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daß er ihr auch weiterhin begegnen würde, bestand sehr konkret. Außerdem bestand jetzt zwischen ihnen noch eine andere Bindung. Es hatte sich zwar um eine

      Eileiterschwangerschaft gehandelt. aber zumindest eine Weile mußte Rabea angenommen haben, daß sie von ihm ein Baby erwartete. Und vielleicht hatte sie sich darauf gefreut.

      Dr. Scheibler merkte, daß sich seine Gedanken immer wieder im Kreis drehten, und er wußte, daß er zu keinem Entschluß kommen könnte, bevor er sich nicht mit Rabea ausgesprochen hatte.

      »Ich komme später wieder zu dir«, versprach er, obwohl sie schlief und ihn nicht hören konnte.

      An der Tür warf er noch einen Blick zurück, dann verließ er die Intensivstation und traf draußen Stefan Daniel.

      Dessen abweisender Blick zeigte Dr. Scheibler nur zu deutlich, daß sich mit Rabeas Eileiterschwangerschaft die Fronten wieder verhärtet hatten. Und obwohl er dem jungen Mann keine Rechenschaft schuldig war, fühlte sich Dr. Scheibler doch irgendwie verpflichtet, sich zu verteidigen.

      »Ich wußte nichts davon«, erklärte er leise.

      »Das ist jetzt gleichgültig«, entgegnete Stefan hart. »Außerdem… hätte sich etwas geändert, wenn Sie es gewußt hätten?«

      Dr. Scheibler zuckte die Schulten. »Ich weiß es nicht. Über Ehefrau und Kinder habe ich mir noch nie Gedanken gemacht.«

      »Ich habe das Gefühl, daß Sie sich über andere Menschen grundsätzlich keine Gedanken machen«, hielt Stefan ihm vor. »Sie denken immer nur an sich.«

      Dr. Scheibler senkte den Kopf. So ganz unrecht hatte Stefan ja schließlich nicht. Seine Gedanken drehten sich wirklich hauptsächlich um seine Karriere. Und keine seiner flüchtigen Beziehungen zu Mädchen hatte er bisher wirklich ernst genommen.

      »Darf ich Rabea besuchen?« fragte Stefan und riß Dr. Scheibler damit aus seinen Gedanken.

      »Sie schläft jetzt«, antwortete der. »Aber wenn Sie wollen, können Sie für ein paar Minuten zu ihr gehen.«

      Stefan folgte dem jungen Arzt in die Intensivstation, dann stand er plötzlich vor dem Bett, in dem Rabea schlief. Die piepsenden und blinkenden Apparate nahm er gar nicht wahr. Er sah nur das Mädchen, das er so sehr liebte, und wieder konnte er sich nicht gegen den Gedanken wehren, daß Dr. Scheibler an dem Zustand, in dem sie sich jetzt befand, schuld war.

      Mit einem Ruck drehte er sich zu dem jungen Arzt um.

      »Ich werde dafür sorgen, daß Rabea kein zweites Mal auf Ihren

      Charme hereinfällt«, erklärte er, und es klang wie ein Schwur. »Sie ist viel zu schade für einen Kerl wie Sie. Und ich warne Sie: Tun Sie Rabea nicht noch einmal weh, sonst gnade Ihnen Gott.«

      *

      Es dauerte fast zwei Tage, bis sich Rabea so weit erholt hatte, daß sie längere Zeit wach bleiben konnte.

      »Rabea, es… es tut mir alles furchtbar leid«, erklärte Dr. Scheibler mit gesenktem Kopf. Er hatte sich ein wenig vor diesem Gespräch gefürchtet, vor allem, weil er einen Entschluß gefaßt hatte, der sein weiteres Leben nicht unmaßgeblich beeinflussen würde.

      Mit Mühe richtete sich Rabea etwas auf. Prüfend sah sie Dr. Scheibler an.

      »Heißt das… es war doch eine Fehlgeburt?« fragte sie leise und noch ein wenig stockend.

      Dr. Scheibler atmete tief durch. »Nein, Rabea, es war keine Fehlgeburt. Es war eigentlich nicht einmal eine richtige Schwangerschaft. Es handelte sich um eine Eileiterschwangerschaft, und… sie war soweit fortgeschritten, daß Professor Thiersch gezwungen war, den einen Eileiter zu entfernen.«

      Rabea senkte den Kopf. »Das bedeutet also, daß ich kein Baby mehr bekommen kann, oder?«

      »Das ist doch Unsinn«, widersprach Dr. Scheibler sofort, obwohl er wußte, daß die Chancen einer Schwangerschaft für Rabea in Zukunft recht gering waren.

