. Sowohl für ihn als auch für

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