      Rabea zwang sich zu einem Lächeln. »Du mußt mich nicht belügen, Gerrit. Ich studiere schließlich Medizin und weiß, was eine solche Operation bedeutet. Die Chance, mit nur einem Eileiter schwanger zu werden, ist sehr gering.«

      Darauf konnte Dr. Scheibler nichts mehr sagen. Eine Weile

      herrschte Schweigen zwischen ihnen, dann fragte Rabea: »War es eine schwierige Operation?«

      Dr. Scheibler nickte. »Professor Thiersch hatte Mühe, die Blutung zu stillen.« Er senkte den Kopf und rieb sich die Augen, als wäre er müde, dabei wollte er nur die aufsteigenden Tränen zurückhalten. Allein schon die Erinnerung an die Operation und die Angst, die er um Rabea ausgestanden hatte, trieben ihm das Wasser in die Augen. Und dann spürte er plötzlich eine zarte streichelnde Hand auf seinem Haar.

      »Gerrit, du weinst ja.« Rabeas Stimme war sehr leise geworden.

      »Unsinn«, entgegnete er rasch, doch dann beugte er sich vor und legte seinen Kopf an Rabeas Schulter.

      »Ich… ich hatte so entsetzliche Angst um dich«, gestand er. »Und ich fühlte mich schuldig. Ich habe dich verlassen, als du mich am dringendsten gebraucht hättest, und… und dann lagst du da vor mir, und ich dachte… ich dachte, du würdest sterben…«

      Sehr sanft streichelte Rabea sein Gesicht und sein dichtes dunkles Haar. Da hob er den Kopf und sah ihr in die Augen.

      »Rabea, bitte, verzeih mir«, bat er leise. »Ich… « Er stockte. Plötzlich bekam er Angst vor seiner eigenen Courage. Er war im Begriff, alles aufzugeben, wofür er bis jetzt so hart gearbeitet hatte.

      Doch dann atmete er tief durch. »Willst du mich heiraten, Rabea?«

      Sie war wie vor den Kopf gestoßen. Mit allem hatte sie gerechnet, aber nicht mit einem Heiratsantrag von Gerrit.

      »Gerrit, du willst wirklich…« Und plötzlich erkannte sie die Angst in seinen Augen. In diesem Moment wußte sie, was ihn zu dieser Frage bewogen hatte.

      »Du liebst mich doch gar nicht mehr«, meinte sie. »Und du fragst mich nur, ob ich dich heiraten will, weil du ein schlechtes Gewissen hast.«

      »Das ist nicht wahr«, widersprach Dr. Scheibler heftig, doch es klang nicht sehr glaubhaft.

      »Doch, Gerrit, natürlich ist es wahr«, fuhr Rabea unbeirrt fort. »Aber ich kann dich beruhigen. Du mußt kein schlechtes Gewissen haben. Schau mal, ich wollte dieses Baby nicht, und als zum ersten Mal die Schmerzen in meinem Unterleib auftraten, da hoffte ich, es würde eine Fehlgeburt.«

      Dr. Scheibler glaubte nicht recht zu hören. »Aber… als ich Schluß gemacht habe… ich habe dir angesehen, daß du mich noch liebtest.«

      Rabea nickte. »Damals liebte ich dich auch noch. Aber nach ein paar Wochen… ich hatte mein Studium und sollte mich fürs Staatsexamen vorbereiten. Und dann kam diese Schwangerschaft. Ich wußte nicht, was ich tun sollte. Und jetzt… ich will ehrlich sein, Gerrit, jetzt bin ich fast erleichtert. Ich weiß nämlich, daß du nicht meine große Liebe bist, für die ich alles aufgeben würde.«

      In diesem Augenblick fiel Dr. Scheibler ein Stein vom Herzen, und Rabea sah ihm die Erleichterung nur zu deutlich an.

      »Aber ich finde es sehr anständig von dir, daß du mich geheiratet hättest, obwohl eine Ehe deine Karriere wahrscheinlich etwas behindert hätte«, fügte sie deshalb hinzu.

      »Der Gedanke, daß du mich liebst und meinetwegen unglücklich bist, hätte mich niemals zur Ruhe kommen lassen«, gestand Dr. Scheibler. »Allerdings will ich offen zugeben, daß ich über diese Lösung jetzt sehr viel glücklicher bin.«

      Rabea lächelte. »Ich auch, Gerrit. Ich werde mein Studium beenden und meinen Facharzt machen, und in zehn oder fünfzehn Jahren werde ich einen Mann heiraten, den ich wirklich liebe.«

      *

      An dem Tag, an dem Rabea von der Intensivstation auf die normale Station verlegt wurde, bekam sie auch von Dr. Daniel Besuch.

      »Nun,

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